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Geschichte des Westens

Geschichte des Westens

Titel: Geschichte des Westens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich August Winkler
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90.194 Tote.
    Im republikanischen Spanien fielen nach neueren Schätzungen zwischen 1936 und 1939 etwa 50.000 Menschen Hinrichtungen und Massakern zum Opfer. Zum linken Terror gehörte die «vorsorgliche» Erschießung von 2000 Gefangenen auf Befehl des Beauftragten für öffentliche Sicherheit der Madrider Verteidigungsjunta und späteren Generalsekretärs der Kommunisten, Santiago Carillo, im November und Dezember 1936 in der Nähe der Hauptstadt. Einen großen Anteil an den Opfern republikanischer Gewaltexzesse hatte der katholische Klerus: 13 Bischöfe und über 6800 Geistliche, Mönche, Nonnen und Novizen wurden umgebracht, die meisten von ihnen in den ersten sechs Wochen des Bürgerkriegs und überdurchschnittlich viele in Katalonien, einer Hochburg des Anarchismus und Anarchosyndikalismus, in der der Haß auf die katholische Kirche besonders tiefe Wurzeln geschlagen hatte.
    In den vom Großgrundbesitz geprägten Gebieten Spaniens, obenan in Andalusien, war der militante Antiklerikalismus Teil einer radikalen Agrarrevolution: Tagelöhner und Landarbeiter hielten nach dem Militärputsch und der Volksbewaffnung den Zeitpunkt für gekommen, mit ihren Ausbeutern, den Latifundienbesitzern, und ihren engsten Verbündeten, der Bourgeoisie und der Kirche, abzurechnen. Das geschah auf primitiv gewaltsame Weise: durch das Niederbrennen von Klöstern und Kirchen wie durch die Entführung und Ermordung besonders verhaßter Repräsentanten des alten Regimes. Der amerikanische Schriftsteller Ernest Hemingway, der als Kriegsberichterstatter in Spanien tätig war, hat in seinem Roman «To Whom the Bell Tolls» geschildert, wie in einem kleinen andalusischen Pueblo zuerst allemännlichen Angehörigen des Bürgertums mit Dreschflegeln zusammengetrieben und dann von einem Felsen gestürzt wurden. Das Vorbild dieser Darstellung waren Ereignisse in der Stadt Ronda, wo im ersten Monat des Bürgerkriegs 512 Menschen umgebracht wurden.
    Die CNT und die sozialistische Landarbeitergewerkschaft Federación Nacional de Trabajadores de la Tierra (FNTT) machten sich zum organisatorischen Träger der revolutionären Bewegung von unten. Sie besetzten Lagerhallen und Silos, verteilten die Vorräte an Lebensmitteln und Saatgut an das Landproletariat, enteigneten die meisten Großgrundbesitzer, darunter auch solche, die den Putsch nicht unterstützt hatten, und leiteten damit die Kollektivierung der Landwirtschaft ein. Im Winter 1936/37 gab es im republikanischen Spanien 1500, im August 1938 über 2200 legalisierte landwirtschaftliche Kollektive.
    In Katalonien war die anarchosyndikalistische CNT die treibende Kraft der Kollektivierungsbewegung, ja zeitweilig die eigentliche Machthaberin. Mit der Generalitat, die im Amt verblieb, wußte sie sich einig in Sachen Autonomie Kataloniens; sie überließ der Regionalregierung zunehmend die Lenkung der Wirtschaft. Ende September 1936 trat die CNT sogar offiziell in den Rat der Generalitat ein.
    Auch im Baskenland bildete der Regionalismus den gemeinsamen Nenner höchst unterschiedlicher gesellschaftlicher und politischer Kräfte. Nachdem die Cortes, das Zentralparlament in Madrid, im Oktober 1936 den Basken ein Autonomiestatut gewährt hatten und der Führer des konservativen Partido Nacional Vasco (PNF), José Antonio Aguirre, zum ersten Präsidenten (Lehendakari) des Baskenlandes gewählt worden war, bekannte sich auch der PNF voll und ganz zur Verteidigung der Republik. Die weitgehende Unabhängigkeit, die die Regierung Aguirre durchsetzte, sorgte zwar immer wieder für Konflikte mit der Zentralregierung, trug aber auch wesentlich dazu bei, daß der baskische Klerus sich mehrheitlich der Republik gegenüber loyal verhielt.
    Das politische Zentrum der Nationalisten wurde Burgos, wo sich am 24. Juli 1936 eine Junta der nationalen Verteidigung (Junta de defensa nacional) unter General Miguel Cabanellas etablierte. Am 1. Oktober wurde General Franco, der sich zwei Tage zuvor zum «Generalissimo» und damit zum Oberbefehlshaber aller nationalspanischen Truppen hatte proklamieren lassen, von der Junta in Burgos feierlichzum Staatsoberhaupt ernannt. Auf republikanischer Seite löste am 4. September der sozialistische Partei- und Gewerkschaftsführer Largo Caballero den bisherigen Ministerpräsidenten Giral ab. In das neue Volksfrontkabinett traten neben Liberalen, Republikanern und Sozialisten die Kommunisten und am 4. November, unter dem Eindruck des Vormarsches der Nationalisten auf Madrid, auch

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