Geschichte des Westens
Ende des Jahres Verteidigungsabkommen mit allen lateinamerikanischen Republiken außer Argentinien zu schließen.
Im September 1940 ging Roosevelt, unterstützt durch eine großangelegte, vom Weltkriegshelden General Pershing gesteuerte Kampagne des Komitees zur Verteidigung Amerikas, einen entscheidenden Schritt über seine bisherigen Hilfszusagen an Großbritannien hinaus: Unter Umgehung der «cash-and-carry»-Klausel überließ er dem Vereinigten Königreich auf Churchills dringliche Bitte 50 ältere Zerstörer, meist aus dem Ersten Weltkrieg, und ließ eine größere Zahl von Flugzeugen an die Fabriken zurückgehen, damit die Briten sie dort kaufen konnten. Die Gegenleistung Londons bestand darin, daß die USA die Erlaubnis erhielten, künftig militärische Stützpunkte auf Neufundland, den Bermuda-Inseln und auf britischen Inseln in der Karibik zu errichten. Der «Deal» war ein früher Ausdruck dessen, was als «special relationship» zwischen den Vereinigten Staaten und Großbritannien in die Geschichte einging. Für die Briten kaum minder wichtig als Schiffe und Flugzeuge war ein Gesetz, das am 16. September in Kraft trat: Der Selective Service Act ordnete die Registrierung aller Männer im Alter von 21 bis 35 Jahren an und ermöglichte damit, erstmals in der amerikanischen Geschichte, die Einberufung von Rekruten in Friedenszeiten.
Im November 1940 standen Präsidentenwahlen an. Bis in den Sommer hinein war unsicher, ob Franklin Delano Roosevelt sich nochmals als Kandidat der Demokraten aufstellen lassen würde. Eine dritte Amtsperiode war durch die Verfassung zwar nicht ausgeschlossen, es war aber ein ungeschriebenes Gesetz, daß ein Amtsinhaber, der einmal wiedergewählt worden war, nicht nochmals antrat. Roosevelts persönliche Entscheidung, im Hinblick auf die bis zum äußersten angespannte Weltlage als erster Präsident mit der Tradition zu brechen und sich erneut um das höchste Amt zu bewerben, fiel wohl Ende Mai 1940. Doch erst unmittelbar vor der demokratischen Convention inChicago im Juli gab «FDR» zu verstehen, daß er sich einem Ruf der Delegierten nicht verweigern würde. Die Nominierung erfolgte dann, wie zu erwarten, mit überwältigender Mehrheit. Auch seinen Kandidaten für das Amt des Vizepräsidenten, Landwirtschaftsminister Henry Wallace, einen erklärten Internationalisten, konnte Roosevelt durchsetzen. Bei den Republikanern ging ein «dark horse», der weithin unbekannte New Yorker Industriemanager und ehemalige Demokrat Wendell Willkie, aus den Nominierungskämpfen als Sieger hervor: ein liberaler Internationalist («One World» war einer seiner Slogans), der dank glänzender Rhetorik und maßvoller Positionen die Unterstützung großer angesehener Zeitungen wie der «New York Times» und des «Cleveland Plain Dealer» genoß und gute Aussichten hatte, auch Wähler der Mitte für sich zu gewinnen.
Im Wahlkampf beteuerten beide Kandidaten, daß sie Amerika aus einem Krieg heraushalten würden. Willkie ging zuletzt so weit, Roosevelts Friedenswillen in Frage zu stellen, worauf der Präsident den amerikanischen Vätern und Müttern versprach, ihre Söhne würden nicht in irgendwelche fremden Kriege geschickt werden, ja am 2. November, drei Tage vor der Wahl, versicherte: «Ihr Präsident sagt, daß dieses Land nicht in den Krieg ziehen wird.» Was Roosevelt gegenüber seinem Herausforderer half, war nicht nur seine politische Erfahrung, sondern auch der unverkennbare wirtschaftliche Aufschwung, der in erster Linie der forcierten Aufrüstung und den kriegsbedingten Exporten an Großbritannien zu verdanken war. Was der «New Deal» bis 1938 nicht zuwege gebracht hatte, bewirkte der Krieg, schon bevor die USA offiziell in ihn eintraten: Eine neue Hochkonjunktur zeichnete sich ab.
Roosevelt gewann die Wahl zwar nicht so überlegen wie 1932 und 1936, aber doch mit deutlichem Abstand vor Willkie: 27 gegenüber 22 Millionen Stimmen. Im Gremium der Wahlmänner und Wahlfrauen entfielen 449 Stimmen auf den Amtsinhaber und 82 auf den republikanischen Bewerber. Am besten schnitt der Präsident bei Wählern aus der Arbeiterschaft und der unteren Mittelschicht ab, außerdem bei Wählern jüdischer und polnischer Herkunft sowie bei Amerikanern schwarzer Hautfarbe. Vom Wahlausgang enttäuscht waren vor allem die Isolationisten: Sie hatten nur die Wahl zwischen zwei Internationalisten gehabt. Am 19. Januar 1941 äußerte einer der einflußreichsten Sprecher des isolationistischen Amerika,
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