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Geschöpfe der Nacht

Geschöpfe der Nacht

Titel: Geschöpfe der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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Schlafzimmertür. Ich hielt mich nicht mit dem Knopf auf, holte aus, trat das Schloß heraus und sprang hinein, die Glock in beiden Händen, bereit, vier oder fünf Schüsse auf alles abzugeben, was sich bewegte.
    Ich war allein.
    Die Lampe auf dem Nachttisch war noch eingeschaltet.
    Der Teppich wurde nicht von blutigen Fußabdrücken verunstaltet, also konnte niemand von außen durch das blutverschmierte Bad ins Haus eingedrungen und dann auf diesem Weg hierher zurückgekehrt sein, um die Zimmertür zu schließen.
    Ich sah trotzdem im Bad nach. Diesmal ließ ich die Stablampe in der Tasche, begnügte mich mit dem Zustrom des schwachen Lichts der Schlafzimmerlampe, weil ich die ganzen scheußlichen Einzelheiten nicht unbedingt noch einmal sehen mußte – oder wollte. Das Flügelfenster war noch offen. Der Gestank war so widerwärtig wie vor zwei Minuten. Die auf die Toilette zusammengesunkene Gestalt war die Angelas. Obwohl sie gnädigerweise vom Halbdunkeln verhüllt wurde, sah ich, daß ihr Mund wie in überwältigendem Erstaunen geöffnet war und sie aus weit aufgerissenen Augen ins Leere starrte.
    Ich wandte mich ab und warf einen nervösen Blick zur Korridortür. Niemand war mir hier hinein gefolgt.
    Verwirrt zog ich mich in die Mitte des Schlafzimmers zurück.
    Die Zugluft vom Schlafzimmerfenster her war nicht so stark, daß sie die Schlafzimmertür hätte zuwerfen können. Außerdem rührte der verzerrte Schatten, den ich gesehen hatte, bestimmt von keinem Windzug her.
    Obwohl unter dem Bett vielleicht genug Platz war, daß sich dort jemand verstecken konnte, hätte er sich zwischen den Boden und die Sprungfedern zwängen müssen, während die Bettlatten ihm ins Kreuz gedrückt hätten. Außerdem hätte sich niemand so schnell in dieses Versteck winden können, während ich die Tür eintrat.
    Ich konnte durch die offene Tür in den begehbaren Schrank schauen, der offensichtlich keinen Eindringling beherbergte. Trotzdem sah ich genauer nach. Die Stablampe enthüllte in der Decke des Schranks einen Zugang zum Dachboden. Doch selbst, wenn an der Rückseite der Falltür eine zusammenklappbare Leiter angebracht war, hätte niemand so wieselflink sein können, um in den zwei oder drei Sekunden, die ich brauchte, um die Tür einzutreten, zum Dachboden hinaufzusteigen und die Leiter hinter sich hochzuziehen.
    Zwei Fenster mit zugezogenen Vorhängen flankierten das Bett. Beide erwiesen sich als von innen verschlossen.
    Der Täter hatte das Haus nicht auf diese Weise verlassen, aber vielleicht konnte ich das. Ich wollte es vermeiden, in den Korridor zurückzukehren.
    Ich hielt die Schlafzimmertür im Auge und versuchte, ein Fenster zu öffnen, aber es war abgeschlossen. Es handelte sich um Flügelfenster mit dicken Längspfosten, also konnte ich nicht einfach eine Scheibe einschlagen und hinaussteigen.
    Ich hatte den Rücken dem Bad zugewandt. Plötzlich stellte sich bei mir der Eindruck ein, Spinnen würden mein Rückgrat hinaufkrabbeln. In meiner Vorstellung sah ich Angela hinter mir; sie lag nicht mehr auf der Toilette, sondern hatte sich erhoben. Blut tropfte von ihr hinab, und ihre Augen waren so hell und flach wie Silbermünzen. Ich erwartete, die Halsverletzung blubbern zu hören, wenn sie zu sprechen anfing.
    Als ich mich umdrehte, vor Schrecken ganz kribbelig, stand sie nicht hinter mir, aber der heiße Seufzer der Erleichterung, den ich unwillkürlich ausstieß, zeigte mir, wie stark dieses Hirngespinst mich im Griff gehabt hatte.
    Es hatte mich noch immer im Griff: Ich erwartete jeden Augenblick zu hören, wie Angela im Bad aufsprang. Mein Leid über ihren Tod war bereits von der Angst um mein eigenes Leben verdrängt worden. Angela war für mich kein Mensch mehr. Sie war ein Ding, der Tod selbst, ein Ungeheuer, erinnerte mich wie mit einem Faustschlag ins Gesicht daran, daß wir alle sterben, verwesen und zu Staub zerfallen werden. Ich schäme mich dafür, muß aber eingestehen, daß ich sie ein wenig haßte, weil ich mich verpflichtet gefühlt hatte, nach oben zu gehen, um ihr zu helfen, weil sie mich in diese mißliche Lage gebracht hatte, und ich haßte mich, weil ich sie haßte, meine liebevolle Krankenschwester, und haßte sie, weil sie mich dazu gebracht hatte, mich selbst zu hassen.
    Manchmal gibt es keinen dunkleren Ort als unsere Gedanken: die mondlose Mitternacht des Verstandes.
    Meine Hände waren kalt und schweißnaß. Der Pistolengriff fühlte sich glitschig an.
    Ich hörte damit auf, Geister

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