Gespenst zu vermieten: Romantic Thriller (German Edition)
ihr plötzlich gar nicht mehr seltsam vorkam, mit einer nicht existenten Stimme zu sprechen. „Und außerdem, wer sind Sie, dass Sie darüber Bescheid wissen wollen? Ist das hier wieder einer der Scherze meiner Kinder? Dann kommt mal ganz schnell heraus, ihr Strolche.“
Mutig ging Claire in die andere Richtung, wo sich ein direkter Durchgang zum Kinderschlafzimmer befand. Sie stieß sich den Fuß an einer Kommode und schimpfte lautlos vor sich hin, dann drückte sie hier die Klinke nieder und tastete nach dem Lichtschalter. Wieder ohne Erfolg. Aber sie hörte das ruhige Atmen der beiden. Nein, die Kinder konnten diesen schlechten Scherz nicht aufgebaut haben, sie schliefen tief und fest.
Claire verschloss die Tür wieder, aber jetzt klang eindeutig Angst aus ihrer Stimme.
„Nun sagen Sie schon endlich, was Sie von mir wollen“, fauchte sie in die Dunkelheit.
„Ich will dich nur daran erinnern, dass du deine Entscheidung noch einmal überdenken solltest“, kam die leicht amüsierte Antwort. „Ich bin Elisabeth von Haldershagen, und ich war damals unfähig, der Stimme meines Herzens zu folgen, wie du dich vielleicht erinnern kannst. Es hat mich für mein kurzes Leben unglücklich gemacht. Begehe nicht den gleichen Fehler, Claire-Marie. Denke darüber nach.“
Elisabeth von Haldershagen? Himmel, das war doch mindestens einhundertfünfzig Jahre her. Was sollte das?
„Das ist doch Blödsinn!“, rief Claire jetzt aus. „Es gibt keine Geister, und ich glaube auch nicht an irgendwelchen Spuk!“
Wieder tönte das leise Lachen auf. „Du musst lernen, zu glauben und zu vertrauen.“
Dann herrschte Stille. Die junge Frau rief noch einmal nach der Stimme, aber keine Antwort erklang.
Claire spürte, dass ihr ganz und gar nicht wohl zumute war, sie zitterte am ganzen Körper, und das kam sicher nicht von der nächtlichen Kühle im Schlafzimmer.
Noch einmal tastete sie nach dem Lichtschalter, und übergangslos flammte das Licht auf, tauchte das Zimmer in Helligkeit und ließ sie an ihrem Verstand zweifeln. Wurde sie jetzt langsam verrückt, oder war sie einfach nur überarbeitet? Energisch griff sie nach der Türklinke, und die Tür öffnete sich lautlos zum Flur hinaus. Sie schüttelte den Kopf. War das jetzt vielleicht ein Alptraum? Aber dafür war sie eigentlich viel zu wach.
Fröstelnd stieg Claire wieder ins Bett und versuchte einzuschlafen, doch so schnell wollte der Schlaf jetzt nicht kommen. Ihre Gedanken kreisten um die lange verstorbene Elisabeth – und um Winfried, der hoffentlich ein so schlechtes Gewissen hatte, dass er ebenfalls schlaflose Nächte verbrachte.
Irgendwann knuffte Claire energisch ihr Kopfkissen zusammen, entspannte sich ganz bewusst, und dann fielen ihr doch noch die Augen zu.
In ihrem Zimmer hockten Ann-Kathrin und Gabriel in einem Bett zusammen und versuchten krampfhaft ihr Kichern zu unterdrücken. Die beiden schliefen natürlich nicht, und es war toll, dass die Technik so wunderbar funktionierte. Über einen Kopfhörer hatten sie den Zwischenfall verfolgt und sich darüber gefreut. Nur die Tür hatten sie lautlos von außen abschließen müssen, was ihrer Mutter zum Glück nicht aufgefallen war.
*
„Sag mal, Gerti, was weißt du eigentlich über Elisabeth von Haldershagen?“, erkundigte sich Claire am Morgen beim Frühstück.
„Wer? – Ach, du meinst die junge Frau, die sich vor mehr als hundert Jahren aus dem Fenster gestürzt hat? Wie kommst du denn ausgerechnet auf die?“, fragte die alte Perle, obwohl sie natürlich sehr genau wusste, um wen es ging.
„Ach, nur so, ich bin da irgendwo in uralten Unterlagen drauf gestoßen“, flunkerte Claire.
„Du meine Güte, die ist doch nun wirklich langweilig, da gibt es in der Familiengeschichte aber wirklich interessantere Leute“, behauptete Gerti. „Wenn ich da an den jungen schmucken Adalbert denke, der als Offizier des Kaisers ...“
„Danke, ist schon gut, so genau wollte ich mich nicht mit der Familiengeschichte beschäftigen“, widersprach Claire etwas nervös.
„Ausgerechnet Elisabeth.“ Gerti schüttelte den Kopf. „Wenn ich mich recht erinnere, dann war sie hoffnungslos verliebt in einen dieser Grafen von – ach, wie hieß er doch gleich? –ja, genau, Graf Engelbert von Berghofen. Aber weil sie meinte, sein Lebenswandel wäre nicht redlich genug, verschmähte sie ihn und ging aufgrund ihrer unglücklichen Liebe lieber in den Tod. Den Überlieferungen nach hat sie ihn wirklich geliebt, aber
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