Gestaendnis im Orchideengarten
im Bad um, in Erwartung weiterer seltsamer Überraschungen.
Ihr Bademantel hing ordentlich an der Badezimmertür und lag nicht neben der Wanne, wo sie ihn in der Eile gestern Abend vor der Party achtlos hingeworfen hatte. Ihr flauschiges Handtuch hing akkurat mit der lavendelfarbenen Bordüre parallel zum Boden am Halter.
Das sah hübsch aus. Allerdings war es überhaupt nicht ihre Art. Normalerweise hingen ihre Handtücher immer überall, nur nicht am für sie vorgesehenen Halter.
Das bedeutete, jemand Fremdes hatte ihr Handtuch benutzt und ihren Morgenmantel aufgehängt. Und es war bestimmt nicht Helen gewesen, die sich längst an ihre Unordentlichkeit gewöhnt hatte.
Das Einzige, was noch genau so war wie am Abend zuvor, war ihr Wäscheständer, auf dem ihre verwaschenen Spitzen-BHs und seidenen Unterhöschen mit den ausgefransten Rändern vor sich hintrockneten.
Erst dann sah sie, was ihr die ganze Zeit eigentlich schon hätte auffallen können.
Der Klodeckel war hochgeklappt.
Eine Sekunde später schnellte Pasha vor Schreck hoch und versteckte sich rasch unterm Bett wegen des markerschütternden Schreis, den sein Frauchen ausstieß.
„Leo, du Blödmann! Denk nach. Wann hast du ihn das letzte Mal getragen?“
Leo stöhnte leise und rieb sich mit dem Zeigefinger an der Nase. Es gab nur ganz wenige Menschen, die ihn Blödmann nennen durften. Caspar war einer von ihnen, und möglicherweise hatte er sogar recht.
„Ich hab ihn noch gehabt, als ich die weißen Handschuhe für die Party angezogen habe. Später beim Händewaschen hab ich ihn kurz im Bad abgelegt. Danach? Keine Ahnung.“
„Wieso abgelegt? Wer legt denn beim Händewaschen seinen Ring ab?“
„Ich. Du weißt, es ist ein Erbstück meines Vaters. Ich hab sonst wenig von ihm. Deshalb passe ich ganz besonders darauf auf, alles klar?“
„Alles klar.“ Beschwichtigend hob Caspar beide Hände. „Und nach der Party? Du warst doch mit Sara Fenchurch die ganze Zeit auf der Terrasse, vielleicht hast du ihn draußen … Wie? Hey, was hab ich denn gesagt?“
Leo hatte seinen Kopf auf die Tischplatte sinken lassen, ihn mehrmals auf die Frühstücksserviette gehauen, dann gestöhnt und sich mit geschlossenen Augen wieder zurück in den Stuhl fallen lassen. Wie gut, dass sie sich nicht im Speisesaal, sondern auf Leos Zimmer zum Frühstück getroffen hatten.
„Sara Fenchurch? Wie in ‚mein Blind Date Sara Fenchurch‘? War das die Frau in Schwarz gestern Abend?“
Caspar wedelte mit seinem Buttertoast in der Luft. „Na klar. Ich hab euch zusammen am Buffet stehen sehen und später auf der Terrasse …“ Es dämmerte ihm langsam, und er stieß einen tiefen Seufzer aus. „Das hast du gar nicht gewusst?“
Leo schüttelte sehr langsam den Kopf.
„Hat euch Helen denn nicht vorgestellt?“ Dann hellte sich Caspars Miene auf, er lehnte sich hinüber zu Leo und legte ihm die Hand auf den Arm. „Aber du siehst, meine Liebste weiß genau, was sie tut. Ich hab dir ja gesagt, dass Sara eine tolle Frau ist. Helen wird sich freuen. Die beiden sind dicke Freundinnen, anscheinend hat Sara es in letzter Zeit nicht leicht gehabt, doch jetzt habt ihr euch ja gefunden, das ist schön … Was denn? Was ist?“
Leo sah ihn mit kühlem Blick an. „Meinst du, Sara wusste, wer ich bin?“
Caspar zuckte mit den Schultern. „Wahrscheinlich nicht, sonst hätte sie wohl nicht mit dir gesprochen. Sie war von Helens Blind-Date-Idee genauso wenig beeindruckt wie du. Warum fragst du? Was macht das für einen Unterschied?“
„Vielleicht einen großen. Es ist schon erstaunlich, was ein Kaplinski-Cocktail, ein bisschen Mondschein und eine schwere Prise Nostalgie mit einem anstellen können. Sie war mit einem Mal total verstimmt, und ich habe sie dann früh nach Hause begleitet.“
Beide schwiegen erst, dann fragte Caspar leise: „Nur nach Hause begleitet?“
Leo nickte ernst.
Caspar sah zur Zimmertür, bevor er sich erkundigte: „Sollte ich noch etwas wissen, bevor Helen kommt? Die beiden Frauen haben keine Geheimnisse voreinander. Ich betone: keine.“ Er blinzelte nervös.
„Ich habe sie ins Haus begleitet, war noch kurz auf der Toilette und bin dann wieder gegangen“, sagte Leo. „Als ich aus dem Bad kam, war sie schon eingeschlafen.“
Caspar seufzte erleichtert und rieb sich die Hände. „Fein, das klingt doch simpel! Du rufst bei Sara an und fragst, ob sie deinen Ring im Badezimmer gefunden hat. Warum schüttelst du den Kopf? Du weißt ja, wo sie
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