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Geschichten aus der Murkelei

Titel: Geschichten aus der Murkelei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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nach |113| dem Schrank, sondern nur auf den schlafenden Bären, machte die Schranktür ein wenig auf, langte hinaus und – wutsch! – hatte
     er die beiden Zaubermützen vom Tisch geschnappt.
    Die eine steckte er in die Tasche, die andere setzte er auf den Kopf. Eins, zwei, drei! – Zauberei! – sah er sich selbst nicht
     mehr, nicht seine Hände, nicht seinen Leib, die Beine nicht, auch keinen Anzug, den er doch anhatte – weg war er und war doch
     da! Faßte sich an die Nase, zwickte sich hinein. Weh tat es, aber es war nichts zu sehen: keine Hand, die die Nase zwickte,
     und wie er auch schielte, keine Nasenspitze! Das war eine höchst wunderbare Sache, solche Zaubermütze!
    Der Fuchs unterdessen hatte mit Schütteln und Rufen den Bären halb wach bekommen.
    »Was willst du denn, Fuchs?« fragte der Bär verschlafen. »Sind die Leute schon da, die ich totschlagen soll?«
    »Ich glaube, es ist einer im Schrank, Bär!« rief der Fuchs aufgeregt.
    »So sag ihm, daß er rauskommen soll«, sprach der Bär. »Dann will ich ihn tatzen!«
    »Ich krieg die Schranktür nicht auf!« rief der Fuchs.
    »Du bist doch zu gar nichts zu gebrauchen, Fuchs«, sprach der Bär. »Dann muß ich also aufstehen.« Und gähnend setzte er sich
     auf dem Sofa hoch.
    Der Husch hatte schon gemerkt, sie wollten jetzt in den Schrank schauen, schnell war er aus dem Schrank geschlüpft – die beiden
     sahen ihn ja nicht wegen der Zaubermütze –, und eins, zwei, drei hatte er sich oben auf den Schrank gesetzt.
    Der Bär sah mit seinen verschlafenen, kleinen, roten Augen den Schrank an. »Fuchs!« sagte er böse. »Was redest du für Sachen?!
     Die Schranktür ist ja offen!«
    Der Fuchs sah ärgerlich den Bären an. »Wisch dir doch deine kleinen Triefaugen, Bär!« antwortete er. »Ich habe |114| mit meiner Pfote an der Schranktür gewerkt und gearbeitet, sie ging nicht auf.«
    »Was habe ich für Augen?« brummte böse der Bär und tat einen gewaltigen Tatzenschlag nach dem Fuchs.
    Der aber war auf seiner Hut gewesen, machte einen großen Sprung, sah dabei, daß die Schranktür wirklich offenstand, und rief
     erstaunt: »Wunder über Wunder! Der Schrank steht offen!«
    »Siehst du, Fuchs«, sagte der Bär zufrieden, »wer hat nun die besseren Augen, du oder ich? Nun wollen wir einmal sehen, ob
     wenigstens jemand im Schranke steckt.«
    Damit stand der Bär auf und fing an, mit seinen großen Tatzen im Schrank zwischen den guten Kleidern zu wühlen. Keiner hatte
     dem Bären die Krallen im Walde geschnitten, so erging es den Kleidern übel: Der Bär riß und fetzte, so daß, was er anrührte,
     gleich in Lumpen hing. Das ärgerte den Husch sehr, er wußte, die Kleider hatten viel Geld gekostet, er hörte, wie Bänder platzten,
     Aufhänger abrissen … Vaters Schirm hing außen am Schrank – der Husch nahm den Schirm und gab mit aller Gewalt dem Bären einen
     Schlag über den Schädel …
    Knacks! sagte der Schirm und brach mitten durch. Der Bär fuhr sich mit der Tatze über den Kopf und sprach: »Fuchs, ich glaube,
     es gibt ander Wetter, die Mücken stechen!«
    Der Fuchs indessen schrie aufgeregt: »Bär, ein Dieb ist in der Stube, unsere Zaubermützen sind fort!«
    Der Bär drehte sich um und sprach unmutig: »Was redest du nur heute alles für Zeug, Fuchs?! Erst weckst du mich, weil die
     Schranktür zu ist – sie steht aber offen. Dann soll jemand im Schrank sein – es ist aber niemand drin. Nun soll sogar ein
     Dieb im Zimmer sein – ich sehe ihn aber nicht!«
    »Bär!« sagte der Fuchs. »Wenn nun der Dieb im Schrank saß?«
    »Es saß aber keiner im Schrank!« sagte der Bär.
    |115| »Und wenn er dann die Zaubermütze stahl?« fragte wieder der Fuchs.
    »Warum hast du sie denn so hingelegt, daß er sie stehlen konnte?« fragte ärgerlich der Bär.
    »Und wenn er dann die Zaubermütze aufgesetzt hat?« fragte wieder der Fuchs.
    »Und was macht er mit der andern?« fragte dagegen der Bär.
    »So kannst du ihn doch nicht sehen!« schloß der Fuchs.
    »Da hast du freilich recht, Fuchs!« sagte nach einigem Nachdenken der Bär. »Wenn er die Zaubermütze auf dem Kopf hat, kann
     ich ihn nicht sehen. – Du hast wirklich ein großartiges Verstandeskästlein, alles rauszukriegen, Füchslein. Was soll ich nun
     machen?«
    »Laß mich eine Weile nachdenken, Bär«, sagte der Fuchs. »Die Zaubermützen müssen wir wiederbekommen, soviel ist sicher.«
    »Das müssen wir«, sagte auch der Bär.
    »Aus dem Zimmer ist er noch nicht«,

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