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Geschöpfe der Nacht

Geschöpfe der Nacht

Titel: Geschöpfe der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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Chris?«
    »Die Türen des Senders sind doch abgeschlossen, oder?«
    »Ja. Alle Diskjockeys und -jocketten, die nachts arbeiten müssen, werden angehalten, sich Sadistico anzusehen und es zu Herzen zu nehmen.«
    »Wenn du gehst, wird es zwar schon dämmern, aber versprich mir trotzdem, daß du dich von Doogie oder jemandem aus der Morgenschicht zu deinem Explorer bringen läßt.«
    »Wer läuft denn frei herum – Dracula?«
    »Versprich es mir.«
    »Verdammt noch mal, Chris, was…«
    »Das erzähle ich dir später. Versprich es mir einfach«, beharrte ich.
    Sie seufzte. »Na schön. Aber steckst du in irgendwelchen Schwierigkeiten? Bist du…«
    »Mir geht es gut, Sasha. Wirklich. Mach dir keine Sorgen. Verdammt, versprich es mir einfach.«
    »Das habe ich doch schon…«
    »Du hast das Wort nicht ausgesprochen.«
    »Großer Gott. Na schön, na schön. Ich verspreche es. Großes Indianerehrenwort! Aber dann möchte ich auch eine tolle Story hören, die mindestens so unheimlich ist wie die, die ich bei den Pfadfinderinnen immer am Lagerfeuer gehört habe. Wartest du zu Hause auf mich?«
    »Trägst du dann deine alte Pfadfinderuniform?«
    »Die hab ich schon längst weggeworfen. Ich hab nur noch ein paar Kniestrümpfe, die nach Pfadfinderin aussehen.«
    »Das reicht mir.«
    »Diese Vorstellung macht dich an, was?«
    »Ich vibriere geradezu.«
    »Du bist ein böser Junge, Christopher Snow.«
    »Ja, ich bin ein Mörder.«
    »Wir sehen uns dann später, Mörder.«
    Sie unterbrach die Verbindung, und ich hängte das Handy wieder an den Gürtel.
    Einen Moment lang lauschte ich dem stillen Friedhof. Keine einzige Nachtigall sang, und auch die Mauersegler waren längst zu Bett gegangen. Zweifellos waren die Würmer wach und an der Arbeit, aber sie vollzogen ihr ernstes Werk stets in respektvollem Schweigen.
    »Ich bedarf geistlicher Führung«, sagte ich zu Orson. »Statten wir also Father Tom einen Besuch ab.«
    Als ich mich auf den Weg über den Friedhof machte, um zur Rückseite der Kirche zu gelangen, zog ich die Glock aus der Jackentasche. In einer Stadt, in der der Polizeichef davon träumt, kleine Mädchen zu schlagen und zu foltern, und in der Bestattungsunternehmer Faustfeuerwaffen trugen, konnte ich nicht davon ausgehen, daß der Priester einzig und allein mit dem Wort Gottes bewaffnet war.
    Von der Straße aus betrachtet war das Pfarrhaus dunkel gewesen, doch vom Hof aus sah ich zwei beleuchtete Fenster in einem der hinteren Zimmer im ersten Stock.
    Nach der Szene, die ich aus der Deckung der Krippe im Keller der Kirche beobachtet hatte, überraschte es mich nicht, daß der Pfarrer von St. Bernadette nicht schlafen konnte. Obwohl es fast drei Uhr morgens war und seit Jesse Pinns Besuch vier Stunden vergangen waren, zögerte Father Tom offenbar noch immer, das Licht auszuschalten.
    »Mach’s wie eine Katze«, flüsterte ich Orson zu.
    Wir schlichen ein paar steinerne Stufen hinauf und dann, so leise wie möglich, über den Holzboden der hinteren Veranda.
    Ich wollte die Tür öffnen, aber sie war abgeschlossen. Ich hatte gehofft, daß ein Mann Gottes so starken Glaubens war, eher auf seinen Schöpfer als auf ein Schloß zu vertrauen.
    Ich hatte nicht vor, zu klopfen oder zur Haustür zu gehen, um zu klingeln. Da ich schon einen Mord auf dem Gewissen hatte, kam es mir töricht vor, Gewissensbisse wegen Hausfriedensbruch zu haben. Doch einen Einbruch wollte ich vermeiden, da das Geräusch des zersplitternden Glases den Priester alarmieren würde.
    In der Wand zur Veranda befanden sich vier Schiebefenster. Ich versuchte es mit einem nach dem anderen. Das dritte war nicht verriegelt. Da das Holz des Fensters vor Feuchtigkeit aufgequollen war und sich nur stockend im Rahmen bewegte, mußte ich die Glock wieder einstecken; ich brauchte beide Hände, um den unteren Rahmen hochzuheben, drückte zuerst auf den Querbalken und hakte dann die Finger unter die untere Latte. Als ich das Fenster dann hochschob, knarrte und quietschte es so laut, daß es einem ganzen Film von Wes Craven Atmosphäre verliehen hätte.
    Orson bellte leise, als hätte er für mein Talent als Gesetzesbrecher nur Verachtung über. Man ist eben nirgendwo vor seinen Kritikern sicher.
    Ich wartete, bis ich davon überzeugt war, daß man das Geräusch oben nicht gehört hatte, und schlüpfte dann durch das offene Fenster in ein Zimmer, das so schwarz war wie das Innere der Handtasche einer Hexe.
    »Komm schon, Junge«, flüsterte ich Orson zu, denn ich

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