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Geschichte des Westens

Geschichte des Westens

Titel: Geschichte des Westens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich August Winkler
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der Völkerbundsrat, jederzeit tagen können, Frankreich ein ständiger Sitz in diesem Gremium angeboten werden, die Großmächte über ein Vetorecht verfügen.Nicht minder wichtig war den USA, daß allen Mitgliedstaaten im Falle eines Angriffs das «naturgegebene Recht» (inherent right) der individuellen und kollektiven Selbstverteidigung zustand, bis der Sicherheitsrat die erforderlichen Maßnahmen getroffen hatte. Keine Einigkeit erzielten die Unterhändler in der Frage der Ausgestaltung des Vetorechts und im Hinblick auf die Forderung der Sowjetunion, in Analogie zum Status der Dominions des britischen Commonwealth allen ihren 16 Teilrepubliken Sitz und Stimme in der Vollversammlung einzuräumen. Beide Streitfragen wurden vertagt, so daß sie in Jalta erneut auf die Tagesordnung kamen.
    Auf der Krimkonferenz verständigten sich Roosevelt, Stalin und Churchill darauf, außer der Sowjetunion noch zwei ihrer Teilrepubliken, die Ukrainische und die Weißrussische Sozialistische Sowjetrepublik, in die Vereinten Nationen aufzunehmen. Das Vetorecht wurde in der absoluten Form akzeptiert, auf der Stalin bestanden hatte: Eine Großmacht sollte auch dann von diesem Recht Gebrauch machen können, wenn sie selbst in einen Streitfall verwickelt war. Mitglieder der UNO sollten alle Staaten werden können, die sich im Krieg mit Deutschland befanden oder dem gemeinsamen Feind bis zum 1. März 1945 den Krieg erklärten. Von der zweiten Möglichkeit machte neben einigen lateinamerikanischen Republiken sowie Ägypten, Syrien, Libanon und Saudi-Arabien auch ein Land Gebrauch, das im Zweiten Weltkrieg neutral geblieben war und erst unter massivem Druck der Alliierten am 2. August 1944 die diplomatischen Beziehungen zu Deutschland abgebrochen hatte: Am 1. März 1945, dem letztmöglichen Zeitpunkt, erklärte die Türkei dem Deutschen Reich den Krieg.
    Knapp acht Wochen später, am 24. April, begann auf Einladung der nunmehr fünf Großmächte, der USA, der Sowjetunion, Großbritanniens, Chinas und Frankreichs, die Gründungskonferenz der Vereinten Nationen in San Francisco. Am 26. Juni unterzeichneten die Vertreter von 51 Nationen auf ihrer ersten Vollversammlung, ebenfalls in San Francisco, die Charta der UNO. Am gleichen Tag wurde das Statut des Internationalen Gerichtshofes verabschiedet. Nachdem die fünf Großmächte und die Mehrheit der übrigen Unterzeichnerstaaten die Ratifikationsurkunden bei der amerikanischen Regierung hinterlegt hatten, konnte die Charta am 24. Oktober 1945 in Kraft treten. Unter den Zielen der Vereinten Nationen nannte sie obenan die Wahrungdes Weltfriedens und der internationalen Sicherheit mittels wirksamer Kollektivmaßnahmen, die Entwicklung freundschaftlicher und auf dem Grundsatz der Gleichheit und der Selbstbestimmung der Völker beruhenden Beziehungen zwischen den Nationen und eine internationale Zusammenarbeit, um internationale Probleme wirtschaftlicher, sozialer, kultureller und humanitärer Art zu lösen und die Achtung vor den Menschenrechten und Grundfreiheiten für alle ohne Unterschied der Rasse, des Geschlechts, der Sprache und der Religion zu fördern und zu festigen.
    Die Dominanz der Großmächte mochte bei den übrigen Mitgliedern der Vereinten Nationen das Gefühl hervorrufen, Staaten zweiter Klasse zu sein. Doch für die Handlungsfähigkeit der neuen Weltorganisation war die Privilegierung der Großen unabdingbar. Nur wenn
sie
hinter einer Entscheidung des Sicherheitsrates standen, konnte sie auch umgesetzt werden. Sehr viel mehr Grund zur Klage als die Staaten, die nicht zu den Großmächten rechneten, hatten die Kolonien. Die Mandatsgebiete des Völkerbundes kamen 1945 unter die Aufsicht des Treuhandrates der UN, blieben also in der Vollversammlung ohne Sitz und Stimme. Für die weitere Zukunft konnten sie auf die Unterstützung der beiden verbliebenen Weltmächte, der USA und der Sowjetunion, hoffen, die ihrem Selbstverständnis nach antikolonialistisch waren. Unmittelbar nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges aber konnten weder Washington noch Moskau daran denken, eine neue Weltordnung ohne und gegen ihren wichtigsten Verbündeten aufzubauen: Großbritannien. Dieses legte seinerseits großen Wert darauf, nicht die einzige Kolonialmacht unter den Großmächten zu sein, und betrieb auch deshalb zielgerichtet die Rückkehr Frankreichs in den Kreis der Großmächte.
    Die Vereinten Nationen waren eines von zwei Projekten, mit denen die Vereinigten Staaten der zweiten

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