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Geschlossene Gesellschaft

Geschlossene Gesellschaft

Titel: Geschlossene Gesellschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Goddard
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ich getan habe.«
    »Man hat mir gesagt, dass sie wunderschön ist.«
    »Ja, das ist sie.«
    »Ist das denn der Grund? Das und nichts anderes?«
    Ich seufzte. »Vermutlich.«
    »Der Krieg hat euch beide zerstört, hat euch gierig und egoistisch werden lassen. Aber trotz dieser Jahre in Mazedonien seid ihr zu zwei ordentlichen jungen Männern herangewachsen. Doch so wie es jetzt aussieht...«
    »Es tut mir wirklich leid.«
    »Diesem Charnwood-Mädchen auch?«
    »Ja.«
    »Das reicht trotzdem nicht. Morgen wird man meinen Sohn begraben. Hier, in einem fremden Land. Sie werden ihn begraben und vergessen. Nur wir nicht.«
    »Ich auch nicht, Sir.«
    Er holte vernehmlich Luft und schien eine scharfe Erwiderung zurückzuhalten. Dann gab er sich einen Ruck und starrte über die Lagune zum Lido. »Ich will sie bei dem Begräbnis nicht dabeihaben. Das wäre zu viel für Cecily. Ich habe ihr über das Konsulat eine diesbezügliche Mitteilung geschickt. Ihre Adresse kannte man offenbar nicht, deshalb...«
    »Haben Sie versucht, Kontakt zu mir aufzunehmen?«
    Er nickte. »Um Ihnen dieselbe Mitteilung zukommen zu lassen.« Mit entschlossen vorgerecktem Kinn drehte er sich um und schaute mich an. »Wir werden uns von unserem Sohn -trotz all seiner Fehler - auf unsere Art und Weise verabschieden. Wir wollen jedoch nicht, dass diejenigen, die ihn betrogen haben, anwesend sind. Wir wollen Sie nicht dabeihaben, Guy. Keinen von Ihnen beiden.«
    Ich starrte ihn ungläubig an. »Sie wollen mir verbieten, an Max' Beerdigung teilzunehmen?« »Ich kann nichts verbieten. Ich kann Sie nur bitten.« »Aber... Max war mein bester und ältester Freund.« »Das sagen Sie. Aber waren Sie auch seiner?« Er knirschte mit den Zähnen. »Tut mir leid. Vielleicht habe ich zu viel gesagt. Ich muss wieder ins Hotel zurück. Wir fahren am Samstag. Für mich gibt es keinen Grund, uns vorher noch zu treffen.« »Das sehe ich auch so.« »Also sage ich Ihnen jetzt Lebewohl, Guy.« »Leben Sie wohl, Sir.« Ich streckte die Hand aus, aber entweder ignorierte oder übersah er sie, als er rasch an mir vorbei zum Danieli ging. Ich schaute ihm nicht nach, sondern blickte auf den sonnenbeschienenen Horizont. Das war die letzte Demütigung, die mein Verhalten heraufbeschworen hatte: sogar von Max' Begräbnis ausgeschlossen zu werden. »Sehr gut«, flüsterte ich mir zu - mir und meinem für immer abwesenden Freund. »Sei's drum. Ich werde nicht da sein, wenn sie dich bestatten, Max. Aber die Sache wird mit deiner Beerdigung nicht begraben sein. Das verspreche ich.«
    Ich wusste natürlich nicht, wann genau Max am nächsten Tag begraben würde, und ich unternahm auch nichts, um es herauszufinden. Doch das Schicksal sollte dafür sorgen, dass ich nicht unwissend blieb. Der nächste Morgen war wundervoll klar; ich aber war furchtbar verkatert und von dem, was ich wusste, noch deprimierter als sonst. Ich konnte Venedig, dieses klaustrophobische Labyrinth, auf das sich die Stadt in meinem Kopf reduziert hatte, jetzt nicht verlassen. Ruhelos und aggressiv verließ ich die Casa dei Pellkani in Richtung Riva degli Schiavoni und hoffte, dass eine ziellose Fahrt mit einem Vaporetto mich beruhigen würde.
    Doch als ich auf die Riva hinaustrat und zum Danieli blickte, bemerkte ich meinen Fehler. Auf einem Seitenkanal, von dem aus das Hotel versorgt wurde, konnte man ein schwarzes Beerdigungsboot sehen. Ich erkannte die beiden feierlich gekleideten Gestalten durch die Fenster der Kajüte. Wie angewurzelt schaute ich zu, wie das Boot langsam durch den Kanal fuhr und sich dann auf den Inselfriedhof San Michele zubewegte. Als es an mir vorbeifuhr, dachte ich an ein anderes Boot mit einem Sarg darin, das in dieselbe Richtung fuhr. Und daran, dass ich nicht folgen durfte. Ich konnte nichts weiter tun als auf das schwarze, glänzende Heck des Bootes starren, das durch das Wasser glitt, und ein stilles Gebet für...
    »Faraday«, murmelte ich, als sein lächelndes Gesicht sich zwischen mich und den sich entfernenden Umriss des Bootes schob. Er stand einige Meter weiter weg und wartete offenbar geduldig darauf, dass ich ihn bemerkte.
    »Guten Morgen, Horton. Gehen Sie nicht zu der Beerdigung?«
    »Nein.«
    »Ich nehme an, man hat Ihnen davon abgeraten - wie der armen Diana?«
    »So ähnlich.«
    Er nickte. »Das habe ich mir gedacht. Also haben Sie gerade Zeit?«
    »Was wollen Sie, Faraday?«
    »Die Informationen, die Sie beschaffen wollten.«
    »Ich habe meine Zustimmung diesbezüglich

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