Geschmiedet in Feuer und Magie - Fox, D: Geschmiedet in Feuer und Magie - Dragon in Chains
Richtigen dafür. Er würde dafür töten, wenn der Stein so gut ist, wie du sagst. Allein schon die Größe … Das wird ihn wahnsinnig machen! Er ist Jadeschnitzer: liebt seine Arbeit, hasst den Mann, für den er arbeitet. Und kann nichts daran ändern. Der Stein gehört dem Kaiser, der Handel gehört den Jademeistern. Das weißt du sicher. Ich auch; er hört nie auf, sich darüber zu beklagen.
Wenn ich ihm ein Stück Jade bringe, von dem die
Meister nichts wissen, und der Kaiser sich direkt hier auf seiner Türschwelle befindet, kann er etwas Großartiges schaffen und es persönlich überbringen, selbst aufsteigen und zugleich die Jademeister schwächen. Und ich denke, er könnte einen Jungen in der Werkstatt gebrauchen. Einen, der den Stein schon kennt. Du bist ein kluger Junge: Arbeite hart, dann wird er dich vielleicht als Lehrling ausbilden, dich deine Freiheit kaufen lassen, das würde dir gefallen … Die Stadt wird dir auch gefallen …«
Als Gespräch konnte man das nicht bezeichnen, denn er sagte nichts, sondern bewegte nur seinen kleinen Jadesplitter mit der Zunge; aber von da an wurde Yu Shan sehr kooperativ, sodass Jiao mit jedem Tag ihre Wachsamkeit und seine Fesseln lockerte. Doch ihre Zunge ruhte nicht. Sie redete, ob sie nun wanderte oder stillsaß, ein Feuer entzündete, sich in einem Bach wusch oder einen Vogel zum Abendessen fing. Vermutlich jagte sie schweigend, aber das sah Yu Shan nicht. Wenn er sie sah, schien sie die ganze Zeit über zu reden. Er dachte, dass sie vielleicht schon eine Weile allein gewesen war, sich daran aber nicht gewöhnt hatte und es nicht mochte.
Er selbst sprach kaum. Sogar unter seinen schweigsamen Leuten war er schon immer der Schweigsame gewesen. Jetzt gerade fühlte er sich, als hätte er völlig die Sprache verloren. Es schien keine Rolle zu spielen. Er ließ sie reden, ließ ihre Worte über sich hinwegschwemmen, und konzentrierte sich auf das, was ihn betraf:
seinen Körper, seine Last. Seinen kleinen, gestohlenen Steinsplitter. Sein Leben, seine Zukunft.
In jener dritten Nacht teilte sie ihm abends Aufgaben zu: belaubte Zweige zu sammeln, um daraus behelfsmäßige Schutzdächer gegen den unausweichlichen Regen zu flechten, trockenes Holz, Nüsse und Beeren aufzulesen, während sie jagte.
Er bereitete ihnen getrennte Lager, kleine, überdachte Nester, nicht zu nahe beieinander, auf einer Lichtung an einem Bach, wo das gluckernde Wasser die Geräusche der Nacht übertönen würde. Sie spießte ein paar Eichhörnchen auf und röstete sie; sie verbrannten sich beim Essen die Finger und warfen die Knochen ins Feuer, um sie zischen und aufplatzen zu lassen. Jiao redete über die Stadt, die vor ihnen lag, andere Städte, ein Wanderleben. Ungewöhnlicherweise sprach er selbst ein bisschen: über seine Familie, sein Tal, das Leben eines Jungen, der nie ans Wandern gedacht hatte.
Dann legten sie sich in der Dunkelheit hin, während das Feuer verglühte. Im Regen, einem feinen Nieseln, als wäre eine Wolke von den Bergen herabgerollt, um sich auf sie zu setzen.
Es war düster und kalt – das kam sowohl Yu Shans Stimmung als auch seinen Plänen entgegen. Er lag still, kaum ermüdet nach einem langen Tag voll Hacken und Tragen, weit entfernt davon zu schlafen; er lauschte dem Bach, wartete auf Jiaos Schweigen, und dann noch länger. Er wartete, bis sie zu schnarchen begann, und noch ein bisschen länger. Er wartete, bis sie – so hoffte er! –
tief in Träumen lag, wovon auch immer eine Piratenseele träumen mochte.
Dann richtete er sich ganz langsam auf, kroch unter dem Regendach hervor und stand auf; ganz langsam machte er einen Schritt, dann noch einen und dann ein wenig mehr, immer weiter weg von der schlafenden Jiao.
Er hatte den ganzen Wald und die Nacht, um sich darin zu verlieren. Er wollte nicht an einen Jadeschnitzer verkauft werden, der ihn als genau das erkennen würde, was er war, was Jiao nicht tat.
Er wollte auch die Zukunft seiner Familie, den Wunderstein, nicht aufgeben. Das würde er auch nicht tun. Obwohl sie so zäh war und sehnige Muskeln hatte, konnte Jiao den Stein nicht tragen. Er wäre sogar beeindruckt gewesen, wenn sie ihn überhaupt hätte heben können. Jetzt musste er sich nur noch irgendwo verkriechen, in der Nähe, aber nicht zu nah; falls sie nach ihm suchte, würde sie das nicht lange tun.
Er war vielleicht hundert Schritt in den dichten Wald vorgedrungen. Die Dunkelheit hatte sich wie eine Tür hinter seinem
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