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Geschöpfe der Nacht

Geschöpfe der Nacht

Titel: Geschöpfe der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gordon R. Dickson
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Sie denken, ich hätte Ihren Freund Ab Leesing. Und ich habe ihn auch. Aber ich werde ihn nicht hergeben. Ich holte ihn mir, damit Sie zu mir kämen. Das wußten Sie nicht, was? Können Sie jetzt erraten, wer ich bin?«
    »Wollen Sie mir erzählen«, sagte Rafe, »daß Sie derjenige sind, der alle Schattengestalten und Schlafwandler kontrolliert?«
    »Ich kontrolliere die ganze Welt! Denn jetzt ist meine Zeit angebrochen. Die Zeit des Alten Mannes, der älter ist als die Welt. Die Zeit Shaitans – denn ich bin Shaitan.«
    Der Kindermund öffnete sich in einem vollkommenen Oval, als ob er singen wollte. Plötzlich kam eine dröhnende Baßstimme heraus, völlig erwachsen und männlich.
    »Ich bin Shaitan! Auf die Knie! Auf die Knie …«
    Mit dem ersten Wort hatte die Ausstrahlung wieder angefangen, und Rafe und Gabrielle fühlten sich auf die Knie gezwungen.
    Gleich darauf setzte die Sendung scheinbar grundlos aus. Sie standen zögernd auf.
    »Aber Sie müssen nicht denken, ich regierte allein mit Gewalt«, fuhr die Kinderstimme fort. Das Gesicht des kleinen Jungen lächelte schelmisch. »Meine Macht ist Liebe, die Liebe jener, die mich verehren. Und Sie beide müssen mich auch verehren, wissen Sie. Sie müssen mich lieben und verehren – halt, unterlassen Sie das!«
    Das Kindergesicht des selbsternannten Shaitan starrte Rafe zornig an.
    »Glauben Sie, ich merkte es nicht?« schrillte die hohe Stimme. »Ich weiß es, wenn Sie böse Gedanken über mich denken!«
    »Sie können die elektrischen Aktivitäten unserer Gehirne ablesen?« fragte Rafe.
    Shaitans Jungengesicht bekam einen schlauen Ausdruck. »Sie sind nicht dumm, Mr. Rafael Harald. Aber daß ich meine kleinen Spielzeuge gebrauche, bedeutet nicht, daß ich sie nötig habe. Was ich tun will, kann ich auch allein. Denn ich habe länger gelebt als die Welt und weiß mehr als alle anderen.«
    »Wozu dann überhaupt die Spielsachen?« sagte Rafe. »Wenn Sie es nicht nötig haben, die Leute mit drahtloser Energie zu kontrollieren …«
    »Sehr hübsch gedacht, Rafe Harald! Schlauer kleiner Mann, der soviel zu wissen glaubt, aber nicht versteht. Ich gebrauche sie, weil es mir gefällt. Ich habe es nicht nötig, kleinen Menschen wie Ihnen meine Gründe zu erklären. Kleinen Menschen, die ein paar Lichter angezündet haben und sich jetzt einreden, es habe nie eine Dunkelheit gegeben – diese Dunkelheit sei nur Aberglaube. Bloß gab es die Dunkelheit wirklich. Und nun, da endlich meine Zeit gekommen ist, ist auch die Dunkelheit wieder hervorgekommen und beansprucht die Welt der kleinen Menschen. Ich habe Sie vom Mond hierher gerufen, Rafe Harald, weil ich dachte, ich könnte Sie gebrauchen. Aber vielleicht hat es keinen Zweck. Vielleicht sind Sie einer von diesen kleinen Männern, die nicht lernen können. Doch will ich Ihnen noch eine Chance geben, weil ich schon soviel Mühe für Sie aufgewendet habe. Sie glauben nicht an Shaitan? Sehen Sie Ihre Begleiterin an und bedenken Sie dabei, daß die Sendeenergie ausgeschaltet ist.«
    Rafe wandte sich zu Gabrielle und spannte unwillkürlich seine Muskeln. Sie stand unbeweglich und ein wenig zitternd, und ihr Blick war starr auf Shaitans Kindergesicht gerichtet. Ein Ausdruck von ungläubigem Staunen war in ihren Zügen.
    »Gabrielle«, sagte das Monstrum auf dem Thron, und der riesige schwammige Körper regte sich, kam auf die Füße und beugte sich vorwärts. Der Kinderkopf lächelte schlau und boshaft zu ihr herab. »Gabrielle – Sie lieben mich, nicht wahr? Sie lieben und verehren mich, ja? Knien Sie vor mir nieder, Gabrielle …«
    Langsam und ohne eine Veränderung ihres Ausdrucks kniete sie nieder und hob ihre Arme wie in Sehnsucht zu Shaitan auf. Rafes Nacken prickelte. Der Raum um sie her schien etwas dunkler geworden zu sein, bis auf die Plattform, auf der Shaitan stand. Nicht daß die Lichter schwächer geworden wären; die Luft schien irgendwie eine dichtere Substanz geworden zu sein. Irgendwo war ein Summen wie die monotone Selbstunterhaltung eines Geisteskranken, der in einem kahlen Raum auf einer weißgestrichenen Anstaltsbank sein Leben zu Ende schaukelt. Ein Geruch wie von verbranntem Fleisch und angesengten Federn erfüllte Rafes Nase, und sein Körper war schwer wie ein Stück vom Erdkern.
    Und im ganzen Raum gab es keine irgendwie geartete Energieausstrahlung, die er fühlen konnte.
    Vernunftlose, animalische Angst erwachte in ihm. Er suchte sich in seine untere Bewußtseinsebene zu retten, um der

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