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Geschichte Irlands

Geschichte Irlands

Titel: Geschichte Irlands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benedikt Stuchtey
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den Protestanten Irlands 1782 eine eigene Legislative zu und gab damit dem Druck der Volunteers nach. Dieses Parlament änderte zwar nichts an der Bindung Irlands an die englische Monarchie oder an der Präsenz des Vizekönigs. Aber immerhin konnte man eine Reform der Verfassung erreichen.Sie scheiterte schließlich ebenso wie die Beziehung zwischen den beiden Hauptakteuren Grattan und Flood daran, dass man das Problem der Benachteiligung der Katholiken nicht lösen konnte. Henry Grattan, Führer der «Patrioten» im Parlament, setzte die Begriffe «irische Nation» und «protestantische Nation» gleich. Er wollte einen gemäßigten Parlamentarismus schaffen, der die legislative Autonomie an imperiale und königliche Prärogative knüpfte.
    Die Politik einer möglichst weitreichenden irischen Selbstverwaltung, die auch durch die Unabhängigkeit der USA verstärkt wurde, hatte die Gründung der irischen Post, der irischen Nationalbank sowie eine Liberalisierung des Handels zur Folge. Danach jedoch löste jeder weitere Schlichtungsversuch und jede Teilreform neue Krisen aus. Diesen sollte die Unionsakte vom 1. Januar 1801 zwischen England und Irland ein Ende bereiten: ein fataler Schritt, der von internationalen Entwicklungen beeinflusst war, der von der großen Rebellion in Wexford 1798 ausgelöst wurde und der einen langen Schatten auf das 19. und 20. Jahrhundert warf.
    Der wohl bedeutendste politische Denker seiner Zeit, Edmund Burke, hatte die internationale Verflechtung der Ereignisse erkannt. Amerika und Indien begriff er als die Hauptachsen der kolonialen Expansion, im Frankreich von 1789 und im Irland von 1798 sah er die Hauptschauplätze der europäischen Revolution. Burke war der damals einflussreichste Kritiker der Französischen Revolution, der ihre Entfesselung von Gewalt nicht als ein Gesetz der historischen Notwendigkeit akzeptierte. Was die Revolutionen in Frankreich und Irland Ende des 18. Jahrhunderts von denen in England 1688 und Amerika 1776 unterschied, war in Burkes Augen ihr Anspruch, eine selbstgesetzte Ordnung als Triumph der Vernunft über die gewachsene Ordnung zu feiern. Doch in der Schreckensherrschaft schritt der Rationalismus zur Selbstenthauptung und machte dem Dogmatismus Platz.
    Die Ereignisse in Frankreich verfehlten auch in Burkes Heimatland ihre Wirkung nicht. Thomas Paines großartige Verteidigungsschrift der Revolution,
Rights of Man
, wurde in Dublinallein in den Jahren 1791 und 1792 siebenmal neu aufgelegt. Mit seiner eigenen Biographie überspannte Paine die Welten Amerikas und Frankreichs und wurde wie Franklin, Mirabeau und Washington im radikalen irischen Milieu enthusiastisch gefeiert. Die vermeintlich intakte Welt der Ascendancy bekam immer mehr politische und soziale Risse, je weniger sie sich den Umbrüchen, den radikalen Forderungen nach Reform und der generellen Instabilität auf den Britischen Inseln als Folge der europäischen Revolutionskriege zu stellen vermochte.
    Das Bürgertum Ulsters in den Grafschaften Antrim, Down und Londonderry war besonders empfänglich für die Ideen der Französischen Revolution. Auch in den protestantischen Hochburgen Armagh, Wexford und Wicklow ergriff der Egalitarismus die kaufmännischen Mittelschichten. Nach französischem Vorbild, doch in irischer Tradition organisierte sich die landesweite Bewegung der United Irishmen, eine säkulare bürgerliche Vereinigung unter der Flagge eines irischen Nationalismus jenseits der ethnischen und konfessionellen Gräben. Ihr unumstrittener Anführer wurde der Protestant Theobald Wolfe Tone, Autor des
Argument on Behalf of the Catholics of Ireland
(1791) und irischer Sansculotte, der das Prinzip eines die Konfessionen übergreifenden liberalen Republikanismus verfocht. Tone wollte ein französisches Expeditionskorps an die Küste der Grafschaft Donegal führen, wurde aber von der Royal Navy abgefangen.
    Bemerkenswert an Tone und seinen Mitstreitern war ihr relativ moderater Ansatz, der in der geistigen Tradition von John Locke und Immanuel Kant Toleranz, Abschaffung der Sklaverei sowie Meinungs-, Rede- und Religionsfreiheit forderte. Den jakobinischen Radikalismus der französischen Revolutionäre in den Jahren 1792–1795 lehnte Tone dagegen ab. Die politische und rechtliche Emanzipation der Katholiken würde, so meinte er, die spirituelle und moralische Regeneration Irlands

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