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Geschichte des Westens

Geschichte des Westens

Titel: Geschichte des Westens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich August Winkler
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geltende Gesetze verstoßen hatten. Mit den Magyaren verfuhr die ČSR milder als mit den Deutschen, was vor allem am Widerstand der Budapester Regierung gegen Abschiebungen lag. Auf Grund eines Umsiedlungsvertrages vom Februar 1946 wurden 68.000 ethnische Ungarn aus dem slowakischen Landesteil gegen 77.000 in Ungarn lebende Slowaken ausgetauscht. Die Mehrheit der über 500.000 Magyaren verblieb im Lande. Von den über 2,8 Millionen Sudetendeutschen lebten 1950 noch etwa 200.000 in der Tschechoslowakei.
    Nach dem, was die Deutschen den Tschechen im Protektorat Böhmen und Mähren angetan hatten, dürften 1945 nur noch sehr wenige Tschechen ein friedliches Zusammenleben mit den Deutschen auf dem Boden des wiedererstandenen tschechoslowakischen Staates für möglich gehalten oder gar gewünscht haben. Dazu kam, daß die große Mehrheit der Sudetendeutschen durch die Unterstützung der Partei Henleins sich gegen die Tschechoslowakei gestellt und 1938/39 ihrer Zerschlagung zugestimmt hatte. Die Rückendeckung durch die Alliierten gab der Idee der «odsun» eine internationale Legitimation, auch wenn diese mit den Prinzipien der Atlantik-Charta und der Charta der Vereinten Nationen nicht zu vereinbaren war. Die Gewaltexzesse, die die «wilden» Vertreibungen begleiteten, machten aber einmal mehr deutlich, daß die Enthumanisierung von Politik und Kriegführung unter Hitler eine unheilvolle Dynamik in Gang gesetzt hatte: Im Kampf gegen die nationalsozialistische Aggression wandten auch demokratische Gegner Hitlers Mittel an, die zutiefst inhuman waren.
    In Polen übten die Kommunisten bei Kriegsende bereits sehr vielmehr Macht aus als in der Tschechoslowakei. Am 19. Januar 1945 hatte General Leopold Okulicki, obwohl er sich keinen Illusionen darüber hingab, daß die deutsche Fremdherrschaft nun von einer sowjetischen abgelöst werden würde, die von ihm befehligte Heimatarmee, die Armia Krajowa, aufgelöst und die Soldaten von ihrem Eid entbunden. Befolgt wurde Okulickis letzter Befehl – der Aufruf, unter schwierigsten Umständen mit dem Wiederaufbau des Landes zu beginnen – von den meisten Angehörigen der Heimatarmee, aber längst nicht von allen. Über 10.000 gingen in den Untergrund, um dort Widerstand gegen die Sowjetisierung Polens zu leisten.
    Am 1. Februar verlegte die kommunistisch dominierte Provisorische Regierung unter dem Sozialisten Edward Osóbka-Morawski ihren Sitz von Lublin nach Warschau. Trotz zahlloser Verhaftungen und Deportationen von Gegnern der Kommunisten erklärte sich der frühere, im November 1944 zurückgetretene Chef der Londoner Exilregierung, Stanislaw Mikolajczyk, auf Drängen Churchills im Juni bereit, in Moskau mit den polnischen Kommunisten Boleslaw Bierut und Wladislaw Gomulka über die Bildung einer polnischen Einheitsregierung zu verhandeln. Da die Westmächte die Regierung Osóbka- Morawski und die Sowjetunion die Londoner Exilregierung unter Tomasz Arciszewski nicht anerkannten, konnte Polen nicht an der ersten Konferenz der Vereinten Nationen in San Francisco teilnehmen und auch nicht am 26. Juni die Charta der UNO unter zeichnen. Am 28. Juni kam schließlich das «Erweiterte Kabinett der nationalen Einheit» zustande, in dem Mikolajczyk, der ehemalige Generalsekretär der Bauernpartei, den Posten eines stellvertretenden Ministerpräsidenten sowie das Landwirtschaftsministerium und der Sozialist Jan Stanczyk das Arbeits- und Wohlfahrtsministerium übernahmen. Das wichtige Ministerium für Öffentliche Sicherheit blieb in den Händen des Kommunisten Stanislaw Radkiewicz. Der eher symbolischen Umbildung des Kabinetts folgten zwischen dem 29. Juni und dem 5. Juli die Anerkennungen der «Provisorischen Regierung der nationalen Einheit» durch Frankreich, Großbritannien und die USA. Am 15. Oktober unterzeichnete Polen die Charta der Vereinten Nationen und wurde damit in den Kreis ihrer Gründungsmitglieder aufgenommen.
    Die maßgebende unter den Parteien, die kommunistische Polnische Arbeiterpartei, zählte zu dieser Zeit etwa 190.000 Mitglieder; den von ihr abhängigen Parteien, den Sozialisten und der neuen Bauernpartei,gehörten 124.000 beziehungsweise 150.000 Mitglieder an. Die früheren Rechtsparteien, die Nationaldemokraten und die Parteien der Sanacja, die Anhänger Piłsudskis, galten als «faschistisch» und waren vom politischen Leben ausgeschlossen. Die Vormachtstellung der Kommunisten beruhte darauf, daß sie binnen kurzem alle Schlüsselstellungen besetzt

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