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Geschichte machen: Roman (German Edition)

Geschichte machen: Roman (German Edition)

Titel: Geschichte machen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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Cambridge …«
     
    Die Zeit vergeht. Im Westen sinkt die Sonne hinter den Horizont. Von draußen dringen Geräusche ins Zimmer. Basketbälle prallen auf den Korridorboden. Schlitternde, quietschende Turnschuhe. Bluegrass-Musik im oberen Stockwerk. Türenknallen. Rufe. Klatschen von Waschlappen im Gesicht. Eine verstimmte Gitarre auf der anderen Seite von Henry Hall. In der Ferne schlagen Glocken die unbemerkt verstreichenden Stunden.
     
    »… eine Pizza, ein paar Dosen Cola und einen Haufen ungenießbarer Doughnuts mit Marmeladenfüllung und kam indieses Wohnheim zurück, nach Henry Hall. Dort beschloß er, die ganze Geschichte seinem neuen Freund Steve zu erzählen, und schwor sich, die Wahrheit zu sagen, die Wahrheit und nichts als die Wahrheit, so wahr ihm Gott helfe. Ende.«
    Ich sprang vom Tisch und reckte und streckte mich. Draußen war die Nacht hereingebrochen, und in Henry Hall herrschte Stille. Steve blieb auf dem Fußboden sitzen. Seine Bewegungen hatten sich darauf beschränkt, ab und zu den Arm auszustrecken und seine Zigaretten gegen die Coladose zu schnippen, die inzwischen so viele Stummel und Matsch enthielt, daß sie längst nicht mehr aufzischte, wenn er die Asche abstreifte.
    »Nur eins verstehe ich nicht«, sagte er schließlich, »falls das alles stimmt, wie kommt es dann, daß du dich daran erinnern kannst?«
    »Genau da liegt der Hase im Pfeffer«, sagte ich. »An dem Punkt bin ich echt überfragt. Wenn mein Körper in diesem Universum ist, warum ist mein Geist dann noch Teil meiner alten Welt?«
    »Vielleicht liegt es an folgendem«, sagte Steve bedächtig, »ich nehme mal an, wenn dein Typ da, dieser Zuckermann, wenn der eine künstliche Quantensingularität herstellt und du in den Ereignishorizont gerätst, dann … nee, ich geb’s auf …« Er zuckte hilflos die Schultern. »Scheiße, Mikey, ich versteh kein Wort von dem ganzen Krempel.«
    »Aber du glaubst mir doch, oder? Das ist erst mal das wichtigste.«
    Er breitete die Arme aus. »Was bleibt mir andres übrig, solange mir keine bessere Erklärung für dein komisches Verhalten einfällt? Theoretisch könnte das übrigens immerzu passieren, ist dir das klar? Vielleicht ist das auch schon oft passiert; wir würden es ja nie merken. Vielleicht gibt es tausend 20. Jahrhunderte. Eine Million. Jedes mit einem anderen Ergebnis. Du hast dir ein neues erschaffen, und jetzt sitzt du darin fest.«
    »Genau«, sagte ich. »Und ich war so arrogant, daß ich geglaubt habe, ich würde eine bessere Welt erschaffen. Ich dachte, ohne einen Hitler bräuchte sich dieses Jahrhundert nicht so zu schämen. Wahrscheinlich hätte ich es besser wissen müssen. Die Ausgangslage in Europa änderte sich ja nicht. In Deutschland gab es trotzdem ein Vakuum, das irgendwie gefüllt werden mußte. Es gab trotzdem schon fünfzig Jahre Antisemitismus und Nationalismus, die nur auf ein Ausschlachten warteten. Es gab trotzdem noch den Vertrag von Versailles und den Schwarzen Freitag und die Weltwirtschaftskrise. Aber eins war doch anders …«
    »Und das wäre?«
    »Na, dieser Rudolf Gloder, euer Führer. Der war doch zumindest nicht so schlimm wie unser Hitler. Nach dem bißchen, was ich vorhin gelesen habe, war er doch wenigstens ein Mensch und zurechnungsfähig. Es gab keine Todeslager, kein Zyklon B, keinen Holocaust, keine amoklaufenden Geisteskranken und keinen Völkermord.«
    Steve stand langsam auf und vertrat sich die eingeschlafenen Beine. »Ach, Mikey«, sagte er traurig. »Ach, Mikey, wenn du wüßtest …«
    Ich starrte ihn an. »Was soll das heißen?«
    »Was ist aus deinem Hitler geworden?«
    »Er hat Selbstmord begangen, als die Russen von der einen und die Amerikaner und Engländer von der anderen Seite Berlin einkesselten. Hat sich erschossen und wurde im Garten der Reichskanzlei mit Benzin übergossen und verbrannt. Am 30. April 1945.«
    »Ich glaube«, sagte Steve und ging zum Computer, »das ist genau der richtige Zeitpunkt, um dir ein paar Kassen vorzuspielen.«
    Er nahm die oberste Kass von dem ausgeliehenen Stapel, eine flache Schachtel, vielleicht 7,5 x 10 Zentimeter groß und 1,5 Zentimeter dick. Er klappte die Hülle auf und nahm ein kleineres schwarzes Plastikviereck heraus.
    »Warum sagst du mir nicht einfach, was ich wissen will?«
    »Weil ich im Gegensatz zu dir kein Historiker bin«, sagte Steve und schob die schwarze Scheibe in einen Schlitz unter dem Computerbildschirm.
    »Und was ist das da? Eine Art Video? Oder eine CD-ROM?«
    »Das

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