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Geschichte machen: Roman (German Edition)

Geschichte machen: Roman (German Edition)

Titel: Geschichte machen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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Stellungen mitgenommen haben. Schmitt wollte ihn zurückerobern. Das hat er auch geschafft, und er hat sogar noch ein Schwert mitgehen lassen. Aber dann muß ihn ein Granatsplitter erwischt haben, Herr Major. Oder eine Mine.«
    »Gütiger Himmel!«
    »Jawohl, Herr Major. Und jetzt ist Hauptmann Gloder unterwegs, um die Leiche zu retten. Stabsgefreiter Mend hat uns befohlen, ihm mit Rauchgranaten Deckung zu geben.«
    »Stimmt das, Mend?«
    Mend nahm Haltung an. »Zu Befehl, ja, Herr Major. Ich hielt das für die beste Lösung.«
    »Aber verdammt noch mal, die Franzosen könnten ja glauben, wir wollten angreifen?«
    »Entschuldigen Herr Major, das kann nicht schaden. Der Franzmann verschwendet allenfalls ein paar tausend Schuß wertvolle Munition.«
    »Das alles läuft dem Reglement auf höchst ärgerliche Weise zuwider.«
    Als ob du dem Reglement entsprechen würdest, du brabbelnder Schulmeister, dachte Mend.
    »Wo ist der Hauptmann jetzt?«
    Westenkirchner ließ die Augen nicht vom Feldstecher und bellte die Antwort heraus. »Er ist wieder am Draht, Herr Major! Er hat keinen Kratzer abbekommen, Herr Major! Er hat den Durchlaß gefunden. Er hat die Leiche. Und die Pickelhaube, Herr Major! Er hat die Pickelhaube und das Schwert!«
    Unter den Männern brach tosender Jubel los, und sogar Major Eckert gestattete sich ein Lächeln.
    Hans verfolgte, wie Rudi Ernsts Leiche den ausgestreckten Armen der Männer unten im Graben übergab. Dann sprang er ihr nach, wehrte den Jubel und die Glückwünsche der Männer jedoch ab. Sie verstummten, von seiner tiefen Trauer überwältigt. Er nahte sich der Leiche, als wäre er mit ihr allein in einer kleinen Kapelle weitab der Front. Er kniete nieder, und Pickelhaube und Schwert, Tarnhelm und Nothung in seinen Händen steigerten das prachtvolle wagnersche Pathos der Szene. Heftiger Artilleriedonner in der Ferne übernahm die Aufgabe des gedämpften Trommelwirbels, und die über ihren Graben hinwegziehenden Rauchschwaden umkräuselten sie wie Weihrauch bei einem Begräbnis. Rudi legte Ernst mit tränenüberströmtem Gesicht Säbel und Helm auf die Brust. Auch Hans weinte, heiße Tränen der Trauer, des Stolzes und der Liebe rannen ihm über das Gesicht.
    Rudi bekreuzigte sich, nahm Haltung an, salutierte der Leiche, bahnte sich seinen Weg durch die Reihen kalkbleicher Jungen und schritt davon.
    Plötzlich stand Hans eine unabweisbare Erkenntnis klar vor Augen. Es ist unmöglich, erkannte er und platzte fast vor Stolz, daß Deutschland diesen Krieg verliert. Wenn der Feind sehen könnte, was ich gerade gesehen habe, dann würde er morgen kapitulieren. Bald ist alles vorbei. Frieden und Sieg werden unser sein.

Medizingeschichte
    Der Äskulapstab
     
    »Ist gleich vorbei, junger Mann. Sie sollen bloß mit den Augen meinem Finger folgen, das ist alles. Nicht den Kopf bewegen. Nur die Augen.«
    Doktor Ballinger notierte sich etwas und ließ den Stift mit einem Plopp auf die Schreibunterlage fallen. Dann verschränkte er die Arme und strahlte mich an wie ein gütiger Onkel.
    »Und?« fragte ich.
    »Körperlich brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen. Ich kann keine Anzeichen einer Gehirnerschütterung erkennen. Blutdruck normal, Puls normal. Sie müssen ein sehr sportlicher junger Mann sein.«
    Meine Fußballen wippten mit einem Wahnsinnstempo auf und ab. »Aber was ist mit meinem Gedächtnis, Herr Doktor? Warum kann ich mich an nichts erinnern?«
    »Ach, wissen Sie, ich glaube, da darf ich Sie beruhigen. So was kommt vor.«
    Ich nickte resigniert und merkte, daß ich vom Zug der Klimaanlage eine Gänsehaut an den Beinen bekam.
    »Ich habe eine Bitte, Mike. Ich möchte, daß Sie sich diese Brieftasche anschauen.«
    Auf dem Tisch zwischen uns lag eine Brieftasche aus schwarzem Leder. Ich sah sie beklommen an. Steve hatte sie aus dem mir unbekannten Zimmer geholt, wo ich heute morgen aufgewacht war.
    »Na los, die beißt schon nicht. Greifen Sie zu! Schauen Sie sich an, was drinsteckt. Sagen Sie mir, was Sie sehen.«
    Ich zog eine Kreditkarte von American Express heraus, sah den Namen
Michael D. Young
und fuhr mit dem Daumennagel über die Prägeschrift.
Mitglied seit 1992. Gültig bis 08/98
.
    »Reden Sie schon, Mike.«
    »Das ist eine American-Express-Karte.«
    »Aha. Und wem gehört sie?«
    »Na … mir, nehm ich an. Aber ich hab sie noch nie gesehen.«
    »Sind Sie sicher?«
    »Todsicher. Da steht
Michael D. Young
. Ich kürze meinen zweiten Vornamen nie so ab. Nie. Also kann das nicht

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