Geschichte des Westens
Hauptkriegsverbrecher, die vom Internationalen Militärgerichtshof in Nürnberg am 30. September und 1. Oktober 1946 zum Tod durch den Strang verurteilt wurden. Am Abend des 15. Oktober aber, dem Tag vor der geplanten Hinrichtung, tat Göring dasselbe wie Himmler: Er beging durch Einnahme von Gift Selbstmord.[ 25 ]
Die Teilung Europas (II): Umwälzungen und Vertreibungen
Am 13. Mai wandte sich Winston Churchill in einer Rundfunkansprache an seine Landsleute, um den Sieg der Alliierten in Europa zu würdigen und den Soldaten Großbritanniens, des Commonwealth und der amerikanischen Verbündeten dafür zu danken, daß sie die MilitärmachtHitlers und Mussolinis bezwungen hatten. Gegen Ende der Rede erinnerte er aber nicht nur daran, daß Japan noch nicht niedergeworfen war, sondern auch an Gefahren, die den Idealen der westlichen Verbündeten in Europa drohten: «Noch müssen wir dafür sorgen, daß drüben auf dem Kontinent die einfachen und ehrenhaften Ziele, für die wir in den Krieg gezogen sind, in den auf unseren Sieg folgenden Monaten nicht vergessen oder einfach beiseite gewischt werden und daß Worte wie ‹Freiheit› und ‹Befreiung› nicht ihrer wahren Bedeutung, so wie wir sie immer verstanden haben, entkleidet werden. Es hätte wenig Sinn, Hitlers Kumpane für ihre Verbrechen zu bestrafen, sofern nicht Recht und Gerechtigkeit herrschten und wenn an die Stelle der deutschen Eroberer totalitäre Polizeiregime träten.»
In einem Telegramm an Präsident Truman war Churchill tags zuvor noch deutlicher geworden. Er sprach darin erstmals von dem «eisernen Vorhang», der vor der sowjetischen Front niedergegangen sei. «Es ist kaum zu bezweifeln, daß der gesamte Raum östlich der Linie Lübeck-Triest-Korfu schon binnen kurzem völlig in ihrer Hand sein wird. Zu all dem kommen noch die weiten Gebiete, die die amerikanischen Truppen zwischen Eisenach und der Elbe erobert haben, die aber, wie ich annehmen muß, nach der Räumung durch Ihre Truppen in ein paar Wochen gleichfalls der russischen Machtsphäre einverleibt sein werden … Die Aufmerksamkeit unserer Völker aber wird sich mit der Bestrafung Deutschlands, das ohnehin ruiniert und ohnmächtig darniederliegt, beschäftigen, so daß die Russen, falls es ihnen beliebt, innerhalb sehr kurzer Zeit bis an die Küsten der Nordsee und des Atlantik vormarschieren können.» Es sei daher unbedingt lebenswichtig, «zu einer Verständigung mit Rußland zu kommen, beziehungsweise zu sehen, wo wir mit Rußland stehen, und das sofort, ehe wir unsere Armeen bis zur Ohnmacht schwächen und uns auf unsere Besatzungszonen zurückziehen.»
Der britische Premierminister wußte, wovon er sprach: Er beschrieb einen Prozeß, den seine und Roosevelts Zugeständnisse an Stalin im Hinblick auf Südost- und Ostmitteleuropa mit ermöglicht hatten. In Bulgarien war schon am 9. September 1944 durch einen Putsch der neugeschaffenen Vaterländischen Front eine prosowjetische Regierung unter dem früheren Ministerpräsidenten Kimon Georgiew gebildet worden, in der die Kommunisten Schlüsselressorts wie die des Innern und der Justiz innehatten. Im Winter 1944/45 begann eine rigorose Verfolgungfrüherer Regierungsmitglieder. Nach einem Hochverratsprozeß gegen 162 Angeklagte wurden Anfang Februar 1945 96 Todesurteile verhängt. Die Verurteilten, darunter alle Mitglieder des im September 1944 eingesetzten neuen Regierungsrates, der für den im August 1943 im Alter von sechs Jahren auf den Thron gelangten Sohn von Zar Boris III., Simeon II., die Funktionen des Staatsoberhaupts wahrnahm, wurden unmittelbar darauf erschossen. In Rumänien hatte die am 6. März eingesetzte sowjetfreundliche Regierung unter Ministerpräsident Petru Groza unter dem maßgeblichen Einfluß der Kommunisten damit begonnen, den Einfluß der nichtkommunistischen Kräfte mit König Michael an der Spitze zurückzudrängen. Die Posten des Innen- und des Justizministers waren auch in Bukarest mit Kommunisten besetzt worden.
Vorsichtiger verfuhr die Sowjetunion in Ungarn. Hier hatten aus dem Moskauer Exil zurückgekehrte Kommunisten in dem von der Roten Armee eroberten Szeged im Dezember 1944 eine Nationale Unabhängigkeitsfront ins Leben gerufen. Durch Akklamation gewählte Abgeordnete bildeten am 21. Dezember 1944 in Debrecen eine Provisorische Nationalversammlung, die tags darauf den zur Roten Armee übergelaufenen Generaloberst Béla Miklós von Dálnoki zum Ministerpräsidenten wählte. Die
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