Geschichte Irlands
äuÃeren Einflüssen abhängig. Die Schweinezucht wie der Kartoffelanbau, die anfällig für Krankheiten waren und nirgendwo so dicht betrieben wurden wie im Südwesten Irlands, illustrieren die Fragilität dieser Wirtschaftszweige. Um sie zu professionalisieren, wurde Anfang des 19. Jahrhunderts die Royal Agricultural Society in Dublin gegründet.
Umgekehrt aber konnten eine höhere Nachfrage nach landwirtschaftlichenProdukten sowie niedrige Zinssätze dazu führen, dass das irische Wirtschaftswachstum aus englischer Perspektive eine Konkurrenz darstellte, die mit hohen Einfuhrzöllen auf traditionell nach England importierte Waren bekämpft werden sollte. Doch dieses Vorgehen unterschätzte sowohl die Internationalisierung des irischen Markts als auch seine relative Flexibilität: Anstelle der Wolle, deren Export von den Engländern beschränkt wurde, produzierte man in Irland bald Leinen. Damit nahm die ungemein erfolgreiche Leinenindustrie in Ulster ihren Anfang, die zum Privileg protestantischer Familien wurde.
Die transnationale Ausrichtung des Handels war vor allem eine Domäne der Quäker, die von den Küstenstädten Galway, Limerick, Cork und Waterford aus Kontakte nach Spanien, Frankreich, nach China, in die Karibik und viele andere Regionen des Britischen Empires pflegten. Dabei standen sie dem englischen Schokoladenfabrikanten Cadbury â ebenfalls eine Quäkerfamilie â in nichts nach und machten dem Handelsmonopol der East India Company ernsthaft Konkurrenz. Der Handel mit Mehl, Kakao, Kaffee und Tee war lukrativ und um 1800 auch der Handel mit Tabak, dessen Konsum damals als heilsam galt. Die groÃen Quäkerfamilien der Newenhams in Cork, der Pims und Bewleys in Dublin sowie der Jacobs in Waterford unterhielten auch intensive Handelskontakte nach Liverpool und Bristol.
Typisch für das Landschaftsbild Irlands im 18. Jahrhundert wurden die in der Nähe der Anwesen von GroÃgrundbesitzern neu geschaffenen dörflichen Siedlungen mit ihren bis zum heutigen Tag charakteristischen Anlagen wie z.B. dem zentralen Marktplatz. Wohlstand förderte die Künste und das Kunsthandwerk. Irisches Silber, Glas, Schmuck und Möbel, kunstvolle Gipsverputzungen und die elegante Schlichtheit der irisch-georgianischen Architektur waren Ausdruck wirtschaftlicher Prosperität. Die neuen Dörfer verbreiteten sich mit ähnlicher Geschwindigkeit wie die im Stil des Palladianismus gebauten Herrenhäuser. Der wohl bedeutendste Architekt des irischen Palladianismus war Richard Cassels, Erbauer des WestportHouse am Rande der gleichnamigen Stadt. In manchen Fällen gingen die Herrensitze auf mittelalterliche und frühneuzeitliche Anlagen zurück, andere wurden im neoromanischen oder neogotischen Stil, im Tudorstil oder in dem in Nordirland beliebten Scottish Baronial Revival Stil neu errichtet. Malahide Castle in der Nähe Dublins sowie Ashford Castle in der Grafschaft Mayo, das gröÃte neogotische Schloss auf den Britischen Inseln und Sitz der Familie Guinness, zeugen davon.
Die in England früh einsetzende Industrialisierung übte eine starke Sogwirkung auf Irland aus, indem der hungrige englische Markt mehr als die Hälfte des Exports irischer Waren aufnahm. Daneben verwies die irische Leinenindustrie mit ihrer Orientierung nach Amerika auf einen weiteren wirtschaftlichen Horizont, aus dem bald unvermittelt ein politischer werden sollte. Auf irischer Seite gab es zunächst nur wenige Profiteure, die aus der Verdichtung des nationalen und der Expansion des kolonialen Marktes Nutzen ziehen konnten. Bemerkenswert ist allerdings, dass Iren durchaus Teil hatten an der damaligen Verwissenschaftlichung ökonomischer Prozesse und an der Schaffung technischer Innovationen. Im selben Jahr 1776, in dem Adam Smith eines der Hauptwerke der Staatswirtschaftslehre und der liberalen Politiklehre,
The Wealth of Nations
, veröffentlichte, erschien von dem Iren Bernard Scale eine umfassende Wirtschaftsgeographie unter dem Titel
Hibernian Atlas
.
Besser als Dublin gelang es Belfast, zum Zentrum für den AuÃenhandel mit Textilien zu werden. Seit 1783 besaà Belfast eine Handelskammer. Im folgenden Jahr wurde die White Linen Hall eröffnet, die bald auch die Belfast Society for Promoting Knowledge beherbergte und auf diese Weise Kommerz und Kultur aneinanderband. Dem Handelszentrum folgten die Banken, und es gelang der Stadt, die
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