Gestaendnis im Orchideengarten
verwandt. Er arbeitet als Berater für sie“, antwortete er und zuckte die Schultern. „Also dann, bis Freitag.“
Einen Moment später stand Sara draußen im Flur und hatte das Gefühl, jeden Halt zu verlieren.
Leo Grainger, der sie in ihrem Schlafzimmer ausgezogen, ihre alte Unterwäsche im Bad gesehen und ihre Handtücher fein säuberlich aufgehängt hatte, war der Wirtschaftsberater der Besitzer von Kingsmede Manor.
Schlimmer noch. Er war mit den Rizzis verwandt, denen sie ihr Haus verkaufen mussten.
Deshalb hatte er auch kein Blind Date mit ihr gewollt.
Andererseits hatte er sie dem Veranstaltungsmanager weiterempfohlen.
Was ging hier vor? Hatte er Mitleid mit ihr?
Ihre Finger umklammerten die Aktentasche mit dem Ordner, den Tony Evans ihr eben überreicht hatte. Sie stöhnte.
Sie wusste nicht, ob sie Leo für diesen Auftrag küssen oder in den Hintern treten wollte, weil sie sich als Frau so wertlos und blamiert gefühlt hatte gestern.
Sie schloss die Augen und holte tief Luft.
Im Grunde sollte sie ihm dankbar sein, dass er sie weiterempfohlen hatte, das war nett von ihm.
Dennoch fühlte sie eine große Enttäuschung.
Die Situation war aberwitzig. Eigentlich hatte sie sich gefreut, dass ihre Arbeit endlich wertgeschätzt wurde. Und plötzlich stellte sich heraus, dass die Entscheidung des Veranstaltungsmanagers gesteuert war von mächtigen Leuten, deren Empfehlungen bindend waren.
Doch sie hatte keine Wahl. Sie musste diese großartige Gelegenheit beim Schopfe packen.
Seufzend ging sie zurück in die Lobby. Helen und Caspar wollten zum Mittagessen wieder in London sein, um Caspars Eltern zu treffen. Sie musste ihnen nur noch schnell Leos Ring mitgeben, den sie heute früh im Badezimmer gefunden hatte. Dann konnten sie gemeinsam über das seltsame Blind Date gestern Abend lachen – und die Sache wäre vergessen.
Vielleicht tat ihm sein dummer Kommentar auf der Terrasse auch schon leid? Helen hatte ihn heute Morgen sicher schon über sein Blind Date ausgefragt. Spätestens dann hatte er erfahren, wer sie war.
An der Treppe, die hinauf zu den Gästezimmern führte, hielt sie plötzlich inne und überlegte.
Nein, sie würde ihm seinen Ring nicht zurückgeben. Wenn der große Wirtschaftsberater Leo Grainger ihn wiederhaben wollte, dann musste er zu ihr kommen. So konnte sie sich persönlich bei ihm für die Empfehlung bedanken und alles aufklären.
Vielleicht würde es ein bisschen peinlich werden, aber danach war die Sache bereinigt. Ganz gleich aus welchem Grund Leo ihr geholfen hatte.
In der Zwischenzeit musste sie sich um dieses Gerücht kümmern, dass sie den Standort wechseln wollte. Das schreckte die Kunden nur ab, sie konnte sich das nicht leisten. Was für eine absurde Vorstellung!
Dort, wo ihre Gewächshäuser standen, war früher der Küchengarten des Herrenhauses gewesen. Ihre Großmutter hatte das Land vor Jahren an einen Bauern verkaufen müssen, um Dachreparaturen zu finanzieren, hatte damals aber zur Bedingung gemacht, dass die Orchideenhäuser und das Gärtnerhaus dort stehen bleiben durften.
Hatte der Bauer das Land nun ans Hotel verkauft? Das konnte doch nicht sein.
4. KAPITEL
Leo winkte Caspar und Helen nach, als sie vom Hotel in Richtung London aufbrachen. Er fühlte sich so niedergeschlagen wie ein Junge, der von seinen Eltern in einem Internat zurückgelassen wurde, allein in einem fremden Land, dessen Sitten und Bräuche er nicht kannte, während sie einfach davonfuhren.
Eigentlich war es lächerlich, doch es dauerte einen Moment, bevor es das ungute Gefühl abschütteln konnte. Dann straffte er die Schultern und ging zurück auf die Terrasse.
Seine Tante war der Ansicht, Kingsmede Manor sei etwas ganz Besonderes, und er vertraute ihrem Urteil. Sie hatte Stil, Geschmack und ein gutes Auge für Details. Das Potenzial einer Immobilie erkannte sie sofort, dieses Gespür hatte sie während eines langen Arbeitslebens in der internationalen Hotelbranche entwickelt.
Er hielt kurz inne, um das von der Sonne beschienene, imposante Landgut zu bewundern. Gestern Abend war das eindrucksvolle Gebäude eher in den Hintergrund getreten, alle Blicke hatten sich auf die bunten Lichter in den Bäumen und die hell erleuchteten Fenster gerichtet. Doch nun erstrahlte es in all seiner Pracht und Einzigartigkeit.
Seine Mutter war in einem ähnlich eindrucksvollen Haus in Italien aufgewachsen, als Junge hatte er Fotos davon gesehen. Der Großvater hatte den Palazzo erbauen lassen,
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