Geschichte Irlands
von Königin Viktoria und von Lord Nelson wurden gesprengt. SchlieÃlich diente Irland in vielerlei Hinsicht als Versuchsfeld für die imperiale Zivilisierungsmission GroÃbritanniens. Umgekehrt meinte der Vizekönig von Indien Lord Dufferin, zu seiner Zeit habe der indische National Congress aus den Erfahrungen OâConnells und Parnells gelernt. In seinen Erinnerungen beschrieb Jawaharlal Nehru, der erste Premierminister des unabhängigen Indien, wie er als Student in England vor 1914 auch Irland besuchte und von den frühen Anfängen der Partei Sinn Féin («Wir selbst») begeistert war. Loyalisten wie die nordirischen Unionisten, die sich im Frühjahr 1912, von Winston Churchill angeregt, zu groÃen Anti-Home-Rule-Demonstrationen in Belfast zusammenfanden, inspirierten ihrerseits den Widerstand der weiÃen Siedler gegen das Unabhängigkeitsstreben von Rhodesien und Kenia.
Zwischen Krieg und Revolution
Die Zeit, in der die Gewalt in Irland eskalierte, verdichtete sich zwischen Erstem Weltkrieg und der Gründung des Irischen Freistaats 1922. In den vier Kriegsjahren folgten fast 200.000 irische Männer, darunter auch Immigranten in England und im Empire, freiwillig dem Ruf der englischen Krone. Ungefähr40.000 fielen im Krieg. Vor 1916 dienten etwa 3,7 %, danach nur noch 1,7 % der Gesamtbevölkerung, weil die Einberufung zum Militärdienst nur Briten verpflichtete. Den gröÃten Anteil machten Katholiken aus, was nicht religiöse, sondern sozioökonomische Gründe hatte. Auch wer auf der Insel blieb, konnte finanziell vom Krieg profitieren, so vor allem die GroÃbauern im Südosten. Ihre Preise für landwirtschaftliche Produkte verdoppelten sich während des Krieges, und auf dem britischen Markt hatten sie keine europäische, besonders keine deutsche Konkurrenz mehr zu befürchten.
Der «GroÃe Krieg» trug allerdings nicht zu einer euphorischen Solidarität mit den Engländern bei. Die Führer der Ulster Unionists, Edward Carson und James Craig, stellten zwar eine eigene Division auf, und auch die Irish Parliamentary Party unter John Redmond unterstützte die Briten mit Freiwilligen. Andererseits bot Roger Casement dem Deutschen Reich eine irische Brigade an. Der ehemalige britische Konsul im Kongo und dortige Chefankläger des belgischen Königs Leopold war an dem Versuch beteiligt, ein deutsches U-Boot nach Dublin einzuschleusen. Vom Kaiser erhoffte er sich mehr Unterstützung für die Sache der irischen Unabhängigkeit als von Amerika. Casement besaà intime Kenntnisse der global verstreuten Krisengebiete, in denen gegen die Kolonialmacht gekämpft wurde. Wie Mary Kingsley, Emily Hobhouse, Keir Hardie und andere Vertreter der internationalen humanitären Bewegung seiner Zeit sah auch Casement Irlands Fall im internationalen Licht. Bei Intellektuellen im Umkreis von Yeats, so etwa bei Maud Gonne und Constance Markiewicz, drückte sich eine romantische Verklärung Irlands sowie die Idealisierung der Feinde des Britischen Empires auch in ihrer Germanophilie aus.
Für dieses Irland lieÃen 64 Rebellen während der Niederschlagung des Osteraufstands 1916 ihr Leben; 15 wurden im Anschluss hingerichtet. Am 24. April 1916, dem Ostermontag des Jahres, wurde das Dubliner Hauptpostamt von 1558 Irish Volunteers und einer kleinen Bürgerarmee aus 219 Soldaten unter Anführung des Schriftstellers Patrick Pearse und des Sozialistenführers James Connolly als ihr Hauptquartier eingenommen.Bereits sechs Tage später, nach dem Tod von 318 Zivilisten und 132 Soldaten, war der Osteraufstand niedergeschlagen. Die Rebellen, unter denen sich neben Volunteers Mitglieder der Irish Republican Brotherhood, Sinn Féins und der Gaelic League befanden, sprachen nicht mit geeinter republikanischer Stimme. Sie agierten vielmehr fragmentarisch und konnten nur auf schwache Sympathien in der Ãffentlichkeit bauen. Ihr Plan einer nationalen Erhebung ging daher nicht auf. Vor dem Postamt verkündete Pearse die Irische Republik als souveränen, unabhängigen Staat, mit dem die Nation die Union überwinden solle. Ãffentliche Plätze und Gebäude, Brücken und Fabriken wurden kurzzeitig heftig umkämpft. Wie so oft bei kriegerischer Gewalt waren vornehmlich die Zivilisten die Leidtragenden. Eine stark zerstörte Dubliner Innenstadt, Plünderungen, 3500 willkürliche Verhaftungen landesweit und die
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