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Geständnis

Titel: Geständnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: bernd
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Innere nicht nehmen lassen.
Dicht aneinandergedrängt, starrten sie auf die orangefarbene
Werkzeugkiste und das Zahlenschloss.
    „ Wie lautet die Kombination, Boyette?“, fragte
Robbie.
    Der lächelte, als sollte ihm endlich Genugtuung widerfahren.
Er ließ sich an den Rand des Grabes sinken, berührte die Kiste, als
wäre sie ein Altar, nahm dann vorsichtig das Schloss und schüttelte
den Schmutz ab. Er drehte das Zifferblatt einige Male, um die
Schließanlage zu lösen, stellte es langsam nach rechts auf die
Siebzehn, nach links auf die Fünfzig, wieder nach rechts auf die
Vier und schließlich zurück nach links auf die Fünfundfünfzig. Er
zögerte und senkte den Kopf, wie um zu lauschen, dann zog er
abrupt. Mit einem leisen Klicken sprang das Schloss auf.
    Robbie filmte aus anderthalb Metern Entfernung. Keith war
durchaus bewusst, wo er war und was er tat, aber er konnte ein
Grinsen dennoch nicht unterdrücken.
    „ Nicht aufmachen“, sagte Robbie. Pryor lief zum Pick-up und kam
mit einem Paket zurück. Er verteilte Einweghandschuhe und
Gesichtsmasken, und als alle sie angelegt hatten, reichte Robbie
ihm die Kamera und bat ihn zu filmen. Er wies Aaron an, in das Grab
zu steigen und den Deckel langsam zu öffnen. Der tat, wie ihm
geheißen. Es gab keine Leiche, nur Knochen, die skelettierten
Überreste eines Menschen, vermutlich Nicoles. Sie hatte die Hände
unterhalb der Rippen verschränkt, aber ihre Beine waren
angewinkelt, als hätte Boyette sie zusammenfalten müssen, damit sie
in die Werkzeugkiste passte. Ihr Schädel war intakt, es fehlte nur
ein Backenzahn. Nicoles Zähne waren makellos gewesen, das wussten
sie von den Fotos. In der Umgebung des Schädels befanden sich
Strähnen langer blonder Haare. Zwischen Schädel und Schulter war
ein schwarzer Lederstreifen zu erkennen, vermutlich der Gürtel.
Neben dem Schädel, in einer Ecke der Kiste, lag offenbar
Kleidung.
    Keith schloss die Augen und sprach ein Gebet.
    Robbie schloss die Augen und verfluchte die Welt.
    Boyette trat zurück, setzte sich auf den Rand des
Traktorreifens im Unkraut und fing an, sich den Kopf zu
reiben.
    Fred filmte, wie Aaron auf Robbies Anweisung vorsichtig die
Kleiderrolle herausnahm. Die Kleidungsstücke waren intakt,
allerdings an den Rändern etwas ausgefranst und an einigen Stellen
fleckig. Eine Bluse, gelb und blau mit irgendwelchen Fransen und
einem großen hässlichen Loch, das entweder von Insekten oder
verrottendem Fleisch verursacht war. Ein kurzer weißer Rock mit
üblen Flecken. Braune Sandalen. Aufeinander abgestimmter BH und
Slip in Dunkelblau. Und zwei Plastikkarten: der Führerschein und
eine MasterCard. Nicoles Habseligkeiten wurden ordentlich neben ihr
Grab gelegt.
    Boyette ging zum Pick-up zurück, wo er sich auf den Vordersitz
setzte und sich den Kopf massierte. Zehn Minuten lang erteilte
Robbie Anweisungen und machte Pläne. Es wurden Dutzende Fotos
geschossen, aber nichts wurde angerührt. Dies war nun ein
Leichenfundort, für den die örtlichen Behörden zuständig
waren.
    Aaron und der Mann vom Sicherheitsdienst blieben zurück,
während die anderen den Rückweg von Roop's Mountain
antraten.
     

Chapter
31
     
    Gegen zehn Uhr war der Parkplatz des Bestattungsinstituts Lamb
& Son rappelvoll, und zu beiden Seiten der Straße parkten
Autos. Trauergäste in Sonntagskleidung bildeten eine Schlange, die
von der Eingangstür in Dreier- und Viererreihen über den kleinen
Rasen bis auf die Straße und um die Ecke reichte. Sie waren traurig
und wütend, müde und besorgt und wussten nicht recht, wie ihnen und
ihrer verschlafenen Stadt geschah. Erst kurz vor Sonnenaufgang
waren Sirenen, Feuerwerk, Schüsse und drängende Rufe auf den
Straßen verstummt, sodass ihnen nur wenige Stunden Ruhe blieben.
Aber niemand rechnete für Freitag oder über das Wochenende mit
einer Normalisierung der Lage.
    Sie hatten die unheimlichen Züge von Travis Boyette im
Fernsehen gesehen und sein widerliches Geständnis gehört. Sie
glaubten ihm, weil sie Donte immer geglaubt hatten. Aber damit war
die Geschichte noch lange nicht zu Ende erzählt, und wenn Boyette
das Mädchen tatsächlich getötet hatte, würde jemand einen hohen
Preis dafür zahlen müssen.
    In Slone gab es acht schwarze Polizisten, und alle acht hatten
sich freiwillig für den Einsatz gemeldet. Obwohl die meisten kaum
geschlafen hatten, waren sie entschlossen, Donte die letzte Ehre zu
erweisen. Sie sicherten die Straße vor dem Bestattungsinstitut,
regelten den

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