Gesetze der Lust
langweilen, aber sie ist mit dem Arrangement ziemlich zufrieden, soviel kann ich dir verraten. Magst du mir im Gegenzug erklären, was du in Eleanors Haus zu suchen hast?“
Wesley antwortete erst einmal nicht. Er wandte Søren den Rücken zu und überlegte, wie viel er ihm erzählen sollte.
„Ist sie nicht“, sagte er schließlich.
„Wie bitte?“
„Sie ist nicht zufrieden. Das glaube ich nicht, und irgendetwas sagt mir, dass Sie es auch nicht glauben.“
„Du hast meine Frage nicht beantwortet. Was tust du hier?“
„Ich wohne hier.“ Wesley zog sein Schlüsselbund aus derTasche. „Ich habe immer noch einen Schlüssel. Schließlich war das Noras und mein Zuhause. Und was tun Sie hier?“
„Als Nora wegging, hat Kingsley die Alarmanlage scharfgeschaltet. Ein stummer Alarm. Du hast ihn bei deinem Eintreten ausgelöst. Ich war gerade in der Nähe und wollte nachschauen, was hier los ist.“
Wesley wurde ein wenig übel.
„Das hier ist eine ruhige Gegend, und Nora ist noch nicht einmal zu Hause. Warum braucht sie dann eine Alarmanlage?“
Søren antwortete nicht, und das Schweigen machte Wesley mehr Angst als alle möglichen Erklärungen.
„Es passieren Dinge“, sagte Søren schließlich.
Wesley lachte spöttisch auf.
„Ach so! Dann ist ja alles klar. Danke, Father Stearns.“
„Ihre Akte ist aus Kingsleys Büro gestohlen worden. Darin steht alles, was es über sie zu wissen gibt. Wir haben keine Ahnung, wer sie geklaut hat. Wir wissen nicht, warum jemand ein solches Risiko eingehen sollte.“
Wesleys Wut verwandelte sich in Sorge.
„Ihr Arschlöcher! Sie und Kingsley, alle beide. Wenn Sie sie nicht beschützen können, kriegen Sie es mit mir zu tun. Und ich weiß, dass Ihnen das keine Angst macht, aber das kann ich ändern, wenn es sein muss. Jetzt werde ich besser gehen. Ich muss Nora suchen und mich vergewissern, dass es ihr gut geht.“ Wesley ging entschlossen zur Tür. Er wusste, dass er sich an Søren vorbeidrängen musste, um rauszukommen. In seiner momentanen Stimmung freute er sich fast darauf. „Irgendjemand muss es ja tun, und Sie haben offensichtlich keinerlei Interesse daran.“
Wesley zielte auf die Lücke zwischen Sørens Körper und dem Türrahmen, die gerade breit genug für ihn war, um hindurchzuschlüpfen. Doch plötzlich schoss Sørens Arm vor und versperrte ihm den Weg.
Die Angst durchzuckte Wesley wie ein eisiger Blitz, als Søren ihm einen eiskalten Blick zuwarf.
„Wesley …“ Søren sprach den Namen bedrohlich langsamaus. „Ich sagte, ich will nicht, dass wir Feinde sind. Zu deinem eigenen Besten schlage ich dir vor, dir mir gegenüber einen anderen Ton anzugewöhnen.“
Wesley konnte ihm nicht in die Augen sehen, wollte es nicht. Er starrte an Søren vorbei in den Flur. Da draußen konnte er die geisterhafte Silhouette von Nora sehen, die in ihrem Pinguin-Pyjama den Flur hinuntertapste, die nassen Haare zu einem Knoten hochgesteckt, in der Hand einen Becher Kakao. Seine Nora … seine beste Freundin … die Frau, für die er alles gegeben hätte. Einmal hatte er ihr jeden Penny, den er besaß, angeboten, doch sie hatte abgelehnt. Vielleicht würde er das noch einmal tun und ihr dieses Mal sagen, wie viele Millionen Pennies er genau hatte. Und dann gäbe es bis zum Lebensende nur noch sie und ihn und Kakao und Pinguin-Pyjamas und Schiffe versenken und dumme Witze über Druiden.
„Ich liebe sie“, flüsterte Wesley. „Ich liebe sie mehr als mein Leben, und Sie …“ Endlich schaffte er es, Søren in die Augen zu schauen, „Sie tun ihr weh.“
Søren nickte.
„Das tue ich.“
„Sie schlagen Nora und machen Sachen mit ihr, bei denen sich mir der Magen umdreht.“
„Ich weiß, Wesley.“ Søren sprach die Worte mit so viel Mitgefühl, dass Wesleys Kehle ganz eng wurde.
Er trat einen Schritt zurück.
„Was? Wollen Sie sich gar nicht verteidigen? Es rechtfertigen? Mir erzählen, dass Nora es so will?“
Søren schüttelte den Kopf. „Natürlich nicht. Das muss ich nicht. Du weißt so gut wie ich, dass sie gerne mit mir zusammen ist – dass sie das, was ich ihr gebe, liebt. Mehr noch, sie braucht es.“
Wesley richtete sich zu seiner vollen Größe von eins zweiundachtzig auf und wirkte neben Søren trotzdem noch wie ein Zwerg. Aber was ihm an Größe fehlte, machte er mit Jugend und Wut wieder wett.
„Sie braucht es? Sie braucht es überhaupt nicht, geschlagen zu werden. Niemand braucht das. Sie haben sie darauf abgerichtet, haben ihr eine
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