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Geschöpfe der Nacht

Geschöpfe der Nacht

Titel: Geschöpfe der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gordon R. Dickson
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begegneten sich und starrten einander sekundenlang an. Dann blickte Shaitan zur Decke auf, wie er es schon vorher getan hatte.
    »Vater«, flüsterte er, »habe ich versagt? Was habe ich getan?«
    Es gab keine Antwort. Das Monstrum atmete langsam aus und starrte leer vor sich hin.
    »Ich bin verurteilt«, sagte der Kindermund mit tonloser Stimme. »Sie denken, mein Versagen beweise die Berechtigung Ihres Unglaubens. Aber Sie irren, und Sie werden das eines Tages erkennen. Nur ist das nicht mehr meine Sorge. Sie gehen jetzt in noch größere Hände über, und nichts ist noch wichtig – nur die Tatsache, daß mein Vater mich verleugnet hat.«
    Er schwieg, als warte er, daß Rafe etwas sagte. Aber Rafe wartete nur.
    »Fragen Sie, was Sie wollen«, sagte Shaitan nach langer Pause. »Ich werde Ihnen antworten.«
    Rafe befeuchtete seine Lippen. »Wo ist Ab Leesing?«
    »Auf einer Insel – derselben Insel, von der die Männer kamen, die ihre Schatten vorausschicken können«, sagte der Kindermund über dem formlosen Körper. »Das Flugzeug, mit dem Sie kamen, steht noch hinter dem Haus. Besteigen Sie es. Geben Sie dem Autopiloten die Kodebuchstaben H-A-V-N. Das Flugzeug wird Sie hinbringen.« Seine Augen schlossen sich müde. »Aber nichts wird Sie zurückbringen – niemals.«
    »Wo ist dieses Havn?«
    »Ich weiß es nicht«, sagte Shaitan mit geschlossenen Augen. »Ich habe es nie gewußt. Ich habe den Kode nur für den Fall, daß ich eines Tages wünschen könnte, die Reise selbst zu machen.« Er seufzte. »Aber von Havn kehrt niemand so zurück, wie er war, als er hinging. Und niemand verläßt den Ort wirklich. Die Männer, die ihre Schatten vorausschicken, verlassen den Ort niemals wirklich, obwohl ihre Körper auf Missionen entsandt werden.
    Auch Sie werden dort bleiben, wenn Sie gehen – und Sie werden gehen. Ich sehe das jetzt. Vielleicht ist dies der Grund, warum mein Vater sein Gesicht von mir gewandt hat.«
    »Ist er dort?« fragte Rafe.
    »Dort – oder anderswo. Es ist nicht wichtig. Wenn Sie nach Havn gehen, werden Sie mit ihm zusammentreffen.« Das Blut wich langsam aus dem jungen Gesicht; es nahm ein krankes und blasses Aussehen an, als ob seine Lebenskraft dahinschwände.
    »Wer ist Ihr Vater?«
    »Wer weiß es?« Shaitans Stimme wurde schwächer. »Der Teufel vielleicht. Vielleicht ein Gott. Vielleicht der Gott der Götter. Er hat nicht seinesgleichen. Er braucht nichts, und er will nichts. Was er tut, tut er aus keinem Grund. Ohne Notwendigkeit läßt er kleine Menschen die Dunkelheit zurückdrängen. Ohne Notwendigkeit anerkennt er mich als seinen Sohn. Und nun läßt er die Dunkelheit ohne einen Grund wieder zurückrollen. Und ohne Grund hat er seine Hand von mir genommen, so daß geringe Kreaturen wie Sie mich verspotten und überwältigen können …«
    Die letzten Worte waren beinahe unhörbar.
    »Shaitan!« rief Rafe, und für einen Moment öffneten sich die geschlossenen Lider. »Ist er von einer anderen Welt? Ist er eine Art von Nichtmensch?«
    Shaitans Augen öffneten sich ganz. Er schmunzelte ein wenig, dann gluckste er. Schließlich lachte er laut auf.
    »Von einer anderen Welt?« sagte er mit kräftiger Stimme. »Nein! Nichts dergleichen. Er ist ein Kind dieser Erde, wie Sie und ich – ein Mensch, ein MENSCH!«
    Und er lachte, daß sein unförmiger Körper bebte.
    »Wie kann er ein Mensch sein?« rief Gabrielle. »Sie sagten, er sei ein Gott!« Er antwortete nicht, warf sich in seinen Thronsessel zurück und lachte noch mehr. »Was ist so komisch daran?« schrie Gabrielle.
    »Komisch?« Er bändigte seine Heiterkeit und blickte zu ihr herab, zu Rafe und zu Lukas. »Das Komische ist in dem Scherz, der mein Scherz ist. Und ich bin Shaitan – Vater oder nicht Vater, ich bin Shaitan, der Unsterbliche! Ich sagte Ihnen, daß ich Ihre Fragen beantworten würde. Und ich habe geantwortet.«
    »Sie haben geantwortet«, sagte Rafe grimmig.
    »Nicht wahr?« Shaitan schmunzelte. »Sie drohten Shaitan mit dem Wolf, und in seiner Todesangst sagte er Ihnen alles, wie?« Auf einmal richtete die massige Gestalt sich mit einem Beben der kolossalen Fettpolster auf. Lukas’ Knurren erhob sich zu einem Donnergrollen, und Shaitan stand über ihnen allen.
    »Dummköpfe!« brüllte die gewaltige Baßstimme. »Elende Dummköpfe! Hahaha! Geht hin – rennt in euer Verderben!«
    »Lukas!« sagte Rafe. »Nimm ihn!«
    Wie ein grauer Blitz schnellte der Wolf durch die Luft. Shaitans ausgestreckte Hände griffen einen

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