Gesetze der Lust
Kindermädchen im Haus meines Vaters an. Seine Frau hatte gerade eine Tochter zur Welt gebracht.“
„Ihre Schwester Elizabeth, richtig?“
„Ja. Die Frau meines Vaters hatte eine schwierige Schwangerschaft und eine schwierige Geburt. Nach Elizabeth konnte sie keine Kinder mehr bekommen. Während sie sich von den Strapazen erholte, wurde meine Mutter für Elizabeth zur Ersatzmutter.“
„Und hat dabei die Aufmerksamkeit Ihres Vaters erregt?“ Suzanne lächelte. Sie ahnte, worauf das hinauslief.
„Unglücklicherweise ja.“ Father Stearns verzog keine Miene.
Suzannes Lächeln erstarb, als ihr die Bedeutung des kleinen Wörtchens unglücklicherweise bewusst wurde.
„Oh mein Gott“, flüsterte sie.
„Mein Vater war ein Monster. Ich benutze dieses Wort nicht leichtsinnig. Seine Wut über die Unfähigkeit seiner Frau, ihm weitere Kinder zu schenken … er hat sie an meiner Mutter ausgelassen. Er hat sie wiederholt vergewaltigt, bis sie endlich schwanger wurde. Sie lebte als Geisel bei ihm, da er drohte, Elizabeth etwas anzutun, sollte sie jemals jemandem davon erzählen oder gar davonlaufen.“
Suzanne schlug sich die Hand vor den Mund.
„Ich wurde zehn Monate, nachdem sie bei meinem Vater eingezogen war, geboren. Der Arzt, der mich zur Welt brachte, erzählte mir Jahre später, dass er so etwas noch nie gesehen hätte. Eine junge Frau, die die Qualen der Geburt vollkommen stumm ertrug. Sie wollte nicht schreien. Das hätte meinem Vater zu gut gefallen.“
„Er war ein Sadist?“
Father Stearns nickte.
„Ich bin kurz nach Mitternacht am 21. Dezember geboren worden. Sie hat mich Søren genannt, nach ihrem Großvater. Der Arzt schrieb diesen Namen in die originale Geburtsurkunde, die er vor meinem Vater versteckte. Die offizielle Geburtsurkundelautete auf den Namen Marcus Lennox Stearns. Marcus war der Name meines Vaters. Deshalb ziehe ich es vor, nicht so genannt zu werden.“
Susanne sagte eine ganze Weile nichts.
„Der 21. Dezember“, wiederholte sie dann. „Die längste Nacht des Jahres.“
„Es war die längste Nacht im Leben meiner Mutter, wie sie mir einmal gestand. Obwohl ich das Resultat einer Vergewaltigung war, liebte sie mich. Sie blieb in dem Haus ihres Peinigers, um sich um mich zu kümmern. Mein Vater wollte mich als sein Kind aufziehen, als Sohn von ihm und seiner Frau. Er würde vielleicht keinen weiteren Sohn mehr bekommen, der den Familiennamen und den Reichtum erben könnte. Als er mich für alt genug befand, schickte er mich nach England in ein Internat. Meine Mutter kehrte nach Dänemark zurück und versuchte jahrelang, mich zu finden. Mein Vater hatte zu dem Zeitpunkt eine Menge Geld und Macht. Sie hat nie jemandem von seinen Gräueltaten erzählt.“
Suzanne stand auf und ging zum Kamin.
„Mein Bruder Adam“, fing sie an und nahm einen tiefen Atemzug. „Er liebte die Kirche. Mit zehn Jahren wurde er Messdiener … da hatte er sich bereits entschieden, Priester werden zu wollen.“
Sie drehte sich um und schaute Father Stearns in die Augen. Er sagte nichts und bedeutete ihr nur fortzufahren.
„Wir fanden es erst heraus, nachdem er sich mit achtundzwanzig Jahren erschossen hatte – im Abschiedsbrief stand, dass er von unserem Priester vergewaltigt worden war. Wiederholt und über mehrere Jahre. ‚Die katholische Kirche hat so eine Menge Geld und Macht‘ …“, zitierte sie Father Stearns. „Er hat es auch nie jemandem erzählt.“
Father Stearns kam zu ihr. Er legte seine Hand an ihre Wange, und sie sah, wie eine ihrer Tränen über seine Finger rann.
„Weil es Selbstmord war, hat die Kirche ihm ein katholisches Begräbnis verweigert. Verfluchte katholische Kirche.“ Sieschluckte den Kloß in ihrer Kehle hinunter, der sich mehr wie ein Stein anfühlte.
„Suzanne, es tut mir so leid.“ Father Stearns streichelte ihre Wange mit dem Daumen.
„Sie haben mich gerade Suzanne genannt, nicht Ms Kanter.“
Er lächelte.
„Das habe ich.“
„Wie soll ich Sie dann nennen?“
„Die Kinder in der Gemeinde nennen mich seit Jahren Father S. Ich nehme an, das ist weniger einschüchternd als Father Stearns. Diejenigen, die mir wirklich nahestehen, nennen mich Søren.“
„Ich würde dich gerne kennenlernen … Søren.“
„Du fängst gerade damit an.“ Er nahm seine Hand herunter und setzte sich wieder in seinen Sessel.
„Darf ich fragen, wie Nora Sutherlin dich nennt?“ Sie setzte sich ebenfalls wieder, zog die Beine an und schaute ihn über ihre Knie
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