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Geschichte machen: Roman (German Edition)

Geschichte machen: Roman (German Edition)

Titel: Geschichte machen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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nennen.
     
    LEO
    Tim?
     
    MICHAEL
    Ja, wie in »Timing«. Oder … hey, ich hab’s! Genau, es könnte für … wie hatten Sie das beschrieben? »Temporale Imagination …« Genau, Tim steht für Temporale Imaginationsmaschine. Cool! Tim. Tim. Find ich gut.
     
    LEO
    Tim. Bitte, dann nennen wir sie eben Tim.
     
    MICHAEL
    Wo war ich stehengeblieben?
     
    LEO (achselzuckend)
    Irgendwo bei Marconi, glaube ich.
     
    MICHAEL
    Ach ja, genau. Sie hatten gesagt, Tim wäre wie ein Radio, wo man nur zuhören, mit dem man aber nicht senden kann.
     
    LEO
    Stimmt, das hab ich gesagt.
     
    MICHAEL
    Okay, aber sagen Sie, jeder Ingenieur, der nicht gerade auf den Kopf gefallen ist und dem man ein normales Radio in die Hand drückt, kann doch wohl mit ein bißchen Herumfummeln ein Sende- und Empfangsgerät daraus machen, oder?
     
    LEO
    Aus einem normalen Radio schon. Aber wer hat denn behauptet, daß es sich hierbei um ein normales Radio handelt?
     
    Im Hintergrund ertönt das schrille PFEIFEN des Wasserkessels.
     
    MICHAEL
    Aber das ist doch dasselbe! Dasselbe Prinzip.
    (Pause)
    Sie können das doch, oder? Sie wissen, wie man das macht!
     
    LEO erwidert MICHAELs gespannten Blick.
     
    LEO
    Ich werd mich mal um den Kaffee kümmern.
    MICHAEL (ruft ihm nach)
    Sie können das! Sie können es umbauen!
     
    MICHAEL folgt LEO in die Dienerkammer. LEO brüht den Kaffee mit kochendem Wasser auf. MICHAEL sieht ihm mit mühsam unterdrückter Erregung zu.
     
    MICHAEL (fortgesetzt)
    Stimmt doch, oder nicht? Sie können es umbauen. LEO gebietet ihm mit der Hand Schweigen und stellt mit bedächtigen Bewegungen ein Milchkännchen, eine Zuckerschale und einen Becher mit seiner heißen Schokolade auf ein Tablett. Er trägt das Tablett nach nebenan; MICHAEL bleibt ihm auf den Fersen, immer noch in heller Aufregung.
     
    LEO stellt das Tablett ab und verfolgt aus dem Augenwinkel MICHAELs hektische Schritte.
     
    LEO
    Jetzt verstehe ich, warum man Sie Puppy nennt. Sie laufen wie ein Welpe hinter einem her, Sie hecheln und fiepen. Wahrscheinlich pinkeln Sie auch noch auf den Fußboden.
     
    MICHAEL
    Ich wollte doch bloß wissen …
     
    LEO (unterbricht)
    Passen Sie auf. Setzen Sie sich auf Ihre vier Buchstaben und hören Sie zu.
     
    MICHAEL plumpst eingeschnappt auf einen Stuhl.
     
    LEO (fortgesetzt)
    Ich schenke Ihnen Kaffee ein, und Sie hören zu. Sie wissen nichts über meine Konstruktion, diesen Tim. Sie kennen weder die physikalischen Prinzipien noch die Technologien, die dahinterstecken. Ich habe es mit einem Radio verglichen, weil ich … weil ich ein Modell brauchte, eine Analogie … die Sie verstehen würden.
    (reicht ihm eine Tasse Kaffee)
    Aber das heißt noch lange nicht, daß dieses Gerät, daß Tim wirklich wie ein Radio funktioniert. Der Vergleich hinkt in jeder Beziehung.
    MICHAEL (trotzig)
    Aber Sie können es umbauen, oder etwa nicht? Sie können das doch!
     
    LEO greift nach seiner heißen Schokolade und lehnt sich zurück. Er schließt die Augen.
     
    LEO
    Ja. Theoretisch ist das möglich.
     
    MICHAEL (triumphierend)
    Wußt ich’s doch! Was hab ich gesagt? Wir können zurückreisen! In die Vergangenheit.
     
    LEO
    Nicht zurückreisen. Ich kann senden, wie Sie das ausdrücken. Das heißt, ich kann das eventuell. Es ist möglich. Im Prinzip ist es möglich.
     
    MICHAEL
    Dann löschen wir ihn aus! Wenn wir wollen, können wir Hitler liquidieren.
     
    LEO (hitzig)
    Nein! Auf gar keinen Fall!
     
    MICHAEL
    Aber …
     
    LEO
    Glauben Sie vielleicht, mir wäre dieser Gedanke noch nicht gekommen? Glauben Sie vielleicht, der Gedanke, die Menschheit vom Fluch Adolf Hitler zu befreien, würde mich nicht Tag und Nacht verfolgen? Aber hören Sie, Michael, hören Sie mir ganz genau zu. Als ich erfuhr, was mit meinem Vater passiert ist, was dort in Auschwitz geschehen ist, an diesem Tag habe ich ein Gelübde abgelegt. Ich habe vor Gott und der Welt geschworen, daß ich mich nie und nimmer zu Krieg, Mord oder etwas anderem hergeben würde, wodurch einem Menschen auch nur ein Haar gekrümmt wird. Verstehen Sie?
     
    MICHAEL
    Respekt.
     
    LEO
    Also erwähnen Sie in meiner Gegenwart nie wieder das Wort »Töten«.
     
    MICHAEL
    Cool. Schon verstanden. Aber wenn das alles stimmt, dann verratenSie mir doch mal, warum Sie so scharf darauf waren, meine Doktorarbeit zu lesen? Und warum haben Sie mich in Ihr Labor eingeladen und die Nummer mit Tim abgezogen? Als ich Sie gestern gefragt habe, »warum gerade mich?«, wissen Sie noch, was Sie

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