Gespräche mit Gott - Band 3
erwies.
Egal, was die große Mutter ausprobierte, das Kind wollte sich nicht zum Guten entwickeln. Schließlich kämpfte es sogar mit der großen Mutter um den Thron.
Das war selbst für eine liebende und verzeihende Mutter zuviel.
Der Junge wurde für alle Zeiten verbannt – tauchte aber immer wieder in cleveren Verkleidungen und Kostümen auf und gab sich sogar manchmal als die große Mutter persönlich aus.
Dieser Mythos bildete die Grundlage für die Frage der Männer: »Wie wissen wir, ob die Göttin, die wir anbeten, überhaupt eine Göttin ist? Es könnte das böse Kind sein, das nun erwachsen ist und uns alle zum Narren halten will.«
Mit diesem Kunstgriff brachten sie andere Männer dazu, sich zunächst Sorgen zu machen und dann wütend zu werden, weil die Frauen ihre Sorgen nicht ernst nahmen, und schließlich zu rebellieren.
So wurde das Wesen, das ihr jetzt Satan nennt, erschaffen. Es war nicht schwierig, einen Mythos vom »bösen Kind« zu kreieren, und auch nicht schwer, sogar die Frauen des Klans von der möglichen Existenz einer solchen Kreatur zu überzeugen. Daß alle glaubten, dieses böse Kind sei männlich, war nur konsequent: Waren Männer denn nicht das geringere, das untergeordnete Geschlecht?
Und damit wurde ein mythologisches Problem aufgeworfen.
Wer, wenn das böse Kind männlich war, war da, um es zu überwältigen? Sicher nicht eine Gottheit weiblichen Geschlechts.
Denn, so sagten die Männer schlau, wenn es um Weisheit und Einsicht, um Klarheit und Mitgefühl, ums Planen und Denken ging, zweifelte niemand an der weiblichen Überlegenheit.
Doch war, wenn brutale Stärke gefragt war, nicht ein Mann vonnöten?
In der Göttinmythologie waren Männer vormals nur »Prinzgemahle« – Begleiter der Frauen, die als Diener agierten und die Herrlichkeit der Göttin lustvoll feierten.
Doch nun wurde ein Mann gebraucht, der mehr vermochte; ein Mann, der die Göttin auch beschützen und den Feind besiegen konnte. Dieser Wandel ereignete sich nicht über Nacht, sondern im Laufe vieler, vieler Jahre. Allmählich, ganz allmählich, begannen die Gesellschaften in ihren spirituellen Mythologien den männlichen Begleiter auch als den männlichen Beschützer anzusehen. Denn jetzt, wo es jemanden gab, vor dem die Göttin beschützt werden mußte, wurde ein solcher Beschützer eindeutig gebraucht.
Vom Mann als Beschützer zum Mann als gleichrangigem Partner, der nun an der Seite der Göttin stand, war es kein großer Sprung. So wurde der männliche Gott erschaffen, und eine Zeitlang herrschten in der Mythologie Götter und Göttinnen gemeinsam.
Dann wurden, wiederum ganz allmählich, den Göttern größere Rollen zugewiesen. Das Bedürfnis nach Schutz, nach Stärke, begann das Bedürfnis nach Weisheit und Liebe zu ersetzen. Es wurde eine neue Art von Liebe in diesen Mythologien geboren. Eine Liebe, die mit brutaler Gewalt beschützt.
Und auch eine Liebe, die begehrt, was sie beschützt; die auf ihre Göttinnen eifersüchtig war; die nicht nur deren weiblichen Lüsten diente, sondern auch für sie kämpfte und starb.
Es tauchten allmählich Mythen von Göttern mit enormer Macht auf, von Göttern, die um und für Göttinnen von unaussprechlicher Schönheit kämpften. Und so wurde der eifersüchtige Gott geboren.
Das ist faszinierend.
W ARTE. WIR KOMMEN zum Ende, aber da ist noch ein bißchen mehr.
Es dauerte nicht lange, bis sich die Eifersucht der Götter nicht nur auf die Göttinnen, sondern auch auf alle anderen Bereiche der Schöpfung erstreckte. Wir sollten nur Ihn und keinen anderen Gott lieben, so forderten diese eifersüchtigen Götter – sonst …! Da die Spezies der Männer die meiste Macht hatte und die Götter die machtvollsten Männer waren, schien man dieser neuen Mythologie nur wenig entgegensetzen zu können. Es tauchten Geschichten über jene auf, die es versuchten und scheiterten. Der Gott des Zorns war geboren.
Bald war die ganze Vorstellung von der Gottheit zerrüttet.
Statt die Quelle aller Liebe zu sein, wurde sie nun zur Quelle aller Angst.
Die weitgehend weibliche Modellvorstellung von Liebe – die unendlich tolerante Liebe einer Mutter für ihr Kind, und ja, auch die einer Frau für ihren nicht allzu intelligenten, aber letztlich doch auch nützlichen Mann, wurde durch die eifersüchtige, zornige Liebe eines fordernden, intoleranten Gottes ersetzt, der keine Einmischung duldete, keine Unbekümmertheit gestattete, keine Beleidigung ignorierte.
Das Lächeln der
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