Geschichte Hessens
Rhein sorgten dafür, daß sie sich dort noch etwa ein Jahrhundert lang zu halten vermochten. Doch häuften sich nun zusehends die Alamanneneinfälle auch links des Rheins, nach dem Jahr 400 brach die römische Verteidigungslinie endgültig zusammen – wenig später verließen die letzten im römischen Dienst stehenden Truppen das Land. Nachgewirkt freilich hat die Herrschaft der Römer im hessischen Raum noch sehr lange Zeit. Die Limesgrenze, die das Römerreich von den Stammes- und Siedlungsgebieten der Chatten schied, begründete eine mehr oder weniger sichtbare Zweiteilung Hessens in eine nördliche und eine südliche Hälfte. Der Süden um Rhein und Main hatte durch die Römer eine deutlich andere Prägung erhalten als der Norden, der niemals von Rom beherrscht worden war.
II. Hessen im Mittelalter
1. Fränkische Herrschaft und Christianisierung
Landnahme durch die Franken
. Von den germanischen Stämmen aus dem Norden, die im Gefolge der Völkerwanderung in Bewegung geraten waren und nach Überschreiten der Rheingrenze in den Gebieten der ehemals römischen Provinzen ihre Reiche gründeten, waren es nun allerdings weder die Alamannen noch die Chatten, sondern die
Franken,
die in den folgenden Jahrhunderten zur bestimmenden politischen Macht in Hessen werden sollten. Letztmalig mit Sicherheit genannt wurden die Chatten im Jahr 213 von dem römischen Historiker Cassius Dio. Danach verschwanden sie aus der geschichtlichen Überlieferung. Man geht davon aus, daß der weitaus größere Stammesverband der Franken sie aufgenommen hat. Anders als in Bayern, Sachsen oder Schwaben ist es in Hessen dabei nicht zur Herausbildung eines eigenen Stammesherzogtums gekommen. Der Name
Hessi
(oder
Hassi
) taucht in den Quellen erstmals im Jahr 738 auf und bezeichnet dort, in einem Schreiben Papst Gregors III., einen Unterstamm (
populus Hassiorum
) des neuen Reichsvolkes der Franken. Diese hatten seit Ende des 5. Jahrhunderts von Westen her das Lahngebiet und Mittelhessen bis zur Wetterau besiedelt und damit begonnen, die Alamannen nach Süden zu verdrängen. Seitdem war Hessen in das Frankenreich einbezogen. Dabei wurde der Süden der Region früher und stärker von der fränkischen Herrschaft erfaßt als der Norden.
Kulturleistungen des Christentums
. Dies galt auch für die Einführung des Christentums, das sich zunächst im südlichen Teil des heutigen Hessen etablierte. Christliche Gemeinden ließen sich dort, auf linksrheinischem Gebiet, bereits in spätrömischer Zeit nachweisen. Es waren vor allem Kaufleute und Soldaten, die den neuen Glauben – neben anderen religiösen Kulten ägyptischeroder persischer Prägung – ins Land brachten. Ausgehend von den frühen Bischofssitzen Mainz, Trier und Worms, verbreitete sich die christliche Lehre im Rhein-Main-Gebiet und in der Wetterau, im Odenwald und im Lahntal. Seit dem 6. Jahrhundert erfolgte die christliche Missionierung auch über den Rhein hinweg nach Osten und Nordosten. Von entscheidender Bedeutung für die dauerhafte Durchsetzung des Christentums im hessischen Raum war die Tatsache, daß die neue Lehre rasch Eingang in die führenden Schichten des Fränkischen Reiches fand. Seit der Taufe König Chlodwigs I. aus dem Haus der Merowinger – eines brutalen Raubmörders – im Jahr 498 konnte sich die christliche Missionsarbeit auf den Schutz der staatlichen Macht und auf die Unterstützung des christlich gewordenen fränkischen Adels verlassen.
Die christliche Missionierung der alten chattischen Stammlande Nordhessens war auch eines der Hauptanliegen des Benediktinermönchs und Kirchenreorganisators Winfried-Bonifatius (672/73–754). Der in England geborene spätere Bischof und wichtigste Repräsentant der iro-schottischen Mission war 721 erstmals ins Land gekommen und seitdem dort erfolgreich mit der Errichtung einer festen kirchlichen Infrastruktur beschäftigt, stets in enger Verbundenheit und Anlehnung an das fränkische Königtum. Bistümer, Pfarreien und Klöster wurden geschaffen, der heidnische Glaube geriet immer stärker in die Defensive. Als spektakulärste Aktion des 722 von Papst Gregor II. zum Missionsbischof geweihten Bonifatius gilt die Fällung der heidnischen Donareiche bei Geismar im Jahr 723.
Es waren vornehmlich die von Bonifatius gegründeten Klöster, die in den folgenden Jahrhunderten zu herausragenden Mittelpunkten nicht nur kirchlich-religiöser und politischer, sondern auch geistig-künstlerischer Aktivitäten geworden sind.
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