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Geschlossene Gesellschaft

Geschlossene Gesellschaft

Titel: Geschlossene Gesellschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Goddard
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wir vorsichtig sind«, hatte Quincy gesagt, »kann nichts schiefgehen.« Und ich war entschlossen, dafür zu sorgen. Ich fuhr bis Wimbledon zurück und übernachtete dort. Den Wagen ließ ich auf dem Common, ging zum Bahnhof und nahm die U-Bahn nach South Kensington. In der Gegend wimmelte es von obskuren Hotels. Ich schrieb mich in dem finstersten von allen ein - dem Bute Court in Queen's Gate -und verschwand von der Bildfläche. Am folgenden Nachmittag rief ich pünktlich um 15 Uhr den Anglo-American Club von einer Telefonzelle nahe Albert Hall aus an. Ich betete, dass Quincy ans Telefon kommen möge, bevor mir das Geld ausging. Mein Gebet wurde erhört. »Ich werde das kurz und süß machen, Guy. Wir haben Tickets für die Leviathan. Sie läuft am Dienstagmittag aus. Können Sie um zehn Uhr morgens in Southampton sein?«
    »Ja.«
    »Gut. Bis dahin bleiben Sie in Deckung.«
    »Keine Sorge, das mache ich.«
    Ich ging durch den Hydepark, wo ich mich zwischen all den Kindermädchen mit ihren Kinderwagen sicher fühlte. Eine Kapelle der Heilsarmee spielte Hymnen mit dem richtigen Gusto in Kensington Gardens. Schwaches Sonnenlicht drang durch die graue Wolkendecke und vergoldete das herabgefallene Laub. Enten stritten sich um Brotkrumen, Hunde jagten Stöcken nach, und Kinder spielten Fußball. Das weltliche Uhrwerk Englands tickte munter weiter, aber nicht mehr lange. Denn ich war dabei, meinen selbstzufriedenen Landsleuten eine unverdauliche Speise zu servieren: die Wahrheit. Danach würde nichts mehr schmecken wie zuvor.

17
    Am Dienstag war ich heilfroh, endlich mit dem Versteckspielen aufhören zu können. Ich verließ das Bute Court vor Tagesanbruch. Mein einziges Gepäck bestand aus der Gladstone-Reisetasche, die ich am vorherigen Nachmittag aus der Bank geholt hatte. Ich verließ mich darauf, dass die Stewards der Leviathan mich schon aufpeppen würden, sobald wir erst auf See waren. Bis dahin würden die anderen Reisenden mich ertragen müssen, wie ich war.
    Ich nahm ein Taxi nach Clapham Junction und den Zug nach Southampton. In einem Dritte-Klasse-Abteil vergrub ich mich hinter einer Zeitung. Es war ein trostloser Morgen, und der Zug ratterte durch Surrey und Hampshire. Wir erreichten Winchester, wo ich mich bemühte, das Namensschild und die damit verbundenen Assoziationen zu ignorieren. Max verlangte Entschlossenheit von mir, keine Sentimentalitäten. Der Zug fuhr los, und ich ließ die Erinnerungen hinter mir.
    Nicht jedoch die Vorsicht. Das South Western Hotel schloss sich an die Southampton Town Station an, wo der Zug endete. Das war zu einfach, also stieg ich an einer Haltestelle ungefähr eine Meile vor meinem Ziel aus. Den Rest der Strecke ging ich durch ein Labyrinth von Nebenstraßen, die alle dem Kreischen der Möwen und dem salzigen, teerigen Duft der Docks zuzustreben schienen.
    Verschiedene Ozeandampfer lagen am Dock. Ich konnte ihre Schornsteine zwischen den Kränen hinter den Schifffahrtsbüros und Kaufhäusern der Canute Road sehen. Die drei hohen, rot-weiß-blau gestrichenen Schornsteine eines großen Dampfschiffes qualmten bereits. Es war die Leviathan, die darauf wartete, mich und mein Geheimnis davonzutragen.
    Auf dem Schiffszug nach London hatte Millington, der leicht übertreibende Prophet Jeremiah, mir vor einigen Monaten erzählt, dass der Zeitball auf dem Dach des South Western Hotel jeden Morgen um zehn Uhr in Funktion trat. Ich setzte mich in den Park auf der anderen Seite der Straße, rauchte eine Zigarette und wartete darauf, dass die Stunde angezeigt wurde. Als es auf meiner Uhr fünf vor zehn war, wurde der Ball den Mast hinaufgezogen. Sobald er fiel, nahm ich die Reisetasche und ging rasch zum Hoteleingang.
    Die Lobby war fast leer, und nur vereinzeltes Murmeln war in dem marmornen Gewölbe zu hören. Der Tumult des Sommers war lange vorbei. Nur die Hartnäckigen und Verzweifelten schifften sich jetzt noch in die Neue Welt ein. Ich wurde zu Quincys Suite im ersten Stock geleitet. »Ach ja«, bemerkte der Concierge, »Mr. McGowan sagte, dass er einen Besucher erwarte. Gehen Sie einfach hinauf.«
    Quincy saß im Smokingjackett mitten in den Resten eines ausgiebigen Frühstücks. Er begrüßte mich herzlich und deutete auf die Leviathan - eine Aussicht, die ich schon genossen hatte. Jetzt wurde der Blick von den großen Fenstern des Esszimmers eingerahmt. »Da ist sie, Guy. Wartet bereits auf uns. Auf ihr bin ich am Ende des Krieges nach Hause gefahren, wissen Sie. Von Liverpool

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