Geständnis
Drohung,
Kerber nach Art der Vigilanten bis zu seinem Tod mit Klagen zu
überziehen, die so gut wie sichere Aussicht auf künftige
Arbeitslosigkeit, Anwaltskosten und Verurteilungen. Kerber breitete
den ganzen Schlamassel vor seiner armen Frau aus, aber er sagte ihr
nicht die ganze Wahrheit. Detective Kerber hatte bislang nicht
zugegeben, Donte so lange unter Druck gesetzt zu haben, bis der
Junge gestand, und er würde es auch nie zugeben.
Als Chief Detective mit sechzehn Jahren Berufserfahrung
verdiente er sechsundfünfzigtausend Dollar im Jahr. Er hatte drei
Teenager und ein neunjähriges Kind, eine Hypothek, zwei
Autokredite, einen Pensionsplan mit etwa zehntausend Dollar sowie
ein Sparkonto mit achthundert Dollar. Wenn er gefeuert wurde oder
aus dem Dienst ausschied, hatte er vielleicht Anspruch auf eine
kleine Rente, aber finanziell überleben konnte er damit nicht. Und
seine Tage als Polizeibeamter wären vorbei.
„ Drew Kerber ist ein krimineller Cop, der für seine
fragwürdigen Geständnisse berüchtigt ist“, verkündete Robbie laut,
und Kerber zuckte zusammen. Er saß an seinem Schreibtisch, in einem
kleinen Büro ganz allein hinter verschlossenen Türen. Seine Frau
hatte er angewiesen, die Fernseher im Haus nicht einzuschalten, als
könnten sie die Geschichte irgendwie vor den Kindern geheim halten.
Er verfluchte Flak und hörte dann entsetzt, wie der Dreckskerl der
Welt genau erklärte, auf welche Art und Weise er, Kerber, an das
Geständnis gekommen war.
Kerbers Leben war zu Ende. Am besten nahm er sich gleich einen
Strick.
Dann wandte sich Robbie dem Verfahren zu. Er führte weitere
Personen ein: Paul Koffee und Richterin Vivian Grale. Foto, bitte.
Auf der Leinwand ließ Carlos die beiden Seite an Seite erscheinen,
als wären sie noch zusammen, und Robbie zerriss sie wegen ihrer
Affäre in der Luft. Sarkastisch erwähnte er die „brillante
Entscheidung, das Verfahren in das keine achtzig Kilometer
entfernte Paris, Texas“ zu verlegen. Er ließ keinen Zweifel daran,
dass er wie ein Löwe darum gekämpft hatte, den Geschworenen das
Geständnis vorzuenthalten, während sich Koffee ebenso engagiert
dafür eingesetzt hatte, es als Beweismaterial verwenden zu dürfen.
Richterin Grale habe sich damals auf die Seite der Anklage und
„ihres Geliebten, des ehrenwerten Paul Koffee“,
geschlagen.
Paul Koffee kochte vor Wut. Er saß mutterseelenallein in
seiner Hütte am See und sah sich die „exklusive Liveübertragung“
von Robbie Flaks Auftritt durch den örtlichen Fernsehsender an, als
sein Gesicht neben dem von Vivian erschien. Flak zog gegen die Jury
vom Leder, die so weiß war wie der Ku-Klux-Klan, weil Paul Koffee
systematisch von seinem Einspruchsrecht Gebrauch gemacht hatte, um
Schwarze zu eliminieren, und seine Freundin am Richtertisch im
wahrsten Sinne des Wortes mit ihm unter einer Decke gesteckt hatte.
„Gerechtigkeit nach texanischer Art“, klagte Robbie immer
wieder.
Schließlich ging er von den pikanteren Aspekten der Affäre
zwischen Richterin und Staatsanwalt zu dem dürftigen Beweismaterial
über und kam nun erst richtig in Fahrt. Grales Gesicht verschwand
von der Leinwand, Koffee wurde vergrößert. Keine objektiven
Beweise, keine Leiche, nur ein manipuliertes Geständnis, ein
Mithäftling, der bloß aussagte, weil ihm dafür Strafminderung
zugesagt worden war, ein Spürhund und ein verlogener Zeuge namens
Joey Gamble. Unterdessen war Travis Boyette auf freiem Fuß und
musste sich nicht die geringsten Sorgen machen, gefasst zu werden,
bestimmt nicht von diesem unfähigen Haufen.
Koffee hatte die ganze Nacht lang versucht, sich eine neue
Theorie auszudenken, die irgendwie eine Verbindung zwischen Donte
Drumm und Travis Boyette herstellte, aber seine Fantasie ließ ihn
im Stich. Er fühlte sich furchtbar. Sein Kopf dröhnte, weil er zu
viel Wodka getrunken hatte, und sein Herz raste, weil er unter dem
erdrückenden Gewicht seiner ruinierten Karriere kaum atmen konnte.
Er war am Ende, und das machte ihm mehr zu schaffen als der
Gedanke, dass er zum Tod eines unschuldigen jungen Mannes
beigetragen hatte.
Nachdem Robbie Mithäftling und Spürhund zerlegt hatte,
attackierte er Joey Gamble und dessen Falschaussage. Perfekt
getimt, rief Carlos Gambles eidesstattliche Erklärung auf, die er
am Donnerstag in Houston unterzeichnet hatte - eine Stunde vor der
Hinrichtung. Markiert waren die Sätze, in denen Joey zugab, vor
Gericht gelogen und als Erster den Verdacht auf Donte
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