Gespenst zu vermieten: Romantic Thriller (German Edition)
weiter Ferne kommend, und sie richteten sich auf die Frau, als könnte er nicht glauben, was er da sah.
„Michaela?“
Sie rührte sich nicht, blieb verlegen stehen. „Ich bin hergekommen, Sie um Entschuldigung zu bitten. Ich glaube, ich war heute Morgen so eklig zu Ihnen, dass ich mich selbst nicht mehr ausstehen kann.“
Er wollte antworten, doch sie hielt ihn mit einer Handbewegung davon ab. „Nein, bitte nicht, nichts sagen. Ich weiß wirklich nicht, was heute früh in mich gefahren ist. Das war selbst für meine Verhältnisse mehr als unverschämt, und ich will Ihnen ganz einfach sagen, dass es mir leid tut. Ich habe Sie nicht so verärgern wollen, und ich habe Sie eigentlich auch gar nicht abweisen wollen.“
Es fiel der stolzen jungen Frau sichtlich nicht leicht, diese Worte von sich zu geben, denn Michaela war bisher selten in der peinlichen Lage gewesen, sich entschuldigen zu müssen. Sie suchte nach weiteren Worten, aber dieses Mal war es Thorsten, der abwinkte.
Für einen winzigen Augenblick war er sogar versucht gewesen, sie jetzt seinerseits abzuweisen, aber das hätte er sich vermutlich nie verziehen. Er hatte sich praktisch auf den ersten Blick in diese Frau verliebt, und er würde um sie kämpfen, auch wenn ihm das selbst noch gar nicht klar war. Dass sie jetzt zu ihm kam und so ihren Stolz überwand, beeindruckte ihn tief.
„Es ist sehr nett von Ihnen, dass Sie den Weg gefunden haben, mir das zu sagen.“ Das klang zuerst so kalt und nüchtern, dass Michaela schon ganz mutlos wurde. Hatte sie sich jetzt selbst überwunden, nur um dann feststellen zu müssen, dass es zu spät war?
Ihre Gefühle spiegelten sich offen im Gesicht wider, aber jetzt sprang Thorsten auf, wobei einige Papiere und sein Diktiergerät zu Boden fielen. Er ließ alles liegen, trat näher an Michaela heran und legte ihr sanft die Hände auf die Schultern.
„Sie haben mich überrascht, wirklich, Michaela, Sie haben mich zutiefst überrascht. Ich hätte kaum erwartet, Sie in so freundschaftlicher Weise wiederzutreffen. Aber Sie können sich nicht vorstellen, wie schön ich das finde.“
Jetzt strahlten seine Augen sie an, sein Mund lächelte, und Michaela fühlte plötzlich das verrückte Verlangen, sich in seine Arme zu werfen und seinen Mund zu küssen.
War dieser Wunsch in ihrem Gesicht abzusehen oder gar in ihren Augen zu lesen? Thorsten musterte sie einen Moment lang, dann wurde sein Lächeln inniger, und er zog sie enger an sich. Michaela wehrte sich nicht, irgendwie fühlte sie sich sicher und geborgen. Und es war plötzlich selbstverständlich, dass sie die Nähe dieses Mannes genoss. Er beugte sich ein wenig vor, seine Lippen waren warm und fest, und Michaela fand nichts dabei, den Kuss hungrig zu erwidern.
*
Es war doch einfach total verrückt. Was tat sie überhaupt hier?, fragte sich Claire nicht zum ersten Mal.
Die große Uhr unten in der Halle hatte längst Mitternacht geschlagen, und sie stand hier verborgen in einer Nische und sollte gleich eine Taste auf einer kleinen Fernsteuerung betätigen. Gerti hatte nur geheimnisvoll gelächelt, als Claire wissen wollte, was sie damit auslöste.
„Lass dich überraschen. Du sollst selbst sehen, wie gut die Effekte sind, dann wird es dir sicher leichter fallen, deine Bedenken zu überwinden.“
Alle Proteste hatten nichts genutzt.
Claire spähte in das Dunkel des Flures. Das kleine Nachtlicht, das in Höhe der Füße einen kleinen Ausschnitt am Boden beleuchtete, spendete nicht genug Licht, um sich wirklich zu orientieren. Und sie sollte das erste Tonband abwarten, hatten die Kinder ihr eingeschärft. Sie würde schon hören, was dann geschah.
Das alles gefiel ihr nicht, und ganz sicher würde sie sich nicht noch einmal auf eine solch verrückte Sache einlassen. Eigentlich hatte sie schon gar keine Lust mehr, und sie war versucht jetzt einfach davonzugehen und sich selbst ins Bett zu legen.
Im gleichen Augenblick spitzte Claire die Ohren. Was war das?
Schritte näherten sich, aber niemand war zu sehen. Und doch schien der Boden bei jedem Fußtritt zu erbeben. Ein Stöhnen klang auf, und dann rasselten Ketten. Also wirklich, das klang ja gar nicht einmal schlecht, und ein anerkennendes Lächeln huschte über ihre Züge. Dies musste jetzt also der Zeitpunkt sein, da sie auf den Knopf drücken sollte. Mal sehen, was dann passierte.
Claire stand plötzlich wie angewurzelt da. Sie merkte nicht einmal, dass aus zwei Zimmern Gäste auf den Flur
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