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Geschichte des Westens

Geschichte des Westens

Titel: Geschichte des Westens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich August Winkler
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Propaganda, Terror mit Terror und Gewalt mit Gewalt bekämpfen.» Auf dem «Parteitag der Arbeit» im September 1937 nannte er den «jüdischen Weltbolschewismus … einen absoluten Fremdkörper» in der «Gemeinschaft europäischer Kulturnationen» und den «Anspruch einer unzivilisierten jüdisch-bolschewistischeninternationalen Verbrechergilde, von Moskau aus über Deutschland als altes Kulturland Europas zu regieren», eine «Frechheit».
    Jetzt, knappe zwei Jahre später, schloß Hitler nach seinen eigenen Worten vom 28. August 1939 einen Pakt mit dem «Satan», um den «Teufel» auszutreiben. Die Entmachtung Litwinows (und rückblickend auch die Trotzkis und anderer jüdischer Bolschewiki) diente ihm nun als Beleg dafür, daß die Sowjetunion unter Stalin gewillt war, mit dem bisherigen Internationalismus und Interventionismus zu brechen und sich in Richtung auf eine Art nationalen Sozialismus hinzuentwickeln. Vom «jüdischen Bolschewismus» und vom Kampf gegen ihn durfte ab sofort nicht mehr gesprochen werden. Zahllose Agitationsschriften mit der entgegenstehenden alten Botschaft waren über Nacht zu Makulatur geworden; antibolschewistische Propagandafilme wurden aus dem Verkehr gezogen.
    Nach dem deutsch-sowjetischen Nichtangriffspakt wähnte Hitler die Position Deutschlands so stark, daß er ernsthaft mit der Annahme des Angebots rechnete, das er am 25. August dem britischen Botschafter Sir Neville Henderson machte: Das Deutsche Reich werde seine Kraft zur Sicherung des Bestands des Empire einsetzen, wenn England Deutschland nicht an der Lösung des deutsch-polnischen Problems hindere. Anschließend legte er den Kriegsbeginn auf den folgenden Tag, 4 Uhr 30, fest. Noch am 25. August mußte Hitler dann aber zur Kenntnis nehmen, daß Mussolini, der erst am 12. August von dem in Bälde zu erwartenden Angriff auf Polen erfahren hatte, sich infolge des Widerstands von König Viktor Emanuel III., Außenminister Ciano und führender Militärs nicht in der Lage sah, sein Land an der Seite Deutschlands in den Krieg zu führen. Außerdem erfuhr Hitler, daß der Abschluß des nunmehr endgültigen britisch-polnischen Beistandspaktes unmittelbar bevorstand. Damit drohte die Situation einzutreten, an die er immer noch nicht glauben wollte: ein Zweifrontenkrieg wie 1914. Unsicher geworden, nahm Hitler am Abend des 25. August den Vormarschbefehl auf Vorschlag Brauchitschs zurück.
    Die Atempause nutzten Staatssekretär von Weizsäcker und in London Botschaftsrat Theodor Kordt zu hektischen Versuchen, doch noch den Frieden zu retten. Auch Göring bemühte sich, unter Einschaltung eines schwedischen Vermittlers, des Geschäftsmannes Birger Dahlerus, den Krieg im letzten Augenblick zu verhindern. Aber weder Brauchitsch noch der Generalstabschef des Heeres, General Halder, dachtendaran, sich dem Krieg gegen Polen zu widersetzen. Hitler selbst war zum Krieg entschlossen. Er hoffte zwar noch immer, Großbritannien und Frankreich vom Eingreifen abhalten zu können, aber mehr als eine Hoffnung war das nicht.
    Die Vorschläge, die Hitler Großbritannien unterbreitete, konnte London nicht annehmen, ohne seine Verpflichtungen gegenüber Polen zu verletzen; die Vorschläge, die am 29. August in ultimativer Form Warschau zugestellt wurden, waren ohnehin nur als Alibi vor der Geschichte gedacht. Irreal war auch Mussolinis Anregung vom 31. August, die britische Regierung möge der Rückkehr Danzigs ins Deutsche Reich zustimmen, um so den Boden für eine Konferenz der Großmächte zu bereiten. Am gleichen Tag um 12 Uhr 40 gab Hitler den endgültigen Befehl für die Eröffnung des Krieges gegen Polen: Er hatte am 1. September 1939 um 4 Uhr 45 zu beginnen. Um den Anschein einer Begründung zu schaffen, mußte die SS an der deutsch-polnischen Grenze für geeignete «Zwischenfälle» sorgen. Einer davon war der fingierte Überfall auf den Sender Gleiwitz durch SS-Männer, die polnische Uniformen trugen, am späten Abend des 31. August.
    Hitler stand nicht unter irgendwelchen ökonomischen Zwängen, als er am 1. September den Zweiten Weltkrieg entfesselte. Seine Kriegswirtschaftspolitik hätte Deutschland zwar ohne Eroberung fremden Territoriums nicht mehr lange fortsetzen können, der Anschluß Österreichs, die Angliederung des Sudetenlandes und die Errichtung des Protektorats Böhmen und Mähren aber hatten bereits eine gewisse wirtschaftliche Entlastung gebracht. Der Krieg sollte nach Hitlers festem Willen zum

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