Gesetz der Rache: Roman (Artikel 5, Band 2) (German Edition)
Kragen, als er mich am Boden festhielt.
Chaos. Geschrei. Hastige Schritte hallten in meinen Ohren nach.
»Chase!«, schrie ich.
Ich befreite mich von Sean, schob mich an Riggins vorbei. Tucker hatte sich in den Vorratsraum zurückgezogen, und für einen kurzen Moment geriet ich in Panik, als mir bewusst wurde, dass er dort Zugriff auf mehr als nur eine Waffe hatte. Aber zuerst musste ich Chase finden. Alles andere war zweitrangig.
Ich konnte ihn kaum sehen. Er war unter mindestens vier anderen Männern verborgen. Einer davon war Houston, und der schlug Chase’ Unterarm immer wieder auf den Boden, um ihn dazu zu zwingen, die Waffe loszulassen.
»Aufhören!« Ich sprang auf Houstons Rücken, worauf der sich aufbäumte und mich gegen die Wand donnerte. Der Aufprall trieb mir die Luft aus den Lungen, was ich mit einem Grunzen quittierte. Aber ich ließ nicht los. Ich hielt mich hartnäckig an seinem Hals fest.
Hände umfassten meine Taille, zogen mich herunter, zwangen mich mit einem fest auf den Rücken gepressten Arm zum Aufgeben.
»Aufhören!«, befahl Sean. »Ich will dir nicht wehtun, verstanden?«
»Dann lass los!«
Er ließ meinen Arm los, drückte mich aber an sich, und ich zappelte so lange, bis er meine um sich tretenden Beine mit den Knien festklemmte.
»Ember!«, hörte ich Chase brüllen.
»Ich bin hier!«
» DAS REICHT !«, donnerte Wallace.
Houston und Lincoln zerrten Chase auf die Füße, und ich musterte hastig seinen Körper, um mich zu vergewissern, dass er nicht schlimm verletzt war. Sie richteten ihre Waffen auf ihn. Als ginge die Gefahr von ihm aus.
Nun roch ich es. Pulverdampf. Genau wie in dem Haus an der Rudy Lane. Wo war die Kugel eingeschlagen? Irgendwo im Boden. All meine Muskeln spannten sich bis zum Zerreißen wie ausgefranster Zwirn.
»Du und dein verdammter Hitzkopf!«, brüllte Wallace. »Du hattest es, Jennings. Du hattest es, und du hast es weggeworfen. Verdammt .« Er hatte sich direkt vor Chase aufgebaut, und plötzlich war mir, als sähe ich einen Militärausbilder vor mir, der seine Soldaten anschrie.
Chase spuckte einen Mundvoll Blut auf den bordeauxroten Teppich. Rote Flecken waren auf seinen weißen Zähnen, und aus irgendeinem Grund ängstigte mich das mehr als alles andere.
»Tucker und ich haben was zu klären«, sagte Chase.
»Nein, hier nicht«, gab Wallace wütend zurück. »Du bist hierhergekommen, in diese Familie, und du ziehst die Waffe vor einem deiner Brüder? Du bist raus , Jennings. Hol deine Sachen und geh mir aus den Augen.«
Stille.
» Was ? Halt mal«, ließ sich Sean als Erster vernehmen. Für einen Moment lockerte sich sein Griff, und in diesem Augenblick huschte ich davon und baute mich vor Chase auf, blockte Wallace’ Worte durch meinen Körper ab.
»Du willst eine Gang, dann such dir eine«, beschied Wallace Chase in scharfem Ton über meinen Kopf hinweg. »Es gibt genug davon, gleich dort draußen. Dann kannst du schießen, auf wen du willst.«
»Ich will nicht auf irgendjemanden schießen«, entgegnete Chase.
»Es gibt einen Grund dafür«, meldete sich Billy mit unsicherer Stimme zu Wort. »Es gibt einen Grund, nicht wahr, Chase?«
Chase antwortete nicht.
»Es gibt weit mehr als nur einen.«
Die Leute wichen zur Seite, und Tucker kam zum Vorschein, eine Hand in der Tasche, während der eingegipste Arm reglos herabhing. Sofort suchte ich nach Waffen. Sehen konnte ich keine, aber das hieß nicht, dass nicht in seinem Rücken eine im Hosenbund steckte.
»Aber einer ist besonders wichtig, schätze ich«, ergänzte er.
»Möchtest du das vielleicht näher ausführen?«, forderte Chase ihn heraus.
»Eigentlich nicht«, sagte er und ließ den Kopf hängen, als würde er sich schämen. Als wäre er fähig zu solch einem menschlichen Gefühl. »Aber für die Akten, sie hat mich geküsst.«
Der Schock haute mich beinahe um.
»Du …« , fing ich an, bereit, mich erneut auf ihn zu stürzen. Ihm die Augen auszukratzen und ihn mit bloßen Händen zu erwürgen. Der redete, als wöge die Ermordung meiner Mutter gerade so schwer wie ein unaufrichtiger Kuss. Als könnte jeder dieser Vorfälle gleichermaßen der Grund dafür sein, dass Chase ihn umbringen wollen könnte.
»Nicht«, flüsterte Chase mir zu. In mir brach etwas, irgendwo unter der harten Oberfläche meines Zorns. Dieser Kuss war ein Geheimnis, das ich mit ins Grab hätte nehmen wollen.
Ich richtete mich so hoch auf wie nur möglich, fühlte Chase warm und schützend hinter
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