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Geschichte des Westens

Geschichte des Westens

Titel: Geschichte des Westens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich August Winkler
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möglichst viele deutsche Truppen, um ihnen die sowjetische Kriegsgefangenschaft zu ersparen, vor den Westmächten kapitulieren zu lassen. Der ersten regionalen Kapitulation in Italien, die am 2. Mai in Kraft trat und von Dönitz nachträglich gebilligt wurde, folgten noch am Abend desselben Tages eine zweite im mecklenburgischen Schloß Ludwigslust und am 3. Mai eine weitere in Stendal westliche der Elbe – beide gegenüber den Amerikanern.
    Am 4. Mai unterzeichnete Admiral von Friedeburg in Dönitz’ Auftrag im Hauptquartier des britischen Oberbefehlshabers Feldmarschall Montgomery in der Lüneburger Heide eine regionale Teilkapitulation aller deutschen Truppen in den Niederlanden, in Nordwestdeutschland und Dänemark und erreichte dafür die mündliche Zusage Montgomerys, deutschen Soldaten, die noch gegen die Rote Armee kämpften, den Übertritt in britische Kriegsgefangenschaft zu ermöglichen. Etwa 1,85 Millionen deutsche Soldaten, viele von ihnen mehr oder weniger individuell und unorganisiert, konnten in der ersten Maiwoche der sowjetischen Kriegsgefangenschaft entgehen, indem sie sich Briten und Amerikanern ergaben. Zwischen dem 2. und 8. Mai erreichten auch Hunderttausende von Flüchtlingen den Teil Deutschlands, in dem sie vor Drangsalierungen und Vergewaltigungen durch Angehörige der Roten Armee sicher waren.
    Zur gleichen Zeit wurde vielerorts, unter anderem im nördlichen Jugoslawien und im Protektorat Böhmen und Mähren, noch gekämpft. Am 5. Mai erhob sich in Prag die tschechische Widerstandsbewegung. Ihr Aufstand wurde von SS-Verbänden und, in der Anfangsphase, von einer Division der Wlassow-Armee bekämpft, die kurz darauf zu den Tschechen überlief. Die amerikanischen Truppen unter General Patton, die inzwischen den westlichen Teil der Tschechoslowakei bis hin zu der (mit der Sowjetunion vereinbarten) Demarkationslinie Karlsbad-Pilsen-Budweis besetzt hatten, griffen nicht in die Kämpfe ein. Erst am 9. Mai rückte die Rote Armee in Prag ein und zog damit einen Schlußstrich unter die deutsche Herrschaft im Protektorat Böhmen und Mähren.
    Vier Tage zuvor hatte Generalfeldmarschall Kesselring in München die Kapitulation der deutschen Truppen in Süddeutschland und im Westen Österreichs vollzogen. Am gleichen Tag, dem 5. Mai, traf Dönitz’ Abgesandter, Admiral von Friedeburg, in Eisenhowers Hauptquartier in Reims ein. Sein Versuch, Zeit zu gewinnen, um den in Jugoslawien und Böhmen kämpfenden Truppen den Weg in die amerikanische Kriegsgefangenschaft zu öffnen, schlug fehl. Der Oberkommandierende der westlichen alliierten Truppen bestand auf der bedingungslosen Kapitulation an allen Fronten, die in der Nacht vom 8. zum 9. Mai in Kraft treten sollte. Dönitz mußte sich fügen. Mit seiner Zustimmung und in seinem Auftrag unterzeichnete Generaloberst Alfred Jodl, der Chef des Wehrmachtsführungsstabes, in den frühen Morgenstunden des 7. Mai in Reims die Kapitulationsurkunde.
    Auf Stalins Drängen hin wurde der Kapitulationsakt am 9. Mai, kurz nach Mitternacht, im sowjetischen Hauptquartier in Berlin-Karlshorst wiederholt, wobei diesmal deutscherseits Vertreter aller drei Waffengattungen, der Chef des Oberkommandos der Wehrmacht, Generalfeldmarschall Wilhelm Keitel, für das Heer, Großadmiral Hans Georg von Friedeburg für die Kriegsmarine und Generaloberst Hans-Jürgen Stumpff für die Luftwaffe, unterzeichneten. Der Waffenstillstand war kurz zuvor, um 0.01 Uhr, in Kraft getreten. In Europa war damit der Zweite Weltkrieg beendet.
    Die Reichsregierung unter Großadmiral Dönitz in Flensburg überdauerte die Kapitulation noch um zwei Wochen. Am 23. Mai ließ General Eisenhower auf sowjetisches und französisches Drängen ihr von den Briten toleriertes Schattendasein durch die Verhaftung sämtlicher Mitglieder der Regierung beenden. Das Deutsche Reich von 1871 hörte damit endgültig zu bestehen auf.
    Am selben Tag nahm sich der oberste Exekutor des Judenmordes, Heinrich Himmler, der unter falschem Namen untergetaucht und am 21. Mai von britischem Militär festgenommen worden war, durch Verschlucken einer im Mund verborgenen Giftkapsel das Leben. Der höchste der Paladine Hitlers, die zu dieser Zeit noch lebten, war Hermann Göring. Er war am 9. Mai von Angehörigen der amerikanischen Streitkräfte bei Berchtesgaden verhaftet worden. Auch ihm sollte es noch gelingen, sich seiner Verantwortung zu entziehen. Er war zwar einer der zwölf Angeklagten im Prozeß gegen die

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