Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Geschichte machen: Roman (German Edition)

Geschichte machen: Roman (German Edition)

Titel: Geschichte machen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
Vom Netzwerk:
Zeit?« fragte er und winkte seine Assistentin zu sich. »Wären Sie wohl so gut, meine Frau anzurufen und ihr zu sagen, daß ich heute abend wieder später nach Hause komme?«
    Ruth nickte und ging eingeschnappt zum Telephon. Sie haßte es, wenn er sie als einfache Tippse behandelte.
    Bauer ging zu seinem Labortisch zurück und blätterte müßig in den Papieren, die sich dort häuften. Kremer sah vom Mikroskop hoch und schnippte mit den Fingern.
    »Was ist los? Wo bleibt die Karte« fragte er.
    »Die Karte? Meine Güte, Johann, nun lassen Sie denen doch etwas Zeit. Sie haben mich erst vor einer Minute darum gebeten.«
    »Ach, wirklich? Oh, tut mir leid.« Kremer lächelte verlegen wie ein auf frischer Tat ertappter Schuljunge. »Trotzdem wäre es mir lieb, wenn sie sich beeilen würden.«
    »Haben Sie etwas entdeckt?«
    Kremer schloß die Augen und rieb sich erschöpft die Nasenwurzel. »Nein. Nichts.«
    »Sie hatten die Zink- und Natriumwerte analysiert, nicht wahr?«
    »Ja, aber auch das war für die Katz. Höher als der erwartbare Durchschnittswert, aber niedriger als in unseren eigenen Proben. Dahinter verbirgt sich etwas Größeres, etwas viel Größeres.«
    »Was halten Sie von den Methylorangespuren?«
    »Verunreinigungen, anders kann ich mir das nicht erklären. Wahrscheinlich auf den damaligen Arzt zurückzuführen. Wie hieß der noch mal?«
    »Schenck. Horst Schenck.«
    »Genau. Den meine ich. Die ganze Sache ist heller Wahnsinn, Dietrich. Hätte ich nicht mit eigenen Augen gesehen, daß es bei unseren Mäusen wirkt, dann würde ich es für einen schlechten Scherz halten.«
    Seufzend wandte sich Kremer wieder seinem Mikroskop zu.
    »Doktor Bauer?« Ruth hielt ihm den Telephonhörer hin, als wäre er mit Milzbranderregern verseucht. »Ihre Frau möchte, daß Sie Ihrem Sohn noch gute Nacht sagen.«
    Bauer nahm den Hörer entgegen und lauschte vergnügt und liebevoll den schnellen Atemstößen seines Sohnes.
    »Axi?« fragte er dann.
    »Papa?«
    »Bist du heute auch schön brav gewesen?«
    »Papa!«
    »Morgen bin ich wieder bei dir.«
    »Milch.«
    »Hast du ›Milch‹ gesagt? Möchtest du noch etwas Milch?«
    »Milch.«
    »Mutti gibt dir sicher noch ein Glas Milch. Weißt du, durch ein Telephon kann ich dir keine Milch geben. Sag Mutti, daß du noch Milch möchtest.«
    Dem folgte wieder schnelles Atmen und dann nichts mehr.
    »Axel? Bist du noch dran?«
    »Fuchs.«
    »Fuchs?«
    »Fuchs. Fuchs, Fuchs, Fuchs.«
    »Aha. Das ist ja schön.«
    Bauer hörte ein Klappern, als der Telephonhörer am anderen Ende zu Boden fiel. Nach kurzem Schweigen drang Marthes Stimme an sein Ohr. »Hallo, Schatz. Wir haben heute einen Fuchs gesehen. Im Garten. Der ist jetzt sein Lieblingstier.«
    »Aha. Deswegen.«
    »Ich glaube, er hat wieder Ohrenschmerzen. Er sagt immerzu ›böses Ohr‹ und schlägt sich mit der flachen Hand an den Kopf.«
    »Das ist bestimmt nichts Ernstes. Ich schaue es mir morgen früh an.«
    »Wie spät wird es denn diesmal? Deine Judenstudentin konnte oder wollte mir nichts sagen.«
    »Tut mir leid, Liebste. Aber ich arbeite an einem sehr wichtigen Projekt. Höchste Priorität.«
    »Verstehe. Doch, ehrlich. Aber vergiß nicht wieder das Essen, versprichst du mir das?«
    »Ja, versprochen. Du weißt doch, wir werden hier bestens versorgt.«
    »Ich weiß. Die Protegés des Führers.«
    »Gute Nacht, Liebste.«
    Bauer legte auf. Ruth stand verlegen ein paar Meter weg, starrte angestrengt auf ihr Klemmbrett und tat so, als hätte sie nichts gehört.
    »Ich glaube, Sie können Feierabend machen, Fräulein Goldmann. Den Rest des Tages kommen Professor Kremer und ich alleine klar.«
    »Ich bleibe gerne, Herr Doktor.«
    »Nein danke. Ist wirklich nicht nötig.«
    An der Tür stieß Ruth fast mit einem atemlosen Boten aus der Bestellabteilung zusammen. Bauer sah auf die Uhr und stellte fest, daß er sein Bier wieder einmal selbst bezahlen mußte.
     
    »Nichts«, sagte Kremer entnervt. »Absolut gar nichts. Auf der ganzen Welt gibt es kein zweites Fleckchen, das topographisch so trostlos, geologisch so einförmig und mineralisch so unergiebig ist.«
    »Nicht mal landschaftlich reizvoll«, stimmte Bauer zu. »Jedenfalls nicht für Österreich.«
    »Aber woher kommt es dann bloß? Woher, in drei Teufels Namen, kommt das bloß?« Kremer tippte mit seinem Pfeifenhals auf die Karte. »Es ergibt keinen Sinn. Es paßt hinten und vorne nicht zusammen.«
    »Vielleicht …« Bauer zögerte. »Vielleicht sehen wir den Wald

Weitere Kostenlose Bücher