Geschlossene Gesellschaft
aus. Sie war damals ein mit Tarnfarbe angemalter Truppentransporter. Die Männer nannten sie Levi Nathan. Es ist eigenartig, dreizehn Jahre später wieder an Bord zu gehen, wegen desselben Krieges und mit dem, was die Tasche voller Geheimnisse darüber sagt.«
Er deutete auf die Reisetasche, die ich auf einen Beistelltisch gestellt hatte. »Wollen Sie sich den Inhalt ansehen?« fragte ich ihn und öffnete sie. »Glänzende Idee.«
»Nun, warum auch nicht? Wir haben schließlich etwas zu feiern.« Er ging zur Tür, öffnete sie weit und sagte dann: »Kommen Sie herein, Gentlemen.«
Was dann geschah, kam so schnell und unerwartet, dass man mich schon gepackt und mir den rechten Arm auf den Rücken gedreht hatte, bevor ich überhaupt zwinkern konnte. Ich hörte, wie man die Tür schloss, sah Faraday und Vasaritch vor mir stehen und fühlte einen kalten Revolverlauf an meiner Schläfe. Ich schrie schmerzerfüllt auf, als man meinen Arm so weit nach hinten drehte, dass er zu brechen drohte.
Jemand presste mir seine große Hand auf den Mund. »Seien Sie still!« zischte Vasaritch. »Wir wollen keinen Lärm. Die Pistole hat einen Schalldämpfer. Und ich werde dies hier benutzen...« Er hob die andere Hand hoch, die anscheinend leer war. Nach einer kurzen Drehung seines Daumens jedoch schoss eine zehn Zentimeter lange Klinge aus der Scheide. »Wenn ich es muss.« Er sagte etwas auf slawisch, und der Griff an meinem Arm lockerte sich. »Verstanden?« Ich nickte. »Gut.« Er nahm die Hand von meinem Mund und begann, mich zu durchsuchen. Den Revolver fand er schnell und nahm ihn an sich. »Was gestohlen wurde, wird wiedergenommen«, kommentierte er dabei grollend. Dann trat er zur Seite und fragte Quincy: »Die Aufzeichnungen?« »Sie sind in der Reisetasche auf dem Tisch.«
»Wir sollten sie untersuchen«, riet Faraday und warf mir einen Seitenblick zu, bevor er hinzufügte: »Falls irgendetwas fehlt.«
»Ja«, erwiderte Vasaritch. »Das sollten wir. Milan...« Das war offenbar der Name der großen, stiernackigen Kreatur, die mich festhielt. Nach einem Schwall von Anordnungen auf Serbokroatisch führte diese mich ins Schlafzimmer und drückte mich auf einen Stuhl vor der Frisierkommode. Vasaritch nahm ihr die Waffe ab und reichte ihr einen langen Strick, der offenbar zu diesem Zweck mitgebracht worden war. Er bog meine Arme hinter den Stuhl und fesselte mich daran. Meine Knöchel band er ebenfalls an den Stuhl. Dann zwängte er mir ein Tuch zwischen die Zähne und knebelte mich. Die Knoten waren fest und das Seil so dünn, dass es einschnitt. Aber es war stark genug, um jedem Versuch, mich zu befreien, zu widerstehen. Ich war gefesselt und wehrlos.
»Keine Tricks diesmal, Horton«, sagte Faraday von der Tür aus. »Ihre Glückssträhne ist zu Ende.«
»Das reicht«, meinte Vasaritch. »Nur die Aufzeichnungen sind wichtig.« Seine Stimme klang eine Spur tadelnd.
»Selbstverständlich«, meinte Faraday demütig. »Lassen Sie sie uns ansehen.« Er ging in den Salon zurück. Vasaritch folgte ihm, nachdem er Milan etwas zugemurmelt hatte.
Milan wartete einen Moment und begann dann, die Knoten zu überprüfen. Die Mühe hätte er sich schenken können, denn er hatte ganze Arbeit geleistet. Meine Schenkelmuskeln fingen an zu schmerzen, und aus einem Mundwinkel tropfte Blut, weil das Tuch einschnitt. Schließlich stand Milan auf, grunzte offensichtlich befriedigt und verließ das Zimmer.
Jetzt war ich einige Minuten allein. Ich konnte keinen von ihnen sehen und hörte nur, wie Seiten umgeblättert wurden. Worauf warteten sie, wenn sie mich töten wollten? Angst, Wut und Selbstvorwürfe brachten mich dazu, an den Seilen zu zerren, um mich vielleicht zu befreien. Der Stuhl knarrte zwar, aber die Seile hielten. Mir wurde klar, dass ich nur meine Energie verschwendete, aber was sonst sollte ich tun? Ich war in eine Falle getappt. Aber es musste doch noch eine andere Möglichkeit geben, als nur darauf zu warten, dass die Fallensteller mich völlig fertigmachten.
Aber es gab keine. Außer darüber nachzugrübeln, wie ich hinters Licht geführt worden war. Quincy musste von dem Moment an, da er in Venedig angekommen war, ein doppeltes Spiel gespielt haben. Sein Schock und seine Wut über meine Story waren nur die Kniffe eines hervorragenden Schauspielers gewesen. Er hatte alles gewusst, bevor ich auch nur ein einziges Wort gesagt hatte. Weil er einer von ihnen war. Aber wer war das nicht? Nur ein paar prahlerische Narren. Wie
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