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Geschichte des Westens

Geschichte des Westens

Titel: Geschichte des Westens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich August Winkler
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Kranken, der Invaliden der Arbeit und des Krieges, der Altersschwachen Tür und Tor öffnet!»
    Galen verdankte es seinem persönlichen Ansehen und der großen Erregung, die seine öffentlichen Proteste gegen die «Euthanasieaktion» auslösten, daß das Regime ihn nicht sofort verhaften und in ein Konzentrationslager einliefern ließ. Hitlers Erlaß mit dem offiziellen Datum des 1. September 1939 hatte bis Sommer 1941 über 70.000 Menschenleben gefordert. Die Mittel der Tötung waren zunächst Injektionen, dann, seit Januar 1940, Vergasungen mit Hilfe von Kohlenmonoxid. Am 24. August 1941 wurde die Aktion unterbrochen; die Unruhe in der Bevölkerung hatte ein Ausmaß erreicht, das Hitler für politisch gefährlich hielt. Die Unterbrechung bedeutete aber nicht den Abbruch der «Vernichtung lebensunwerten Lebens». Hitlers Weisung galt nur für die inzwischen bekannten Mordzentren im «Altreich» in Grafeneck in Württemberg, Hadamar bei Limburg und Brandenburg an der Havel. In dezentralisierter Form und mit anderen Mitteln, darunter bewußtem Verhungernlassen (wie es schon im Ersten Weltkrieg praktiziert worden war), massenhaften Erschießungen durch die SS im neuen Reichsgau Danzig-Westpreußen und der Tötung durch Dynamit, gingen die Morde weiter.
Eine
Gruppe von Patienten wurde ausnahmslos, ohne die sonst übliche Prüfung des Einzelfalls, getötet: jüdische Geisteskranke.
    Den Krieg im Osten führte Deutschland währenddessen nicht mehr allein, sondern mit der Unterstützung anderer europäischer Staaten. Noch am 22. Juni schlossen sich Rumänien und Italien dem Krieg an (jenes mit dem Hauptteil seiner Streitkräfte, dieses nur mit einem Expeditionskorps), am 23. Juni die Slowakei. Finnland legte, als es am 25. Juni den gleichen Schritt tat, Wert darauf, daß es sich nicht als Bundesgenosse, sondern als «Mitkriegführender» an die Seite des Deutschen Reiches stellte. Aus finnischer Sicht war es lediglich ein «Fortsetzungskrieg» in eigener Sache, in den das Land eintrat – ein Kampf um die Rückeroberung der Gebiete, die Finnland nach dem Winterkrieg im Moskauer Frieden vom 12. März 1940 an die Sowjetunion hatte abtreten müssen. Einen Tag nach Finnland, am 27. Juni, erklärte Ungarn der Sowjetunion den Krieg. Zur Begründung führte Budapest angebliche sowjetische Luftangriffe an. Drei ungarischeDivisionen beteiligten sich an der Besetzung der Ukraine, doch blieb das militärische Engagement Ungarns bis zum Frühjahr 1942 eher symbolisch.
    Schon bevor der Krieg gegen die Sowjetunion tatsächlich begann, hatte sich die deutsche Führung darauf festgelegt, daß die Wehrmacht vom dritten Kriegsjahr, also von 1942, ab ihren Ernährungsbedarf in Rußland befriedigen sollte. Dabei wurden dem Protokoll einer Staatssekretärsbesprechung vom 2. Mai 1941 zufolge bis zu 40 Millionen Hungertote auf dem Territorium der Sowjetunion in Kauf genommen. Die zusammenfassenden Direktiven für die Germanisierung des neuen Lebensraumes im Osten brachte der «Generalplan Ost», dessen erste Fassung Himmler am 15. Juli 1941 vorlegte. Der unter Beteiligung von Agrarwissenschaftlern der Berliner Friedrich-Wilhelms-Universität erstellte Plan sah vor, daß innerhalb von dreißig Jahren Ostpolen, das Baltikum, Weißrußland und Teile der Ukraine von Deutschen zu besiedeln waren, was voraussetzte, daß 31 Millionen einheimische Bewohner nach Westsibirien ausgesiedelt wurden, während 14 Millionen «Gutrassige» an ihren Wohnsitzen verbleiben konnten. In das gigantische Vertreibungsprojekt einbezogen waren neben Russen, Weißrussen und Ukrainern auch Polen und Tschechen. Bei den Polen lag die Vertreibungsquote mit 80 bis 85 Prozent am höchsten, gefolgt von den Weißrussen («Weißruthenen») mit 75 und den Ukrainern mit 65 Prozent.
    Tags darauf, am 16. Juli 1941, erläuterte Hitler in Gegenwart unter anderem von Hermann Göring und Alfred Rosenberg, dem am folgenden Tag ernannten Reichsminister für die besetzten Gebiete, seine Pläne der künftigen Besatzungspolitik im Osten. Der europäische Teil der Sowjetunion sollte in vier Reichskommissariate, nämlich Ukraine, Ostland mit dem Baltikum und Weißrußland, Moskowien und Kaukasien, aufgeteilt werden. Diesen «riesenhaften Kuchen» galt es «handgerecht zu zerlegen, damit wir ihn erstens beherrschen, zweitens verwalten und drittens ausbeuten können». Daß diese Regelung auf Dauer angelegt war, galt es der übrigen Welt gegenüber zu verschleiern. «Alle

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