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Geschichten von der Bibel

Geschichten von der Bibel

Titel: Geschichten von der Bibel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Köhlmeier
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die Klugheit und die Güte Aarons.
    Und Aarons Kritiker blieb nichts, als wieder einmal den Kopf zu schütteln.
    »Was ist es nur«, sagten sie und warfen die Arme in die Luft. »Was um Himmels willen ist es nur? Das ist doch keine geniale Lösung eines Konflikts! Das ist doch nichts weiter als eine simple Division durch drei!«
    Aaron habe ja nicht anderes getan, als jedem der Brüder Gelegenheit gegeben, in aller Ausführlichkeit seinen Standpunkt zu erläutern.
    »Nicht mehr«, sagten seine Kritiker. »Nicht mehr!«
    »Und nicht weniger«, sagten Aarons Anhänger.
     
    Aaron machte sich also auf den Weg in die Wüste. Wie er sein Leben lang darauf vertraut hatte, daß ihm Gott schon die richtigen Worte schicken werde, sobald er den Mund aufmachte, so vertraute er nun darauf, daß Gott seine Schritte lenken wird, damit er auf seinen Bruder Moses träfe.
    Solche Zweifelsfreiheit schätzte Gott – auf der einen Seite. Auf der anderen Seite hatte Gott erfahren müssen, daß Menschen wie Aaron bei der Realisierung eines Planes zwar unersetzbar wichtig sind, daß sie aber eines Lenkers bedürfen, eben eines Mannes, der überhaupt erst einmal einen Plan hat – vom Standpunkt Gottes aus betrachtet: eines Mannes, den er für würdig hielt, ihm einen Plan mitzuteilen. – So ein Mann war Moses.
    Einen Tag lag ging Aaron in die Wüste, dann sah er die Karawane seines Bruders auf sich zukommen. Die beiden umarmten einander und machten sich gemeinsam auf den Weg in die Hauptstadt Ägyptens.

PHARAO ADIKOS
    Von einem vergleichsweise liberalen Mann – Von den Tücken der Integration – Von Aarons plötzlichem Gesinnungswandel – Von der Verwirrung unter Israels Führern – Von der Liebe zu Löwen – Von der Versammlung der großen Magier – Von der Verwandlung von Stöcken in Schlangen – Von einem gefräßigen Stock – Von der Sturheit des Pharaos – Vom Erwachen des Volkes Israel
     
    Zu jener Zeit herrschte in Ägypten Pharao Adikos. Er war einer der Söhne des Malul und etwa im Alter von Moses, also ein alter Mann. Seine Herrschaft dauerte nun schon gut fünfzig Jahre. Adikos war ein – vergleichsweise! – liberaler Mann, von Unterdrückung und Ausbeutung, wie sie unter der Herrschaft seines Vaters die Israeliten in Schrecken versetzt hatten, hielt er nichts, jedenfalls bis Moses auftauchte. Er setzte auf Integration, wobei er darunter die völlige Aufgabe aller Eigenständigkeit des Volkes Israel verstand.
    »Ihr seid Gäste bei uns«, sagte er, »und Gäste haben sich schließlich nach den Gepflogenheiten ihrer Gastgeber zu richten.«
    »Aber wir sind doch auch schon fast dreihundert Jahre hier«, wurde ihm geantwortet.
    Dieses Argument ließ ihn kalt.
    »Ich will keine Juden und keine Ägypter sehen«, sagte er. »Ich will nur Köpfe von Männern und Frauen sehen, die sich vor mir neigen.«
    Ein wirklich nur vergleichsweise liberaler Mann, dieser Adikos.
    Hatten die Juden unter Malul gegen Unterdrückung und Ausbeutung gekämpft, so galt die Hauptsorge der jüdischen Führer nun der Eigenständigkeit ihres Volkes, der jüdischen Identität. Wer sich offen und engagiert als Jude bezeichnete, hatte mit Nachteilen zu rechnen. Er verlor unter Umständen seinen Arbeitsplatz, wurde vielleicht samt seiner Familie aus dem Stadtviertel gedrängt, in dem er lebte. Wurde, wenn er weiterhin für das Judentum agitierte, womöglich sogar eingesperrt. Hebräer dagegen, die weder auf ihre Religion noch auf ihre Volkszugehörigkeit Wert legten, denen es nichts ausmachte, Pharao als ihren Herrn – ihren einzigen Herrn! – zu bezeichnen, diesen standen alle gesellschaftlichen Türen offen, ihre Kinder durften frei jede Schule besuchen, ihre Frauen auf allen Märkten der Stadt einkaufen. Die assimilierten Juden hatten, wie sich einer ausdrückte, »ihren Platz vor den Fleischtöpfen Ägyptens«.
    Es darf deshalb nicht erstaunen, daß Moses bei seinem Bruder Aaron zunächst auf Unverständnis traf, als er ihm mitteilte, er sei gekommen, um das Volk Israel von der Knechtschaft Ägyptens zu befreien.
    »Ich sehe diese Knechtschaft nicht«, sagte Aaron. Und sagte damit dasselbe, was er immer zu seinen Kritikern gesagt hatte. »Es gibt keine Knechtschaft. Wir alle sind Untertanen des Pharaos. Wer die Gesetze befolgt, hat nichts zu befürchten, und vor den Gesetzen sind alle gleich.«
    »Ich denke, es herrscht Unterdrückung?« fragte Moses und war doch irritiert.
    »Wer hat dir das gesagt?«
    »Gott hat es mir gesagt«, war

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