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Geschichte des Westens

Geschichte des Westens

Titel: Geschichte des Westens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich August Winkler
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Deutschösterreich über den endgültigen Zusammenschluß ermächtigen werde. Doch obwohl Solf im Dezember 1918 zurückgetreten war, galt sein Vorbehalt weiter: Das großdeutsche Projekt durfte die Friedensverhandlungen mit den Siegermächten nicht gefährden.
    Am 16. Februar fanden die Wahlen zur Konstituierenden Nationalversammlung statt. Die Sozialdemokraten erhielten 77, die Christlichsozialen 61 und die Deutschnationalen 26 Sitze. Die Sudetendeutschen, die an der Wahl nicht hatten teilnehmen können, veranstaltetenam 4. März, dem Tag des Zusammentretens der Konstituante, Demonstrationen in allen Städten. Hiergegen schritt die tschechoslowakische Polizei auf Weisung der Regierung Kramár mit großer Härte ein. In mehreren Orten machte sie von der Schußwaffe Gebrauch, namentlich in Kaaden, wo der Einsatz 52 Menschenleben forderte.
    Am 14. März beschloß die Konstituierende Nationalversammlung zwei Gesetze über die Volksvertretung und die Staatsregierung, die als provisorische Verfassung dienten, und erklärte Deutschösterreich erneut zum Bestandteil des Deutschen Reiches. Tags darauf konnte Staatskanzler Renner sein neues Kabinett aus Sozialdemokraten, Christlichsozialen und Parteilosen vorstellen; unter den letzteren war der angesehene Wirtschaftswissenschaftler Joseph Schumpeter als Chef des Finanzressorts. Zu den vordringlichsten Aufgaben der neuen Regierung gehörte die Entradikalisierung der fortbestehenden Arbeiterräte, in denen es starke Sympathien für die Räterepubliken gab, die Béla Kun am 21. März in Budapest und der Zentralrat der bayerischen Republik am 6./7. April in München ausgerufen hatten. Ein von Agenten Kuns ausgelöster Umsturzversuch am 17. April wurde von der Volkswehr niedergeworfen. Den größten Anteil an der politischen Beruhigung der Arbeiterschaft hatten zwei sozialdemokratische Politiker: der Vorsitzende des zentralen Arbeiterrats, Friedrich Adler, und der für soziale Verwaltung zuständige Minister («Staatssekretär») Ferdinand Hanusch, der eine Reihe wichtiger sozialpolitischer Gesetze wie das über den Achtstundentag, das Urlaubsrecht der Arbeiter, das Tarifvertragsrecht, die Beschränkung der Frauen-, Kinder- und Nachtarbeit, die Krankenversicherung, die Invalidenfürsorge und die Einrichtung von Arbeitskammern auf den Weg zur parlamentarischen Verabschiedung brachte.
    Ähnlich wie in Österreich war auch in Ungarn die Gründung der Kommunistischen Partei am 24. November zum größten Teil das Werk von aus Rußland heimgekehrten Kriegsgefangenen. Unter diesen war auch der aus einer jüdischen Familie stammende, früher in der Gewerkschaftsbewegung aktive Journalist Béla Kun. Die Sozialdemokratie war seit Ende Oktober an der Koalitionsregierung des Grafen Mihály Károlyi beteiligt, der am 11. Januar 1919 das Amt des provisorischen Präsidenten übernahm. Um diese Zeit hatte Ungarn infolge der Loslösung großer, überwiegend von Südslawen, Slowaken und Rumänenbewohnter Gebiete und ihrer Besetzung durch Truppen der Nachbarstaaten bereits über die Hälfte seines Territoriums und seiner Bevölkerung verloren. Aus Verbitterung über die Entente, die diese Entwicklung aktiv förderte, verfiel Károlyi auf den Gedanken, daß Ungarn sich außenpolitisch an Sowjetrußland anlehnen müsse, weshalb auch innenpolitisch ein dramatischer Kurswechsel notwendig sei: die Machtübertragung an die Arbeiterschaft. Den Ausschlag gab zuletzt eine Note der Verbündeten, die Károlyi am 19. März ausgehändigt wurde. Darin verfügten die Siegermächte eine neue Demarkationslinie in Transsylvanien und die Schaffung einer neutralen Zone in diesem Gebiet.
    Béla Kun hatte in der Zwischenzeit mit beträchtlichem Erfolg Anhänger unter den unorganisierten Arbeitern geworben und sie, ebenso wie die Soldaten, zum bewaffneten Kampf gegen die Regierung und ihre Hauptstütze, die Sozialdemokraten, aufgerufen. Nach blutigen Zusammenstößen wurden er und andere kommunistische Führer am 21. Februar 1919 verhaftet, was ihn aber nicht daran hinderte, mit Duldung der Regierung im Gefängnis ein Parteisekretariat zu errichten. Von Károlyi und den bürgerlichen Parteien zur Zusammenarbeit mit den Kommunisten förmlich gedrängt, entschlossen sich die Sozialdemokraten am 21. März, um den Bürgerkrieg und die drohende Alleinherrschaft der Kommunisten zu vermeiden, auf Kuns Forderungen nach einem Zusammenschluß der beiden Parteien zur Ungarländischen Sozialistischen Partei, der

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