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Gesichter im Nebel (German Edition)

Gesichter im Nebel (German Edition)

Titel: Gesichter im Nebel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Feyerabend
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gequält, dann meinte er halbherzig: „Weißt du, ich stelle mir gerade vor, all die Schwüre sind noch hier in diesem Stein und ich könnte sie wie eine fremde Kraft fühlen.“
    „Eine hübsche Vorstellung“, lachte sie, „ja, in der Tat, die Kelten haben so was vielleicht geglaubt. Aber du hast recht, irgendwie kommt mir dieser alte Felsblock jetzt fast unheimlich vor. Komm’, lass uns gehen. Wir wollen die Geister nicht stören.“
    Sichtlich erleichtert machte er sich mit ihr auf den Weg hangabwärts.
    „Also eins glaube ich bestimmt, die dunklen Schatten einer Tat, sie bleiben in den Häusern oder an den Orten wie ein böses Omen haften und es ist nicht gut, in so einem Gebäude zu wohnen. Man muss dann immer daran denken und schon das alleine übt einen unguten Einfluss aus. Es vergiftet die Gedanken“, meinte er plötzlich, als sie schon fast wieder in der Nähe der nächsten Behausung waren.
    „Da ist sicher was dran“, erwiderte sie ernsthaft und er merkte, dass sie ihn keineswegs wegen seiner Äußerung belächelte. Mildred hätte das sicher getan.
    Ihm wurde mit einem Mal wieder ganz warm ums Herz. Ach ja, Brighid, sie war schon ein Traum, aber eben Welten entfernt von seinem bescheidenen Dasein. Ja, wenn er den Schatz heben könnte, dann sähe das schon anders aus, verdammt noch eins! Aber daran war vorerst nicht zu denken. Die Furcht vor den Folgen des darauf lastenden Fluchs war zu groß, größer jedenfalls als der Wunsch, endlich reich zu sein.
    Erst jetzt realisierte er so richtig, dass er, aus welchen Umständen auch immer, auf jenem Grund und Boden wohnte, den Schwerthand gekauft hatte und auf dem die unglückliche Daira O’Shea ermordet worden war. Der Mann aus den Träumen seines Vorfahren musste also dem Galgen entkommen sein. Vielleicht hatte ihn die Habgier zurück auf die Insel getrieben und ließ ihn ergebnislos nach dem vergrabenen Schatz suchen. Und – nein, das durfte nicht wahr sein – er selbst war dann vermutlich sogar ein Nachkomme dieses Piraten, des ehemaligen Steuermannes und Vertrauten von Schwerthand! Dann allerdings war es auch kein Zufall, dass die ruhelosen Seelen um ihn waren und ihn die alte Schrift finden ließen.
    „Hast du heute Abend was vor?“, fragte seine Begleiterin und riss ihn aus diesen unerfreulichen Gedanken. „Ich würde dich gerne auf ein Pint zu ‚Cotter’s’ einladen, du bist ja schließlich mein Retter und das ist das Mindeste, was ich tun kann. Außerdem danke ich dir ganz herzlich für deine Führung heute. Immerhin hast du dafür eine Menge Zeit geopfert.“
    „Au“, erwiderte er sichtlich erfreut und gleichzeitig enttäuscht, „heute Abend geht das nicht. Wir haben eine wichtige Versammlung. Aber morgen vielleicht?“
    „Gut, abgemacht, morgen Abend, wenn es dämmert. Ich bringe meine Freunde mit. Ich habe jetzt Angst, abends alleine draußen zu sein.“
    „Ja, das verstehe ich gut. Man weiß nie, wozu dieser französische Spitzbube noch fähig ist! Wir hätten ihn doch besser wegschaffen sollen!“
     
    In einer Bodensenke duckten sich derweil die Töchter des Ledermachers hinter einen Strauch, damit sie nicht entdeckt wurden. Neugierig, wie sie nun einmal waren, waren sie den beiden nachgeschlichen.
    „Hast du es auch gesehen?“, wisperte Caroline ihrer Schwester Riona zu.
    „Ja, die Geister tanzten um uns’ Brighid herum. Nun glaube ich erst recht, dass sie aus dem Meer kommt. Die gehört zu ihnen, ganz klar ist das so!“, antwortete die Kleine im Flüsterton.
    „Und auf dem Stein hockte eine böse Frau mit rotem Haar und lachte, ich glaube, das war eine Hexerin!“
    „Komm’, wir hauen lieber ab, vielleicht werden die Geister sonst böse!“
    „Das ist wirklich gruselig! Ich habe diese Hexe noch nie hier gesehen.“
    Dann rannten auch die Rangen mit fliegenden Zöpfen hangabwärts.
     
    Die beiden Spaziergänger erreichten jetzt das Haus des Ledermannes. Sie hörten schon von draußen das Hämmern von Neil bei seinen Punzarbeiten. Cathleen klapperte mit Tellern und Geschirr. Sie bereitete das Mittagsmahl zu. Es sollte Kohlsuppe mit Kümmel geben, über dem Feuer hat sie in einem kleinen Kessel nach alter irischer Art bereits frisches Brot gebacken. Die leckeren Duftschwaden des knusprigen Laibes drangen bis nach draußen. Paddy lief schon das Wasser im Mund zusammen.
    „Au fein“, rief sie beim Eintreten der beiden überraschenden Besucher, „dann könnt ihr gleich was mitessen. Wo fünf satt werden, ist auch noch

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