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Geschichte machen: Roman (German Edition)

Geschichte machen: Roman (German Edition)

Titel: Geschichte machen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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Mike? War das etwa nicht Ihre Stimme?«
    Ich starrte das Telefon an. »Aber das kann doch nicht sein …«
    »Doch, und das wissen Sie ganz genau.«
    »Aber das war ein Amerikaner!«
    »Sag ich doch, Mikey. Sie
sind
Amerikaner. Ich habe Ihre Geburtsurkunde gesehen. Sie wurden am 20. April 1972 in Hertford, Connecticut, geboren.«
    »Das stimmt nicht! Ich weiß, daß Sie mir nicht glauben, aber ich schwöre Ihnen, es ist einfach nicht wahr. Das heißt, das Geburtsdatum stimmt, aber ich wurde in England geboren, oder zumindest bin ich in England aufgewachsen.«
    »Und was haben Sie dort gemacht?«
    »Das
weiß
ich doch nicht! Ich war in Cambridge. Hab … irgendwas studiert. Was, weiß ich nicht mehr. Herrgott, das ist ein Traum, das muß einfach ein Traum sein. Alles ist falsch, alles hat sich verändert. Mein Gott, sogar meine Zähne sind falsch.«
    »Ihre Zähne?«
    »Sie sind gerader als früher. Und strahlen mehr. Mein Haar ist kürzer. Und …« Ich stockte und wurde rot, als ich mich an die Szene unter der Dusche erinnerte.
    »Und was?«
    »Mein Penis«, flüsterte ich mit der Hand vor dem Mund.
    Ballinger schloß die Augen.
    »Entschuldigung, sagten Sie gerade Penis?«
    Schon vor meiner Antwort hörte ich in Gedanken das homerische Gelächter seiner Kollegen und sah, wie er sich für seine Fallstudie Notizen machte und für die erotische Hysterie der heutigen Jugend nur ein Kopfschütteln übrig hatte.
    »Ja«, sagte ich. »Wegen meiner Vorhaut. Sie ist weg. Futsch.«
    Er starrte mich mit großen Augen an, und ich vergrub mein Gesicht in den Händen und weinte.

Lebensgeschichte
    Rudis Kriegstagebuch
     
    Josef vergrub das Gesicht in den Händen und lachte, bis Hans glaubte, er würde gleich platzen.
    »Ausgezeichnet! Der ist herrlich! Einfach herrlich. Den erzähl ich heute mittag dem Oberst. Den muß er einfach hören. Aber ich weiß auch noch einen. Ludendorff und der Kaiser springen gleichzeitig von einem hohen Turm runter. Wer kommt als erster unten an?«
    Hans Mend runzelte die Stirn und sah an die Decke. »Hm … nee, muß ich passen«, sagte er.
    Josef zuckte die Schultern und breitete die Arme aus. »Ist doch egal.« Er boxte Hans in die Seite und lachte wieder schallend. »Verstehste? Ist doch scheißegal!«
    Mend stimmte pflichtschuldig ein und trank zwischen zwei Rippenstößen vorsichtig einen Schluck Schnaps. »Haha!« machte er. »Ist doch scheißegal. Der ist gut!«
    Das Leben eines Meldegängers hatte seine Vorteile. Es war zwar lebensgefährlich, zwischen den Reservestellungen, dem Hauptquartier und der Front hin und her zu rasen, wo man gelangweilten feindlichen Scharfschützen ein leichtes Ziel bot und oft genug auch der eigenen Seite ins Trommelfeuer geriet. Manchmal, so wie heute, ließen Wetter und Gelände ein Motorrad zu, aber weit häufiger mußte man zu Fuß durch den aufgeweichten Schlamm stiefeln. Und jedesmal machte man den Überbringer schlechter Nachrichten zum Sündenbock … wie oft hatte Mend nicht schon seine Botentasche geöffnet, Befehle ihm unbekannten Inhalts überreicht und dann die Schimpfkanonade eines jungen Parvenus im Offiziersrang über sich ergehen lassen müssen, der auf den Generalstab schlecht zu sprechen war. Trotzdem hätte Hans für das Privileg, die Schützen- und Verbindungsgräben anvorderster Front gelegentlich hinter sich zu lassen (und sei es nur für eine Stunde), auch die doppelte Gefahr auf sich genommen. Schließlich lebte er noch. Vier Jahre lang hatte er im dichtesten Kampfgetümmel gesteckt, seit dem allerersten Kriegsmonat, und in all den Jahren war er nur zweimal leicht verwundet worden, hatte nur zwei kleine Narben davongetragen, die er in fernen Friedenszeiten seinen Enkelkindern zeigen konnte. Wenn man die ersten beiden Monate überlebte, hieß es, dann überlebte man den ganzen Krieg.
    Und die Gefahren wurden von den kleinen Extrawürsten aufgewogen. Ein Gläschen Schnaps und eine Pfeife mit exquisitem Tabak im Stabsquartier waren ein seltener Luxus, selbst wenn man beides nur mit einem Idioten wie Josef Kreiß genießen konnte.
    Hans seufzte, stellte sein Glas ab und erhob sich.
    »Schon wieder los?«
    »Dienst ist Dienst. Westenkirchner hat Heimaturlaub, und ich hab keine Vertretung zugeteilt bekommen. Viel zu tun.«
    Josef hinkte an seinen Schreibtisch und suchte wichtigtuerisch in den Dokumentenstapeln. Als hätte er bei ihrer Zusammenstellung ein Wörtchen mitzureden, dachte Hans. Herrgott noch mal, der Mann ist ein Buchhalter. Warum

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