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Gesetz der Rache: Roman (Artikel 5, Band 2) (German Edition)

Gesetz der Rache: Roman (Artikel 5, Band 2) (German Edition)

Titel: Gesetz der Rache: Roman (Artikel 5, Band 2) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristen Simmons
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Arme um den Leib. »Das ist so traurig.«
    »Es ist nur ein Haus«, sagte er, den Blick stur auf das Wohnzimmerfenster gerichtet, aber ich erkannte den tonlosen Klang seiner Stimme. So sprach er nur, wenn er seine eigenen Gefühle herunterschluckte.
    »Wir können dein Haus von meinem Zimmer aus beobachten, aber wir gehen nicht rüber, ehe wir sicher sind, dass die da drin niemanden postiert haben«, verkündete er.
    Mir gefiel das nicht; ich wollte nachsehen, ob sie dort war, und falls nicht, wollte ich das Haus nach Hinweisen durchsuchen. Ich wollte auf meinem Bett sitzen, mich in meine Decke kuscheln, meine Bücher berühren. Ich wollte meine Klamotten, einen BH , der endlich mal wirklich passte, und eine Jeans, die mir gehörte. Aber Chase hatte recht. Nichts von alldem würde ich bekommen, sollten wir in einen Hinterhalt stolpern.
    Ich folgte ihm den leeren Gang hinunter. Sogar in der Dunkelheit konnte ich vage die helleren Stellen an der Wand erkennen, an denen einst Bilder gehangen hatten. Sein Zimmer war das erste auf der linken Seite. In der Sekunde, in der wir eintraten, krampfte sich mein Magen zusammen. Da waren keine Vorhänge oder Rollos, die mein Zimmer hätten verbergen können, das gerade ein paar Meter von seinem Fenster entfernt war.
    Es war dunkel in meinem Haus.
    Enttäuschung breitete sich schmerzhaft in mir aus. Vielleicht war das Haus zu einem Checkpoint umfunktioniert und dann aufgegeben worden, nachdem die MM mich beschuldigt hatte, der Heckenschütze zu sein. Sollte das passiert sein, konnte niemand sagen, wo die Bewohner geblieben waren. Möglicherweise in einem anderen Viertel. Einer anderen Stadt. Oder im Gefängnis. Meine Hände krampften sich in den Stoff meines Rocks.
    Chase kauerte sich neben den Fenstersims, sodass er, sollte sich dort etwas regen, auch die Straße im Auge behalten konnte.
    »Lass uns nachsehen gehen«, flüsterte ich.
    Er dachte darüber nach, schüttelte aber den Kopf. »Wir warten. Falls jemand dort ist, wird er irgendwann seine Runde machen müssen.«
    Es hatte keinen Zweck, mit ihm zu streiten.
    Die Minuten zogen dahin. Während ich aus dem Fenster starrte, wischte er Spinnweben fort. Mit einem Gefühl des Bedauerns erinnerte ich mich, wie dieser Raum während unserer Kindheit ausgesehen hatte. Klamotten überall auf dem Boden. Leere Coladosen unter dem Bett. Ein Glas auf der Kommode, in dem er jegliches Ungeziefer sammelte, das er an seiner Mutter vorbeischmuggeln konnte. Ein echter Bengel.
    Knirsch! Automatisch fiel ich auf die Knie, aber es war nur Chase, der ein Bodenbrett in einer Ecke seines Schranks unter einem losen Stück Teppich angehoben hatte.
    »Was machst du da?«
    Er leuchtete mit der Taschenlampe eine kleine Holzkiste an, etwa halb so groß wie ein Schuhkarton. Als er auf sie blies, wirbelte Staub auf und breitete sich im Raum aus.
    »Ich habe ein paar Dinge hier zurückgelassen, als ich eingezogen wurde«, berichtete er.
    Ein Auge auf dem dunklen Fenster, sah ich ihm zu, als er den quietschenden Deckel öffnete und mit einem Finger im Inneren herumwühlte. Bald zog er ein Schulfoto eines hübschen Mädchens mit dunklem Teint und rabenschwarzem, kinnlangem Haar hervor. Rachel, seine Schwester, als sie in der Highschool gewesen war. Neugierig geworden, setzte ich mich neben ihm auf den Boden, lauschte aber immer noch in Richtung Fenster. Plötzlich hatte ich ein Déjà-vu. Wir hatten schon einmal mit einer Taschenlampe über einem vergrabenen Schatz gehockt und gehofft, nicht erwischt zu werden.
    Er wühlte sich durch vierzig Dollar Bargeld, ein verbeultes Matchboxauto, ein paar Baseballkarten von Mannschaften aus der Zeit vor dem Krieg und ein Hochzeitsfoto seiner Eltern, das in der Mitte geknickt war. Die weiße Knicklinie war so tief, dass das Foto beinahe in zwei Hälften zerfiel.
    Etwas rebellierte in meinem Bauch. Ich dachte an die Briefe, die ich geschrieben hatte, die, die er so lange in unserem Rucksack verwahrt hatte. Er besaß nicht viel, aber diese kleine Sammlung von Erinnerungen war ihm eine Stütze. Es war berührend, dass so wenig ihm so viel bedeuten konnte.
    Welche Andenken waren mir an mein Zuhause geblieben? An meine Mutter? An Beth, die nur wenige Blocks entfernt in ihrem Bett lag und schlief? Alles, was ich hatte, war eine alberne Kette, die mich angeblich behüten sollte. Und die gehörte nicht einmal mir. Plötzlich kam mir Chase trotz all seiner Verluste unfassbar reich vor.
    Er kippte die Kiste zur Seite, und etwas

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