Geschichte des Westens
Mandatsgebiets in einen jüdischen und einen arabischen Teil – die Lösung, die Chaim Weizmann, der Leiter der Jewish Agency und Präsident der Zionistischen Weltorganisation, befürwortete. Die britische Mandatsverwaltung widersetzte sich gleichfalls einem weiteren Zustrom von Juden aus Europa, konnte die illegale Einwanderung aber nicht völlig unterbinden: Anfang 1946 erreichte die Zahl der «Illegalen» über 1000 pro Monat. Um diese Zeit belief sich die Zahl der in Palästina lebenden Juden auf 608.000. Sie stellten damit bereits zwei Fünftel der Gesamtbevölkerung des Mandatsgebiets.
In den Vereinigten Staaten, die ihrerseits nicht daran dachten, eine größere Anzahl von Juden aus Europa bei sich aufzunehmen, stieß die britische Haltung auf scharfe Kritik. Die Washingtoner Forderung ging dahin, das Mandatsgebiet sofort für 100.000 Überlebende des Holocaust zu öffnen – ein Ansinnen, dem sich die Briten verweigerten. Um die Einwanderung von «Illegalen» zu stoppen, verhängte London eine Seeblockade und ließ insgesamt 26.000 Flüchtlinge in Lagern auf Zypern internieren. Ein Schiff mit 4500 jüdischen Displaced Persons, die «Exodus 1947», wurde im Spätsommer 1947 nach Europa zurückgeschickt. In Palästina selbst ging die Mandatsmacht seit dem «Schwarzen Sabbat», dem 29. Juni 1946, zu einem verschärften Kampf gegen zionistische Untergrundgruppen, wie die rechtsgerichtete «Irgun» unter dem späteren Ministerpräsidenten Menachem Begin und die «Stern-Gruppe» unter Avraham Stern, über, die bereits mehrere Anschläge auf britische Einrichtungen verübt hatten. Den blutigen Höhepunkt des zionistischen Terrors bildete das Bombenattentat der «Irgun» auf das von der britischen Mandatsverwaltung benutzte King David Hotel in Jerusalem am 22. Juli 1946. 91 Menschen kamen dabei um.
Die Radikalisierung des jüdischen Protests trug wesentlich dazu bei, daß die öffentliche Meinung in Großbritannien sich gegen die Fortsetzung der bisherigen Palästinapolitik wandte und die Labour-Regierungunter Clement Attlee sich im Februar 1947 dazu durchrang, die Verantwortung für die Lösung des Palästinaproblems den Vereinten Nationen zu überlassen – der Nachfolgerin des Völkerbundes, der Großbritannien 1922 mit dem Mandat betraut hatte. An der Teilung Palästinas, wie sie die Vollversammlung der UNO am 29. November 1947 mit Zweidrittelmehrheit beschloß, wollte Großbritannien aber unter keinen Umständen mitwirken; es verweigerte sogar der Palästina-Kommission der Vereinten Nationen die Einreise in das Mandatsgebiet.
Die Kämpfe zwischen Arabern und Juden steigerten sich seit der Jahreswende 1947/48 zum offenen Bürgerkrieg. Am 14. Mai 1948 – einen Tag bevor Großbritannien sein Mandat einseitig beendete – rief der Ministerpräsident der provisorischen israelischen Regierung, David Ben-Gurion, den Staat Israel aus. Tags darauf marschierten die Truppen der arabischen Nachbarstaaten in Palästina ein. Der Krieg endete im Juli 1949 mit einem Sieg der israelischen Armee – und einer beträchtlichen Vergrößerung des Territoriums des Staates Israel.
Früher als im Fall Palästina war in London eine Indien betreffende historische Entscheidung gefallen: Am 20. Februar 1946 gab die Regierung Attlee ihre feste Absicht bekannt, alle notwendigen Schritte zu unternehmen, um eine Machtübergabe an eine verantwortliche indische Regierung bis zum Juni 1947 zu ermöglichen. Das Vorhaben Londons, Indien in eine lockere Föderation zu verwandeln, stieß aber sowohl bei der zentralistisch gesinnten Kongreßpartei unter Jawaharlal Nehru als auch bei der Muslim-Liga unter Mohammed Ali Jinnah, dem entschiedenen Fürsprecher einer Teilung Britisch-Indiens, auf heftigen Widerspruch. Zwischen Hindus und Muslimen kam es im August 1946 in Kalkutta und im Panjab zu blutigen, bürgerkriegsartigen Kämpfen, bei denen über 4000 Menschen starben. Der letzte Vizekönig von Indien, Lord Mountbatten, und das Kabinett Attlee sahen schließlich nur noch
einen
gangbaren Ausweg aus dem drohenden Chaos: Am 3. Juni 1947 verkündete die Londoner Regierung einen endgültigen Plan zur Teilung des Subkontinents in einen überwiegend hinduistischen und einen überwiegend muslimischen Staat. Das entsprechende Gesetz wurde vom britischen Parlament am 18. Juli verabschiedet. Am 15. August trat es in Kraft. Die britische Herrschaft in Indien war zu Ende.
Churchill und andere konservative «Diehards» hatten immer
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