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Geschöpfe der Nacht

Geschöpfe der Nacht

Titel: Geschöpfe der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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Benzin auf.
    Orson lief nervös im Kreis herum: Beeil dich, beeil dich. Mach schnell. Schnell, schnell, schnell, Herrchen Snow.
    Etwa anderthalb Meter Zündschnur befanden sich nun noch außerhalb des Tanks. Sie hing an der Seite des Streifenwagens herab und wand sich auf dem Bürgersteig.
    Nachdem ich das Fahrrad vom Lorbeerbaum geholt hatte, gegen den ich es gelehnt hatte, bückte ich mich und setzte das Ende der Zündschnur mit meinem Feuerzeug in Brand. Obwohl die Gaze sich noch nicht auf ihre gesamte Länge mit Benzin vollgesogen hatte, brannte sie schneller, als ich erwartet hatte. Zu schnell.
    Ich stieg auf das Rad und trat in die Pedale, als wären mir alle Rechtsanwälte aus der Hölle und auch noch ein paar Dämonen von der Erde auf den Fersen, was durchaus der Fall sein mochte. Während Orson neben mir rannte, was das Zeug hielt, jagte ich über den Parkplatz zu der Rampe der Ausfahrt, auf den Embarcadero Way, der verlassen dalag, und dann in südlicher Richtung vorbei an geschlossenen Restaurants und Ladenlokalen, die die Uferpromenade säumten.
    Die Explosion kam zu früh, ein tiefer Knall, der nicht halb so laut war, wie ich erwartet hatte. Um mich herum und sogar vor mir blühte orangefarbenes Licht auf; das Aufflammen der Detonation wurde vom Nebel sehr weit getragen.
    Leichtsinnig betätigte ich mit aller Kraft die Handbremse, schlitterte um einhundertachtzig Grad herum, kam mit einem Fuß auf dem Asphalt zum Stehen und schaute zurück.
    Ich konnte nur wenig sehen, und so gut wie keine Details: ein Kern aus hartem, gelbweißem Licht, umgeben von orangefarbenen Wolken, und alles sah durch den dichten, wabernden Nebel wie weichgezeichnet aus.
    Das Schlimmste sah ich nicht in der Nacht da draußen, sondern in meinem Kopf: Lewis Stevensons Gesicht, das Blasen schlug, qualmte und heißes, klares Fett absonderte wie Speck in einer Bratpfanne.
    »Großer Gott«, sagte ich mit einer Stimme, die so heiser war und so stark bebte, daß ich sie nicht als die meine erkannte.
    Mir war einfach nichts anderes übriggeblieben, als die Zündschnur anzustecken. Die Cops würden zwar herausbekommen, daß Stevenson ermordet worden war, aber die Beweise dafür, wie es geschehen war – und wer es getan hatte –, waren nun vernichtet.
    Ich ließ die Fahrradkette singen und führte meinen Hund und Komplizen vom Hafen fort, durch das gewundene Labyrinth der Straßen und Gassen, tiefer in das düstere Nautilusherz von Moonlight Bay. Selbst mit der schweren Glock in der Tasche flatterte meine offene Lederjacke, als wäre sie ein Umhang, und ich floh ungesehen, mied Licht nun aus mehr als nur einem Grund, war ein Schatten, der flüssig durch Schatten floß, als wäre ich das berühmte Phantom, das aus dem Irrgarten unter der Oper entkommen war, sich ein Fahrrad angeeignet und den festen Entschluß gefaßt hatte, die überirdische Welt zu terrorisieren.
    Es spricht nicht gerade für mich, daß ich imstande war, unmittelbar nach einem Mord ein so extravagant romantisches Bild von mir selbst zu hegen. Zu meiner Verteidigung kann ich nur anführen, daß ich, indem ich das Geschehene als großes Abenteuer mit mir in der Hauptrolle neu inszenierte, verzweifelt versuchte, meine Furcht zu überwinden und, noch verzweifelter, die Erinnerung an die Schüsse zu unterdrücken. Und ich wollte auch die abscheulichen Bilder von der verbrennenden Leiche unterdrücken, die meine lebhafte Phantasie wie eine endlose Serie von Schauergestalten erzeugte, die von den schwarzen Wänden einer Geisterbahn hochsprangen.
    Wie dem auch sei, die zweifelhaften Bemühungen, das Geschehene zu romantisieren, hielten nur an, bis ich die Gasse hinter dem Grand Theater erreichte, einen halben Häuserblock südlich der Ocean Avenue, wo eine schmutzverkrustete Straßenlampe den Nebel braun und wie verseucht aussehen ließ. Dort sprang ich vom Fahrrad, ließ es auf den Gehsteig scheppern, beugte mich in eine Mülltonne und befreite mich von dem Wenigen, was ich von meinem Mitternachtssnack mit Bobby Halloway noch nicht verdaut hatte.
    Ich hatte einen Menschen ermordet.
    Das Opfer hatte fraglos den Tod verdient. Und früher oder später hätte Lewis Stevenson auf die eine oder andere Entschuldigung zurückgegriffen und mich getötet, auch wenn seine Mitverschwörer die Absicht hatten, mir einen besonderen Dispens zu gewähren. Möglicherweise hatte ich in Selbstverteidigung gehandelt. Und um Orsons Leben zu retten.
    Trotzdem hatte ich einen Menschen getötet; auch

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