Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Geschichte des Westens

Geschichte des Westens

Titel: Geschichte des Westens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich August Winkler
Vom Netzwerk:
gefährlich und nicht vor der deutschen und der Weltöffentlichkeit geheimzuhalten. Es bedurfte also immer noch jenes «Gesamtentwurfs zur Durchführung der angestrebten Endlösung der Judenfrage», den Göring als der von Hitler eingesetzte Koordinator aller nicht rein militärischen Aktivitäten des Ostfeldzuges am 31. Juli 1941 bei Heydrich anforderte.
    Juden unterteilte Hitler bis in den Herbst 1941 hinein, was seine zeitlichen Vorstellungen von einer endgültigen Lösung der «Judenfrage» anging, noch bewußt in Ost- und Westjuden. Am 30. Januar 1941 hatte er im Reichstag an seinen «Hinweis» vom 30. Januar 1939 (den er tatsächlich auf den 1. September 1939, den Tag des Kriegsausbruchs, datierte) erinnert, «daß, wenn die andere Welt von dem Judentum in einen allgemeinen Krieg gestürzt würde, das gesamte Judentum in Europa seine Rolle ausgespielt haben wird». Hitler betrachtete die deutschen und westeuropäischen Juden offenbar als Geiseln, auf die die Vereinigten Staaten Rücksicht nehmen mußten. Amerika war aus seiner Sicht inzwischen
die
Schutzmacht und
der
politische Arm des internationalen Finanzjudentums. Stellten sich die USA voll und ganz auf die Seite der Feinde Deutschlands, obenan der Sowjetunion, dann war die «jüdisch-kapitalistisch-bolschewistische Weltverschwörung» Wirklichkeit geworden, von der er in seinem Neujahrsaufruf vom 1. Januar 1942 sprach. Dann brauchte er, Hitler, auf die Juden im Reich und in Westeuropa keinerlei Rücksicht mehr zu nehmen – und hatte er den Krieg erst einmal gewonnen, dann erst recht nicht. Wie immer es kam, längerfristig hatten die Juden im deutschen Einflußbereich keine Überlebenschance.
    Am 14. August 1941 trat das Ereignis ein, das Hitlers strategische und politische Gesamtplanung ins Wanken brachte: die Verkündung der Atlantikcharta durch Roosevelt und Churchill. Hitler konnte nunnicht mehr damit rechnen, daß Großbritannien nach einem deutschen Sieg im Osten einlenken und sich mit ihm arrangieren werde.
Eine
Folgerung des «Führers» war die Abkehr von der Strategie des «Blitzkrieges», in deren Logik die möglichst rasche Einnahme Moskaus gelegen hätte. An die Stelle dieses Konzepts setzte er die Eroberung materieller Ressourcen im Süden der Sowjetunion mit dem Ziel, dem Reich die Mittel für einen längeren Krieg zu verschaffen.
    Die
andere
Folge betraf die Juden. In Erwartung eines unmittelbar bevorstehenden Kriegseintritts der USA und einer alliierten Invasion an der Atlantikküste begann Hitler sich nun auf die Vernichtung
aller
europäischen Juden noch
während
des Krieges einzustellen. Die Ausrottung der europäischen Juden als Antwort auf die Ausweitung des europäischen Krieges zum Weltkrieg: Hitler handelte nach den Kategorien, in denen er dachte.
    Am 18. August 1941 stimmte der «Führer» seinem Propagandaminister in der Absicht zu, es allen Juden im Reich zur Pflicht zu machen, «ein großes sichtbares Judenabzeichen» zu tragen – den schon erwähnten gelben Judenstern, der am 1. September 1941 auf dem Verordnungsweg eingeführt wurde. In der gleichen Unterredung mit Goebbels äußerte sich Hitler zum «Judenproblem» im allgemeinen. Er tat es auf eine Weise, die deutlich machte, daß er nunmehr daran dachte, die «Judenfrage» noch während des Krieges im europäischen Maßstab durch physische Liquidation zu lösen. «Der Führer ist der Überzeugung, daß seine damalige Prophezeiung im Reichstag, daß, wenn es dem Judentum gelänge, noch einmal einen Weltkrieg zu provozieren, er mit der Vernichtung der Juden enden würde, sich bestätigt. Sie bewahrheitet sich in diesen Wochen und Monaten mit einer fast unheimlich anmutenden Sicherheit. Im Osten müssen die Juden die Zeche bezahlen; in Deutschland haben sie sie zum Teil schon bezahlt und werden sie in Zukunft noch mehr bezahlen müssen. Ihre letzte Zuflucht bleibt Nordamerika; und dort werden sie über kurz oder lang auch einmal bezahlen müssen.»
    In der Wochenzeitung «Das Reich» ließ der Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda die deutsche Öffentlichkeit am 16. November 1941 wissen, daß es Hitler mit seiner Prophezeiung vom 30. Januar 1939 tödlicher Ernst gewesen sei. «Wie erleben eben den Vollzug dieser Prophezeiung, und es erfüllt sich damit am Judentum ein Schicksal, das zwar hart, aber mehr als verdient ist. Mitleid odergar Bedauern ist gänzlich unangebracht. Das Weltjudentum hat in der Anzettelung dieses Krieges die ihm zur

Weitere Kostenlose Bücher