Gesichter im Nebel (German Edition)
rein und dieser Bursche wird auch bestimmt nicht wiederkommen, es sei denn, er ist lebensmüde!“
Und an den Hausherrn gewandt, fuhr er fort. „Ich glaube, Neil, du solltest dir endlich mal einen Hund zulegen. Der hätte bestimmt gebellt oder geknurrt und uns gewarnt. Ich hoffe nur, wenn es ein Lauscher war, dass er nichts Wesentliches von unseren Plänen mitbekommen hat.“
„Du hast recht. Bisher habe ich das nicht für nötig gehalten. Wer sollte auch auf dieser einsamen Insel nachts um die Häuser schleichen? Aber ich sehe ja jetzt, dass mit den fremden Besuchern auch solche Gefahren auftauchen. Ja, es ist besser, einen Wachhund zu haben. Vielleicht kann mir Nathaniel einen seiner Welpen abtreten. Das wäre auch gut für die Kinder. Dann haben sie ihr Puppy und können das kleine Fellknäuel umsorgen und erziehen.“
„Einer meiner Jungs bringt dir morgen einen aus dem letzten Wurf vorbei. Die sind jetzt soweit, dass sie von der Mutter weg können“, brummelte der alte O’Driscoll, „das ist kein Problem. Aber verzärtelt ihn nicht, wenn es ein guter Wächter werden soll. Den kriegst du natürlich geschenkt, das ist keine Frage. Dafür kannst du mir mal bei Gelegenheit einen anderen Stein in den Garten werfen.“
„Ich danke dir. Wenn er noch keinen Namen hat, will ich ihn ‚Admiral’ nennen, dann haben wir wenigstens auch einen auf Cape Clear.“
Trotz dieses witzigen Vorschlags war die Stimmung dahin. Jeder versank in Gedanken. Und Xirian wurde den Verdacht nicht los, dass er mit seinem siebten Sinn wirklich die Anwesenheit dieses vermaledeiten Franzosen gefühlt hatte. Es schien ihm wie ein dunkler Schatten, der sich über sein Gemüt legte.
Oder waren es nur die unbekannten Luftwesen, die ihn vielleicht narrten? Ganz sicher war er sich nicht. Dennoch, bislang hatten ihn seine Ahnungen und fast übersinnlichen Wahrnehmungen nie getrogen. Warum sollte es diesmal anders sein?
Doch er hatte recht. Und wie recht er hatte!
Jean-Pierre trieb sich nach seinen Studien der Vögel an den Klippen den ganzen Abend auf den Hügeln herum, als er plötzlich seinen Erzfeind Paddy aus dem Haus kommen sah.
Im äußersten Westen Europas wurde es viel später Nacht als auf dem Kontinent. Und so hatte der Franzose noch genügend Sicht, während er sich schnell hinter einem Ginsterbusch verbarg und aus diesem Sichtschutz den weiteren Verlauf der Dinge abwartete.
Der so heimlich beobachtete Fischer stand eine Weile auf der Straße, ging ein paar Schritte hin und her und schien auf irgendetwas zu warten. Dann tauchte plötzlich schemenhaft die Gestalt von Prawn auf. Die beiden Männer nickten sich wortlos zu und machten sich dann zusammen auf den Weg in Richtung Osten. Wenig später sah Jean-Pierre noch jemanden denselben Weg einschlagen.
Neugierig folgte er den Insulanern durch die inzwischen hereingebrochene Dunkelheit und beobachtete, wie sie alle im Haus von Neil verschwanden. Auch dieser blinde Mann war unter den nächtlichen Besuchern, die da nach und nach eintrudelten. Irgendwie roch das nach einem geheimen Treffen. Wer sonst schlich zu so später Stunde noch durch die Gegend? Nein, das musste einen triftigen Grund haben. Und den wollte der heimliche Späher herausfinden.
Vorsichtig pirschte er sich immer näher, schwang sich hinter dem Haus über einen kleinen Zaun und legte schließlich sein Ohr an den geschlossenen Fensterladen. Die erregten Stimmen der versammelten Männer waren deutlich zu vernehmen.
Sie sprachen einige Sätze, vor allem die mit den Fachwörtern, in Englisch, andere wieder nur in Gälisch, was er nicht verstand. Auch, wenn Cathleen mit Geschirr klapperte, hörte er nur Fetzen, doch immerhin genug für ihn, um sich ein Bild zu machen, was die Runde da Interessantes und Verbotenes diskutierte.
Unerhört, aber anscheinend wollten diese Kerle einen eigenen Staat ins Leben rufen!
Der Student aus dem fernen Paris wurde so Zeuge des gälischen Komplotts am Rande des Atlantischen Ozeans. Normalerweise hätte er sich nicht viel dabei gedacht, auch kaum Interesse gehabt. Was gingen ihn schon die dummen Träume von ein paar stupiden Inselaffen an? Aber unter den jetzt herrschenden Umständen war er an allem interessiert, was mit Paddy O’Donohogue zusammenhing. Und der spielte bei der Verschwörung anscheinend eine wichtige Rolle, war vielleicht sogar eine Schlüsselfigur. Hier bot sich, so erkannte er sofort mit diebischer Schadenfreude, in der Tat und ganz überraschend ein sibyllinischer
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