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Geschichte des Westens

Geschichte des Westens

Titel: Geschichte des Westens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich August Winkler
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eines der schrecklichsten Kapitel in der postkolonialen Geschichte Afrikas begann. Am längsten wehrte sich Portugal – ein Land, das im Zweiten Weltkrieg neutral geblieben war – gegen den Abschied von vergangener Größe. Das Ende der blutigen Kolonialkriege in seinen afrikanischen Besitzungen Angola und Mozambique erzwang das Militär. 1975, im Jahr nach seinem Putsch, der «Nelkenrevolution» von April 1974, zog die Armee einen Schlußstrich unter die portugiesische Kolonialgeschichte in Afrika. 1999, zwei Jahre später alsHongkong, wurde Portugals letzte asiatische Kolonie, Macao, an die Volksrepublik China übergeben.
    Die koloniale Frage war im Zweiten Weltkrieg ein Streitpunkt zwischen den USA und Großbritannien gewesen. Roosevelt war im Unterschied zu Wilson ein entschiedener Antikolonialist. Den Begriff «Selbstbestimmungsrecht der Völker» wollte er auch im Sinn des Rechtes der asiatischen und afrikanischen Kolonialgebiete auf Unabhängigkeit verstanden wissen; die Versprechungen der Atlantikcharta vom August 1941 sollten auch für sie gelten. Unter Truman änderte sich an dieser Linie nichts. Aber anders als Roosevelt mußte sein Nachfolger auf London in dieser Frage keinen Druck ausüben: Attlees Labour-Kabinett ging im besonders dringlichen Fall Indien mit der Gewährung der Unabhängigkeit viel rascher voran, als Washington dies erwartet hatte. Die Niederlande hingegen mußten massiv gedrängt werden, um sie zur Beendigung ihrer Kolonialherrschaft über Indonesien zu bewegen.
    Die treuhänderische Verwaltung Französisch-Indochinas hatte Roosevelt während der Konferenz von Kairo im November 1943 der nationalchinesischen Regierung unter Tschiang Kai-schek angeboten, die im Sommer 1945 denn auch sogleich Truppen in den Norden Vietnams schickte. Den kommunistischen Viet Minh zu unterstützen kam den USA allerdings nicht in den Sinn, und nach dem Sieg der Kommunisten in China legten die Vereinigten Staaten ihrem Antikolonialismus auch in Südostasien straffe Zügel an. Im Zweifelsfall stützen sie nun lieber die Kolonialmacht Frankreich als eine Unabhängigkeitsbewegung, deren Erfolg die weltpolitischen Gewichte zugunsten der Sowjetunion zu verschieben drohte. In Afrika schien die Überwindung des Kolonialismus aus amerikanischer Sicht in den vierziger Jahren noch nicht aktuell; erst in den fünfziger Jahren fand der «schwarze Kontinent» in Washington größere Aufmerksamkeit.
    Die USA waren 1945 in wirtschaftlicher, finanzieller, militärischer und politischer Hinsicht die mit Abstand stärkste Macht der Welt, und sie waren sich bewußt, was das im Verhältnis zu ihrem engsten Verbündeten, Großbritannien, bedeutete. Das Vereinigte Königreich hing finanziell so sehr vom guten Willen der Vereinigten Staaten ab, daß es sich empfahl, außenpolitisch, wo immer möglich, mit Washington an einem Strang zu ziehen. Umgekehrt legten die USA Wert darauf, denBriten einen privilegierten Platz in der Nachkriegsordnung zu verschaffen und sie so mit dem fortschreitenden Verlust ihrer Weltgeltung zu versöhnen. Am 15. Dezember 1945 unterzeichneten auf Grund einer amerikanischen Initiative Präsident Truman, der britische Premierminister Attlee und der kanadische Premierminister Mackenzie King in Washington eine gemeinsame Erklärung über enge Zusammenarbeit auf dem Gebiet der friedlichen Nutzung der Kernenergie. Andere Länder waren zur Teilnahme eingeladen, sobald es verläßliche Sicherheitsgarantien gegen eine militärische Verwendung von spaltbarem Material gab. Gleichzeitig sprachen sich die Unterzeichner für ein internationales Verbot von Atom- und allen Massenvernichtungswaffen aus. Ihr Monopol in Sachen Atomwaffen gedachten die USA freilich nicht aufzugeben.
    Im Herbst 1945 gab es Anzeichen für eine Verschlechterung des Verhältnisses zwischen den Westmächten und der Sowjetunion. Auf der Tagung des in Potsdam eingesetzten Außenministerrates vom 10. September bis 2. Oktober beantwortete Molotow die Weigerung Byrnes und Bevin, die kommunistisch dominierte Regierung Rumäniens anzuerkennen, mit einem «Njet» zum Vorschlag der Angelsachsen, Frankreich und China auch dann an der Vorbereitung von Friedensverhandlungen zu beteiligen, wenn sie die Waffenstillstandsvereinbarung mit dem betreffenden Land nicht unterzeichnet hatten (was auf den Fall Rumänien zutraf).
    Sehr viel ernster nahmen die Westmächte die eindeutige Verletzung einer in Potsdam getroffenen Absprache: die Verstärkung der in

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