Gesetz der Rache: Roman (Artikel 5, Band 2) (German Edition)
mir, während Wallace nur Zentimeter vor mir verharrte. Ich legte ihm die Hände auf die Brust und schob ihn einfach weg.
»Wir müssen hier raus«, zischte ich Wallace zu, jeder Muskel gespannt und bereit zur Selbstverteidigung. »Er ist nicht allein gekommen!«
»Er ist allein«, widersprach Wallace.
»Man hat mich rausgeworfen«, verkündete Tucker. »Deinetwegen.« Seine Stimme klang rauer als bei unserer letzten Begegnung, jagte mir aber immer noch eine scheußliche Angst ein. Ein hasserfüllter Blick aus grünen Augen begegnete dem meinen.
»Hey, jetzt mal ganz ruhig«, sagte Sean, rieb sich das Kinn und verzog das Gesicht, während er seinen neuen Rekruten musterte.
Wallace legte mir eine Hand auf die bebende Schulter und drückte sie hinab wie eine sich langsam zusammenziehende Schraubzwinge, ehe er sich zu Tucker umdrehte und in autoritärem Ton sagte:
»Wir gehen hier höflich miteinander um oder gar nicht.«
Tucker setzte eine verächtliche Miene auf und starrte die Wand neben sich an, als fürchtete er, er müsse verbrennen, wenn er mich auch nur eine Sekunde länger anschaute. Die Spannung in der Luft war greifbar.
»Ich weiß nicht, was er euch erzählt hat«, erklärte ich mit vor Adrenalin zitternder Stimme, »aber er lügt. Das tut er immer. Er ist hier, um uns fertigzumachen.«
»Sei nicht so theatralisch«, sagte Tucker mit ausdrucksloser Miene und schmutzigem Gesicht. »Mir hast du besser gefallen, als du dachtest, du würdest sterben.« Nun drehte er sich zu Sean um, der inzwischen zu meiner Verteidigung regelrecht knurrte. »Wenn sie und Jennings hier sind, dann vergesst es. Ich bin raus.«
Meine Nerven knisterten wie das ungeschützte Ende einer Hochspannungsleitung. Auf dem Flur fanden sich immer mehr Schaulustige ein, aber ich konnte den Blick nicht von Tucker wenden. Ich musste ihn im Auge behalten und auf alles vorbereitet sein.
»Beruhigt euch«, ließ sich Wallace laut und deutlich vernehmen. Ich wollte mich losreißen, aber sein Griff um meinen Bizeps blieb fest. »Wir wussten, dass er zu uns kommt, wisst ihr noch? Der Rekrut aus der Knoxville-Basis. Billy hat seine Entlassungspapiere im Zentralrechner gefunden, nachdem er letzte Woche Kontakt zu Sean hergestellt hat.«
Ich verlagerte meinen Körperschwerpunkt, bereit, zuzuschlagen, zu treten, zu beißen, was immer notwendig war, sollte Tucker mich angreifen.
»Wir brauchen ihn, Miller. Um in die Basis zu kommen. Er hat Informationen, die sonst niemand hat. Und wir haben dich. Du kannst seine Angaben bestätigen. Das muss einfach funktionieren.«
Ich brauchte eine Sekunde, bis ich begriffen hatte, was er mir da gesagt hatte. Er wollte, dass Chase ging, ich aber blieb. Zusammen mit Tucker Morris.
»Dann muss es ohne mich funktionieren«, entgegnete ich.
»Sei nicht dumm«, tadelte Riggins mit grimmiger Miene. »Du weißt, wie es da draußen zugeht. Du wirst in Verbindung mit den Heckenschützenmorden gesucht.« Er hörte sich ehrlich besorgt an.
»Ich werde nur gesucht, weil er mich verraten hat«, begehrte ich erneut auf, und mein Kopf ruckte zu Tucker herum.
»Das«, konterte Tucker, »stimmt eigentlich nicht .«
»Als würde ich dir glauben!«
»Ich habe beinahe alles zu verantworten, was sie mir vorwirft«, erklärte Tucker nun für alle. »Aber das nicht. Sie haben mich festgenommen, ehe ich es zurück in mein Büro geschafft habe. Du erinnerst dich doch an Delilah, nicht wahr, Ember? Das solltest du. Du hast sie gefesselt und in einer Zelle eingeschlossen.«
Vor mir sah ich ein Bild einer älteren Frau mit weißem Haar und glasigen blauen Augen.
»Hast du die auch umgebracht?«, fragte ich. »Du hast gesagt, du würdest es tun, sollte sie je irgendjemandem etwas erzählen.«
»Das habe ich nie gesagt.« Er blickte zu Boden, und er sah unbestreitbar niedergeschlagen aus. In Gedanken ermahnte ich mich, dass das alles nur Teil seines Plans war, uns hinters Licht zu führen.
»Die Wachen haben sie während ihrer Runde entdeckt. Zu deinem Glück hat sie sich geweigert zu reden, aber als ich zurückkam, hat schon eine ganze Einheit darauf gewartet, mich zu befragen. Ich habe gesagt, du wärest tot, abgeschlossen , genau wie Jennings.« Nun setzte er eine mürrische Miene auf. »Die Torwache war anderer Meinung.«
Die Torwache auf der Rückseite der Anlage hatte mich hinausgelassen, damit ich die Leiche – Chase’ Leiche – zum Krematorium bringen konnte, so, wie ich es Tage zuvor auch schon getan hatte. Der
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