Gestaendnis unter suedlicher Sonne
aus der Hosentasche. Nachdem er kurz telefoniert hatte, folgte er Jenny und gesellte sich erneut an ihre Seite.
âWie viel schulden Sie ihm?â
Verblüfft wandte sie den Kopf. âWie bitte?â
âSie haben mich sehr wohl verstanden. Also?â
âIch glaube nicht, dass es Sie etwas â¦â
â⦠angeht. Das hat Ihr Boss mir bereits erzählt. Doch als Ihr zukünftiger Arbeitgeber kann ich es zu meiner Angelegenheit machen.â
âSie sind nicht mein zukünftiger Arbeitgeber.â
âVerraten Sie es mir einfach, Jennyâ, sagte er so warmherzig, dass sie ihm die Summe zu ihrer eigenen Ãberraschung nannte.
âDas ist nicht so vielâ, meinte er, nachdem er einen Moment nachdenklich geschwiegen hatte.
âFür Sie vielleicht nicht, aber für mich schon ⦠Meine beste Freundin bürgt mit ihrer Wohnung für den Kredit. Wenn ich nicht zahle, verliert sie ihr Zuhause.â
âSie könnten einen anderen Job annehmen. Sie müssen nicht bei diesem Mistkerl bleiben. Warum beantragen Sie kein Darlehen bei der Bank?â
âIhnen ist wohl nicht klar, wie pleite ich bin.â Warum reagierte sie so gereizt auf ihn? âEntschuldigung. Sie sind nett, und ich sollte meinen Ãrger nicht an Ihnen auslassen. Ich bin ziemlich müde und aufgebracht und stecke in finanziellen Schwierigkeiten. Ich kann es mir nicht einmal leisten, eine Woche nicht zu arbeiten und mich stattdessen nach einem Job umzusehen. Keine Bank wird mir einen Kredit gewähren. Das Gleiche gilt für meine Freundin. Sie ist Künstlerin und lebt von der Hand in den Mund. Deshalb arbeite ich bei Charlie und kann nicht alles stehen und liegen lassen, um mit Ihnen nach Europa zu segeln. Wenn Sie wüssten, wie gern ich es machen würde â¦â
âSie wollen gern mitkommen?â Durchdringend blickte er sie an, als würde er versuchen, schlau aus ihr zu werden. âWie gut verstehen Sie sich aufs Segeln?â
Welch seltsame Frage. Doch sie zu beantworten war besser, als über ihre Schulden zu reden. âIch bin quasi auf dem Wasser aufgewachsen. Mein Dad hat eine Jacht gebaut, mit der wir bis zu seinem Tod viel unterwegs waren. In seinen letzten Jahren haben wir an Bord gewohnt. Ich fühle mich auf See wohler als an Land.â
âTrotzdem sind Sie Köchin.â
âWenn man viel Zeit in einer kleinen Kombüse verbringt, weckt das die Sehnsucht nach richtigem Kochen. Da meine Mutter früh gestorben ist, konnte sie es mir nicht zeigen. Ich wollte es unbedingt lernen. Mit siebzehn habe ich eine Lehre gemacht. Ich musste meinen Dad zwingen, während meiner Schichten mit dem Boot im Hafen zu bleiben.â
âWas war es für ein Schiff?â
âEine sieben Meter fünfzig lange Flamingo. Sie war nichts Besonderes, aber wir waren stolz auf sie.â
âSie wurde inzwischen zwecks Schuldentilgung verkauft?â
Unsanft landete Jenny wieder in der Wirklichkeit. âJa, und bevor Sie fragen ⦠Ich bin spielsüchtig.â
âWarum glaube ich Ihnen das nicht?â
âWarum glauben Sie mir überhaupt etwas?â Tief atmete sie ein. âEigentlich ist das Gespräch sinnlos. Ich bin geschafft und will nach Hause. Vergessen wir die Unterhaltung einfach. Es war verrückt von mir, Ihnen meine Probleme zu erzählen, und ich erwarte bestimmt nicht, dass Sie etwas unternehmen. Aber danke, dass ich darüber reden konnte.â Aus irgendeinem Grund fiel es ihr schwer, sich zu verabschieden. âGoodbye, Mr. Cavellero. Vielen Dank, dass Sie mich für den Job in Betracht gezogen haben. Und wissen Sie was ⦠Hätte ich keine Schulden, wäre ich echt versucht, bei Ihnen anzuheuern.â Langsam ging sie davon.
âJenny?â
Etwas schwang in seiner Stimme mit, das sie stehen bleiben und sich umdrehen lieÃ. âJa?â
âIch werde Ihre Schulden bezahlen.â
Sie rührte sich nicht von der Stelle. Fieberhaft überlegte sie, was sie sagen sollte, und spürte, wie sie errötete.
âEs ist keine Wohltätigkeitâ, erklärte Ramón schnell. âEs handelt sich vielmehr um ein Angebot.â
âWovon sprechen Sie?â
âIch hatte noch keine Zeit, die Einzelheiten zu durchdenken. Im Wesentlichen geht es darum, dass ich Ihren Boss auszahle, wenn Sie sich verpflichten, ein Jahr für mich zu arbeiten. Sie werden quasi zwei Hilfskräfte
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