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Geschöpfe der Nacht

Geschöpfe der Nacht

Titel: Geschöpfe der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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irgendwie außerhalb der Kontrolle von denen stand. Die hätten sie sicher auch umgebracht, wenn ich nicht auf ihren Anruf reagiert hätte.
    Trotzdem schlug das Schuldgefühl über mir zusammen, ertränkte mich in kalten Strömungen, raubte mir den Atem, und ich stand keuchend da.
    Übelkeit folgte diesen Strömungen, schlängelte sich wie ein fetter, schlüpfriger Aal durch meine Eingeweide, schwamm meine Kehle hinauf und hätte sich fast in meinen Mund ergossen. Ich würgte sie hinunter.
    Ich mußte hier raus, konnte mich aber nicht bewegen. Ich wurde vom Gewicht der panischen Angst und des Schuldgefühls halbwegs zerquetscht.
    Der rechte Arm hing mir an der Seite herunter und wurde vom Gewicht der Pistole geradlinig wie ein Lot hinabgezogen. Die Stablampe, die ich mit der linken Hand umklammerte, stickte ausgefranste Muster auf die Wand.
    Ich konnte nicht klar denken. Meine Gedanken rollten träge dahin wie ein Gewirr verhedderten Seetangs im schlammigen Flußwasser.
    Auf dem Nachttisch klingelte das Telefon.
    Ich hielt mich von ihm fern. Ich hatte das seltsame Gefühl, daß es sich bei dem Anrufer um den Mann handelte, der auf meinem Anrufbeantworter das tiefe Atmen zurückgelassen hatte, und daß er versuchen würde, mir mit seinen Bluthundatemzügen irgendeinen lebenswichtigen Teil zu stehlen, als könnte er mir die Seele aussaugen und durch die offene Telefonleitung zerren. Ich wollte sein leises, unheimliches, melodieloses Summen nicht hören.
    Als das Telefon endlich verstummte, hatte sich mein Kopf durch das schrille Klingeln irgendwie geklärt. Ich schaltete die Stablampe aus, steckte sie in meine Tasche, hob die Hand mit der Pistole – und stellte fest, daß in der Diele im ersten Stock jemand das Licht angeschaltet hatte.
    Wegen des offenen Fensters und des blutverschmierten Rahmens war ich davon ausgegangen, mit Angelas Leiche allein im Haus zu sein. Ich hatte mich geirrt. Ein Eindringling war noch anwesend – und wartete zwischen mir und der Treppe.
    Der Mörder hätte nicht durch das Schlafzimmer aus dem Bad schlüpfen können: Eine schmutzige Blutspur hätte seinen Weg über den cremefarbenen Teppich markiert. Doch warum hätte er aus dem ersten Stock fliehen sollen, nur um sofort durch eine Tür oder ein Fenster im Erdgeschoß zurückzukehren?
    Und falls er es sich nach seiner Flucht anders überlegt hatte, keinen potentiellen Zeugen zurücklassen wollte und sich dazu entschlossen hatte, mich ebenfalls zu beseitigen, hätte er nicht das Licht eingeschaltet und so seine Anwesenheit verraten. Er hätte es vorgezogen, mich überraschend anzugreifen.
    Ich kniff die Augen gegen das helle Licht zusammen und trat vorsichtig in den Korridor. Er war verlassen.
    Die drei Türen, die geschlossen gewesen waren, als ich nach oben gekommen war, standen nun weit offen. Die Räume dahinter waren drohend hell.

14
    Stille quoll aus der unteren Etage des Hauses in diesen Korridor im ersten Stock hinein wie Blut aus einer Wunde. Dann erhob sich ein Geräusch, aber es kam von draußen: das schneidende Pfeifen des Windes unter dem Dachgesims.
    Hier schien ein seltsames Spiel im Gange zu sein. Ich kannte die Regeln nicht. Und wußte auch nicht, wer mein Gegenüber war. Ich saß in der Falle.
    Ich drückte auf einen Lichtschalter an der Wand und holte damit den beruhigenden Schatten in den Korridor zurück, der allerdings das Licht in den drei offenen Zimmern im Vergleich dazu noch heller wirken ließ.
    Ich wollte zur Treppe laufen. Runter, raus, weg von hier. Aber diesmal wagte ich es nicht, unerforschte Zimmer hinter mir zurückzulassen. Ich würde wie Angela enden; jemand würde mir von hinten die Kehle durchschneiden.
    Meine beste Chance, am Leben zu bleiben, bestand darin, Ruhe zu bewahren. Nachzudenken. Mich vorsichtig jeder Tür zu nähern. Zentimeterweise aus dem Haus zu schleichen. Darauf zu achten, mir jeden Schritt des Weges den Rücken freizuhalten.
    Ich öffnete die Augen ein wenig, lauschte noch einmal, hörte nichts und ging zur Tür direkt gegenüber dem Schlafzimmer. Ich trat nicht über die Schwelle, sondern blieb im Schatten und schirmte mit der linken Hand die Augen vor dem grellen Licht der Deckenlampe ab.
    Das hätte ein Kinderzimmer sein können, hätte Angela Kinder bekommen. Statt dessen enthielt es einen Werkzeugschrank mit vielen Schubladen, einen Barhocker mit Rückenlehne und zwei hohe Arbeitstische, die so aufgestellt waren, daß sie ein L bildeten. Hier hatte sie sich ihrem Hobby gewidmet:

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