Geschichten aus dem Ringwelt-Universum
hat, dann haben Sie ihn abgeschreckt. Shaeffer, diese Mission und dies Schiff haben meine Dienststelle eine ungeheuerliche Summen gekostet – und wir haben überhaupt nichts in Erfahrung gebracht.«
»So schlimm ist es nicht«, sagte Carlos. »Noch habe ich mir das Hypertriebwerk nicht angeschaut. Beo, würdest du uns auf ein Gravo herunterbringen?«
»Ja. Aber… Wunder machen mich nervös, Carlos.«
»Mich auch. Also gehen wir gemeinsam.«
Wir krochen durch einen Zugangsschacht, der nur wenig breiter war als die Schultern eines kräftigen Mannes; die Röhre führte zwischen dem Gehäuse des Hypertriebwerkes und den rundum befindlichen Brennstofftanks entlang. Carlos erreichte ein Inspektionsfenster. Er blickte hinein. Er begann zu lachen. Ich fragte ihn, was er denn so verflucht lustig finde.
Carlos machte mir Platz, indem er noch immer gluckerte und schnaufte. Ich kroch vorwärts und schaute ebenfalls hinein.
Im Gehäuse des Hypertriebwerks war kein Hypertriebwerk.
Ich stieg durch eine Reparaturluke, betrat das zylindrische Gehäuse und sah mich um. Nichts. Nicht einmal ein Loch. Die Superleitungskabel und die Beschläge des Triebwerkblocks waren so glatt durchtrennt, daß die Schnittstellen wie kleine Spiegel funkelten.
Ausfaller bestand darauf, sich alles selber anzuschauen. Carlos und ich warteten im Kontrollraum. Eine Zeitlang brach Carlos wiederholt in Gekicher aus. Dann setzte er eine verträumte Miene der Geistesabwesenheit auf, die mich noch mehr ärgerte. Ich fragte mich, was wohl in seinem Kopf vorgehen möge, und kam zu der unangenehmen Einsicht, daß ich es niemals erraten konnte. Vor Jahren habe ich mich IQ-Tests unterzogen, in der Hoffnung, auf diesem Wege eine Zeugungslizenz zu erhalten. Ich bin kein Genie. Ich begriff bloß, daß Carlos an etwas gedacht hatte, worauf ich nicht verfiel; daß er es nicht aussprach und ich zu stolz war, um ihn zu fragen.
Ausfaller hatte keinen Stolz. Er kehrte zurück und wirkte, als habe er einen Geist erblickt. »Fort! Aber wohin? Wie konnte das passieren?«
»Darauf kann ich antworten«, sagte Carlos fröhlich. »Es bedarf dazu einer extrem hohen Gravitationsgradierung. Das Triebwerk geriet unter deren Einfluß, umhüllte sich mit Raum und entschwand in eine höhere Ebene des Hyperflugs, die wir nicht zu erreichen vermögen. Jetzt kann es schon ganz gut zum Ende des Universums unterwegs sein.«
»Und dessen bist du sicher, hm?« meinte ich. »Vor einer Stunde gab es noch keine Theorie, um irgendeine dieser Behauptungen zu stützen.«
»Nun, auf jeden Fall bin ich dessen sicher, daß unser Triebwerk weg ist. Alles andere ist ein bißchen heikel. Aber immerhin ist dies ein vorzügliches Beispiel dafür, was geschieht, wenn ein Raumschiff mit einer Singularität konfrontiert wird. Bei einer niedrigeren Gravitationsgradierung hätte das Triebwerk das ganze Schiffe mitgenommen und dann auf seinem Weg hinter sich die Atome des Schiffs ausgestreut, bis nichts außer dem Hyperfeld selbst übrig gewesen wäre.«
»Brrr!«
Nun war Carlos plötzlich Feuer und Flamme für einen neuen Einfall. »Sigmund, ich möchte die Hyperwelle benutzen. Ich kann mich irren, aber es gibt ja gewisse Dinge, die sich nachprüfen lassen.«
»Falls wir uns noch im Bereich einer Massensingularität aufhalten, wird die Hyperwelle sich selbst aufheben.«
»Ja. Ich glaube, daß das Risiko sich lohnt.«
Wir waren zehn Minuten vor der Singularität Sols aus dem Hyperraum gerutscht beziehungsweise hinausgeschubst worden. Hieraus ergaben sich nunmehr sechzehn Lichtstunden Entfernung normalen Raums plus fast fünf Stunden für den Abstand von der Grenze der Singularität bis hinein zur Erde. Glücklicherweise funktionierte die Hyperwelle ohne Zeitverlust, und jedes zivilisierte Sonnensystem unterhält außerhalb seiner Singularitätsgrenze zur Hyperwellenübermittlung eine Relaisstation. Die Southworth-Station würde unsere Mitteilung per Laser ins System weiterleiten, auf gleichem Wege die Antwort empfangen und sie dann uns übermitteln – mit zehnstündiger Verzögerung.
Wir schalteten den Hyperwellensender ein; es erfolgten keine Explosionen. Zuerst erledigte Ausfaller seine Anfrage auf Ceres, wo er sich nach den Registrationsdaten der gesichteten Schlepper erkundigte. Danach rief Carlos Elephants Computerzentrum in New York an, indem er sich einer Kodenummer bediente; zweifelsohne vergab Elephant beileibe nicht an viele Leute eine Kodenummer. »Eines Tages werde ich’s ihm
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