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Geschichte des Westens

Geschichte des Westens

Titel: Geschichte des Westens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich August Winkler
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und das nicht nur, um einem deutschen Zugriff zuvorzukommen und das Reich durch Sperrung der Erzzufuhr aus Nordschweden nachhaltig zu schwächen, sondern um Norwegen, ja möglichst ganz Skandinavien in die britische Interessensphäre einzubeziehen. Die Verletzung des Völkerrechts schien Churchill um eines höheren Gutes willen gerechtfertigt: der Sicherheit der Freiheit der freien Völker, an ihrer Spitze des britischen. Der sowjetische Angriff auf Finnland Ende November 1939 bestärkte die Admiralität und den Marineminister in ihrer Überzeugung von der strategischen Bedeutung Skandinaviens. Zur Forderung nach der Verminung der norwegischen Küstengewässer trat nun verstärkt die nach der Besetzung von Bergen und vor allem von Narvik, wo schwedisches Erz auf deutsche Schiffe geladen wurde.
    Seinen Regierungschef Neville Chamberlain hatte Churchill von der strategischen Notwendigkeit eines offensiven Vorgehens in der nördlichen Nordsee und im Europäischen Nordmeer überzeugt, als der neue französische Ministerpräsident Paul Reynaud am 28. März 1940 zum vierten Treffen des interalliierten Großen Kriegsrates nach London kam. Bei dieser Zusammenkunft verpflichteten sich beide Staaten, keinen Separatfrieden abzuschließen und nach dem Krieg weiter zur Sicherung des Friedens zusammenzuarbeiten. Das Hauptthema aber bildete die schwedische Erzzufuhr nach Deutschland. Auf Betreiben Reynauds wurde Schweden aufgefordert, diese Lieferungen einzustellen. Außerdem einigten sich die Verbündeten darauf, die norwegischen Küstengewässer zu verminen und ein Expeditionsheer nachSkandinavien zu schicken, das erst Narvik sowie Trondheim, Bergen und Stavanger, dann das schwedische Eisenerzgebiet mitsamt der Hafenstadt Luleå am Bottnischen Meerbusen besetzen sollte. Die Einzelheiten wurden bei einem Besuch Churchills in Paris am 5. April festgelegt.
    Am frühen Morgen des 8. April, noch bevor die Regierung in Oslo informiert wurde, erfolgte die Verminung der norwegischen Küstengewässer. Am 10. April sollte ein britisch-französisches Expeditionskorps Narvik besetzen und bis zur schwedischen Grenze vorstoßen. Doch ehe der Plan in die Tat umgesetzt werden konnte, handelte Deutschland. Am 9. April besetzte die Wehrmacht Dänemark, das sich nach kurzem Widerstand in die vollendeten Tatsachen schickte, und begann mit der Besetzung Norwegens. Entsprechende Überlegungen hatte der Oberbefehlshaber der Kriegsmarine, Admiral Raeder, schon im Oktober 1939 angestellt. Am 14. Dezember empfing Hitler auf Wunsch Raeders Vidkun Quisling, den ehemaligen Kriegsminister und Führer der rechtsradikalen Partei Norwegens, des Nasjonal Samling, der ihn auf die Gefährdung der norwegischen Neutralität durch Großbritannien hinwies. Noch am gleichen Tag erging Hitlers Befehl zur Ausarbeitung einer Studie über eine Militäraktion in Skandinavien. Im Januar 1940 wurde daraus das Unternehmen «Weserübung». Am 2. April legte Hitler den genauen Zeitplan fest.
    In Norwegen stieß die Okkupation auf sehr viel größeren Widerstand als in Dänemark. Die deutschen Truppen konnten am 9. April zwar die wichtigsten Hafenstädte des Landes besetzen, der Kreuzer «Blücher» aber, der den Besatzungsstab mitsamt den Beamten der Gestapo an Land bringen sollte, wurde vom norwegischen Militär im Oslofjord versenkt, was es der Königsfamilie, der Regierung und zahlreichen Beamten und Abgeordneten ermöglichte, die Hauptstadt zu verlassen, sich nach Elverum zu begeben und die Goldvorräte der Staatsbank in Sicherheit zu bringen. Eine deutsche Kapitulationsforderung lehnte König Haakon VII., gestützt auf das Votum der Regierung des sozialdemokratischen Ministerpräsidenten Johan Nygaardsvold, am 9. April mit einem einzigen Wort, «Nei», ab. Das Nein galt auch dem deutschen Ansinnen, eine von Quisling gebildete «Regierung» als legitim anzuerkennen. Die Regierung Nygaardsvold erhielt am gleichen Tag vom Storting außerordentliche Vollmachten zur Fortsetzung des Kampfes.
    Die britisch-französisch-exilpolnischen Verbände, die zwischen dem 14. und 18. April an der norwegischen Küste landeten, mußten sich an den meisten Orten angesichts des deutschen Vormarsches wieder einschiffen. Nur bei Narvik kam es zu einer heftigen Schlacht. Am 28. Mai fiel die Stadt in die Hände der Alliierten; am 8. Juni mußten sie sie wieder räumen und ihre letzten Einheiten aus Norwegen abziehen. Tags zuvor hatten König und Regierung sich von Tromsö aus ins

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